2001/45/EG: Änderung der Richtlinie 89/655/EWG des Rates über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit
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RICHTLINIE 2001/45/EG
DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES
RATES vom 27.Juni2001 zur
Änderung der Richtlinie 89/655/EWG des Rates über
Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von
Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit
(zweite Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG)
Fußnoten:
(1) ABl. C 247 E vom 31.8.1999, S.23, und ABl. C 62 E vom 27.2.2001,S.113.
(2) ABl.C 138 vom 18.5.1999, S.30.
(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 21.September 2000 (ABl. C
146,17.5.2001,S.78), Gemeinsamer Standpunkt des Europäischen Parlaments vom
23.März 2001 (ABl.C 142 vom 15.5.2001,S.16)und Beschluss des Europäischen
Parlaments vom 14.Juni 2001.
(4) ABl.L 245 vom 26.8.1992,S.6.
(5) ABl.L 393 vom 30.12.1989,S.1.
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION — gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 137 Absatz 2, gestützt auf den Vorschlag der Kommission, vorgelegt nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (1), nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (2 ), nach Anhörung des Ausschusses der Regionen, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3), in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Nach Artikel 137 Absatz
2 des Vertrags kann der Rat durch
Richtlinien Mindestvorschriften erlassen, die die Verbesserung insbesondere der
Arbeitsumwelt zum Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer
bezwecken.
(2) Gemäß jenem Artikel sollen diese Richtlinien keine
verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorschreiben, die
der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen
entgegenstehen.
(3) Die Verbesserung der Sicherheit, der Arbeitshygiene und
des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz ist ein Ziel, das nicht
rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden sollte.
(4) Die Einhaltung der Mindestanforderungen, mit denen ein
besserer Gesundheitsschutz und eine bessere Arbeitssicherheit bei der Benutzung
von Arbeitsmitteln, die für zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen
Arbeitsplätzen bereitgestellt werden, sichergestellt werden sollen, ist für
den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Arbeitnehmer von entscheidender
Bedeutung.
(5) Die aufgrund des Artikels 137 Absatz
2 erlassenen
Bestimmungen hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Maßnahmen zum
Schutz der Arbeitsbedingungen beizubehalten oder zu treffen, die mit dem Vertrag
vereinbar sind.
(6) Bei der Arbeit an hoch gelegenen Arbeitsplätzen können
die Arbeitnehmer besonders großen Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit
ausgesetzt sein, insbesondere der Absturzgefahr und der Gefahr anderer schwerer
Arbeitsunfälle, die einen hohen Prozentsatz der Unfälle, insbesondere der
tödlichen Unfälle, ausmachen.
(7) Selbständige und Arbeitgeber können, wenn sie selbst
eine berufliche Tätigkeit ausüben und persönlich Arbeitsmittel verwenden, die
zur zeitweiligen Arbeit an hoch gelegenen Arbeitsplätzen bestimmt sind,
Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer gefährden.
(8) Gemäß der Richtlinie 92/57/EWG des Rates vom 24. Juni
1992 über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen
anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz
(Achte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie
89/391/EWG)(4 )sind Personen dieser Kategorien verpflichtet, unter anderem
Artikel 4und Anhang I der Richtlinie 89/655/EWG (5 )einzuhalten.
(9) Jeder Arbeitgeber, der zeitweilige Arbeiten an hoch
gelegenen Arbeitsplätzen ausführen lassen will, muss Arbeitsmittel auswählen,
die angemessenen Schutz vor Abstürzen bieten.
(10) Im Allgemeinen bieten kollektive Schutzmaßnahmen zur
Verhütung von Abstürzen einen besseren Schutz als individuelle
Schutzmaßnahmen. Die Auswahl und Benutzung der für die einzelnen
Arbeitsplätze angemessenen Arbeitsmittel zur Verhütung und Beseitigung der
Gefahren sollte gegebenenfalls mit spezieller Unterweisung und zusätzlichen
Untersuchungen einhergehen.
(11) Leitern, Gerüste und Seile sind die für die zeitweilige
Arbeit an hoch gelegenen Arbeitsplätzen in der Regel verwendeten Arbeitsmittel;
deshalb hängen die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer, die
derartige Arbeiten ausführen, in hohem Maße von einer ordnungsgemäßen
Verwendung dieser Arbeitsmittel ab.
Aus diesem Grund muss festgelegt werden, auf welche Weise diese Arbeitsmittel
von den Arbeitnehmern unter möglichst sicheren Bedingungen verwendet werden
können. Eine angemessene spezielle Unterweisung der Arbeitnehmer ist deshalb
erforderlich.
(12) Diese Richtlinie stellt das geeignetste Mittel dar, um
die angestrebten Ziele zu erreichen; sie geht nicht über das hierfür
erforderliche Maß hinaus.
(13) Diese Richtlinie stellt einen praktischen Beitrag zur
Verwirklichung der sozialen Dimension des Binnenmarktes dar.
(14) Den Mitgliedstaaten sollte die Möglichkeit eingeräumt
werden, eine Übergangszeit in Anspruch zu nehmen, damit sie den besonderen
Problemen Rechnung tragen können, die sich für die kleinen und mittleren
Unternehmen stellen —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Der im Anhang dieser Richtlinie enthaltene Text wird dem Anhang II der Richtlinie 89/655/EWG hinzugefügt.
(1)Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 19.Juli 2004 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Den Mitgliedstaaten steht es hinsichtlich der Anwendung von Abschnitt 4 des Anhangs frei, eine Übergangszeit von höchstens zwei Jahren ab dem in Unterabsatz 1 genannten Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, um den unterschiedlichen Gegebenheiten, die im Zusammenhang mit der praktischen Anwendung dieser Richtlinie insbesondere durch die kleinen und mittleren Unternehmen auftreten können, Rechnung zu tragen.
(2)Wenn die Mitgliedstaaten derartige Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.
(3)Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet bereits erlassen haben oder erlassen werden.
Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.
Diese Richtlinie ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Luxemburg am 27.Juni 2001.
Im Namen des Europäischen Parlaments
Die Präsidentin
N.FONTAINE
Im Namen des Rates
Der Präsident
A.BOURGEOIS
ANHANG
„4.Vorschriften für die Benutzung von Arbeitsmitteln, die für zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen bereitgestellt werden.
4.1.Allgemeine Vorschriften
4.1.1.Wenn nach Artikel 6 der Richtlinie 89/391/EWG und Artikel 3 der
vorliegenden Richtlinie zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen nicht auf sichere Weise und unter angemessenen
ergonomischen Bedingungen von einer geeigneten Bodenfläche aus verrichtet werden können,
müssen die
Arbeitsmittel ausgewählt werden, die am geeignetsten sind, um sichere Arbeitsbedingungen auf Dauer zu
gewährleisten. Dabei muss dem kollektiven Gefahrenschutz Vorrang vor dem individuellen Gefahrenschutz eingeräumt
werden. Die Abmessungen des Arbeitsmittels müssen der Art der auszuführenden Arbeiten und den
vorhersehbaren Beanspruchungen angepasst sein und ein gefahrloses Begehen erlauben.
Die Auswahl der geeignetsten Zugangsmittel für hoch gelegene
Arbeitsplätze, an denen zeitweilige Arbeiten ausgeführt werden, muss unter Berücksichtigung der Begehungshäufigkeit,
des
zu überwindenden Höhenunterschieds und der Dauer der Benutzung erfolgen. Diese Auswahl muss auch die
Flucht bei drohender Gefahr ermöglichen. Beim Übergang von einem Zugangsmittel zu
Arbeitsbühnen, Gerüstbelägen, Laufstegen und umgekehrt dürfen keine zusätzlichen Absturzgefahren entstehen.
4.1.2.Die Benutzung einer Leiter als hoch gelegener Arbeitsplatz ist auf Umstände zu beschränken, bei denen unter Berücksichtigung des Abschnitts 4.1.1 die Benutzung anderer, sichererer Arbeitsmittel wegen des geringen Risikos und entweder wegen der geringen Dauer der Benutzung oder der vorhandenen baulichen Gegebenheiten, die der Arbeitgeber nicht ändern kann, nicht gerechtfertigt ist.
4.1.3.Zugangs-und Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen
dürfen nur angewandt werden, wenn die Risikobewertung ergibt, dass die betreffende Arbeit sicher durchgeführt
werden kann, und wenn die Verwendung anderer, sichererer Arbeitsmittel nicht gerechtfertigt ist.
Unter Berücksichtigung der Risikobewertung und insbesondere nach Maßgabe
der Dauer der Arbeiten und der ergonomischen Beanspruchungen ist ein Sitz mit angemessenem Zubehör
vorzusehen.
4.1.4.Je nach Art des Arbeitsmittels, das auf der Grundlage der vorstehenden Abschnitte gewählt wurde, müssen die geeigneten Vorkehrungen festgelegt werden, um die mit diesem Arbeitsmitteltyp für die Arbeitnehmer verbundenen Gefahren so gering wie möglich zu halten. Erforderlichenfalls ist die Anbringung von Absturzsicherungen vorzusehen. Diese Vorrichtungen müssen so gestaltet und so fest sein, dass Abstürze verhindert oder abstürzende Personen aufgefangen und Verletzungen der Arbeitnehmer so weit wie möglich vermieden werden. Die kollektiven Absturzsicherungen dürfen nur an Zugängen zu Leitern oder Treppen unterbrochen werden.
4.1.5.Wenn es für die Ausführung einer besonderen Arbeit erforderlich ist, eine kollektive Absturzsicherung vorübergehend zu entfernen, müssen wirksame Ersatzmaßnahmen für die Sicherheit getroffen werden. Die Arbeit darf erst ausgeführt werden, wenn diese Maßnahmen getroffen wurden. Sobald diese besondere Arbeit endgültig oder vorübergehend abgeschlossen ist, müssen die kollektiven Absturzsicherungen wieder angebracht werden.
4.1.6.Zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen dürfen nur dann ausgeführt werden, wenn die Witterungsverhältnisse die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigen.
4.2.Besondere Vorschriften für die Benutzung von Leitern
4.2.1.Leitern sind so aufzustellen, dass sie während der Benutzung standsicher sind. Die Leiterfüße von tragbaren Leitern müssen so auf einem stabilen, festen, angemessen dimensionierten und unbeweglichen Untergrund ruhen, dass die Stufen in horizontaler Stellung bleiben. Hängeleitern müssen sicher und —mit Ausnahme von Strickleitern —so angebracht werden, dass sie nicht verrutschen oder in eine Schwingbewegung geraten können.
4.2.2.Das Verrutschen der Leiterfüße von tragbaren Leitern muss während der Benutzung dieser Leitern entweder durch Fixierung des oberen oder unteren Teils der Holme, durch eine Gleitschutzvorrichtung oder durch eine andere gleichwertige Lösung verhindert werden. Für den Zugang benutzte Leitern müssen so beschaffen sein, dass sie weit genug über die Ebene, die mit den Leitern erreicht werden soll, hinausragen, sofern nicht andere Vorrichtungen ein sicheres Festhalten erlauben. Aus mehreren Teilen bestehende Steckleitern oder Schiebeleitern sind so zu verwenden, dass die Leiterteile unbeweglich miteinander verbunden bleiben. Fahrbare Leitern sind vor ihrer Benutzung sicher zu arretieren.
4.2.3.Leitern müssen so verwendet werden, dass die Arbeitnehmer jederzeit sicher stehen und sich sicher fest halten können. Wenn auf einer Leiter eine Last in der Hand getragen werden muss, darf dies ein sicheres Festhalten nicht verhindern.
4.3.Besondere Vorschriften für die Benutzung von Gerüsten
4.3.1.Liegt für das gewählte Gerüst kein Bemessungsblatt vor oder sind in dem Bemessungsblatt die geplanten strukturellen Konfigurationen nicht enthalten, so ist eine Festigkeits- und Standfestigkeitsberechnung vorzunehmen, es sei denn, das Gerüst wird nach einer allgemein anerkannten Regelausführung errichtet.
4.3.2.Je nach Komplexität des gewählten Gerüsts ist von einer sachkundigen Person ein Plan für Aufbau, Benutzung und Abbau zu erstellen. Dabei kann es sich um einen allgemeinen Anwendungsplan handeln, der durch Detailangaben für das jeweilige Gerüst ergänzt wird.
4.3.3.Die Ständer eines Gerüstes sind vor der Gefahr des Rutschens entweder durch Fixierung an der Auflagefläche oder durch eine Gleitschutzvorrichtung oder durch ein anderes gleichwertiges Mittel zu schützen, und die belastete Fläche muss eine ausreichende Tragfähigkeit haben. Die Standsicherheit des Gerüsts muss sichergestellt sein. Ein unbeabsichtigtes Fortbewegen von Fahrgerüsten während der Arbeiten auf hoch gelegenen Arbeitsplätzen muss durch geeignete Vorrichtungen verhindert werden.
4.3.4.Die Abmessungen, die Form und die Anordnung der Gerüstbeläge müssen für die auszuführende Arbeit geeignet sein, an die zu tragenden Belastungen angepasst sein und ein gefahrloses Begehen erlauben. Die Gerüstbeläge sind so anzubringen, dass die einzelnen Belagelemente bei normaler Benutzung nicht verrutschen. Zwischen den einzelnen Belagelementen und den kollektiven senkrechten Absturzsicherungen darf kein gefährlicher Zwischenraum vorhanden sein.
4.3.5.Wenn bestimmte Teile eines Gerüsts noch nicht einsatzbereit sind, insbesondere während des Auf-, Ab- oder Umbaus, sind diese Teile mit Warnzeichen für allgemeine Gefahr entsprechend den einzelstaatlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 92/58/EWG zu kennzeichnen und durch Absperrungen, die den Zugang zur Gefahrenzone verhindern, angemessen abzugrenzen.
4.3.6.Gerüste dürfen nur unter der Leitung einer sachkundigen Person und von Arbeitnehmern aufgebaut, abgebaut oder erheblich verändert werden, die für diese Arbeiten eine angemessene und spezielle Unterweisung in Bezug auf spezifische Gefahren gemäß Artikel 7 erhalten haben, die sich insbesondere auf Folgendes erstreckt:
Der leitenden Person und den betreffenden Arbeitnehmern muss der in Abschnitt 4.3.2 vorgesehene Aufbau- und Abbauplan mit allen darin enthaltenen Anweisungen vorliegen.
4.4.Besondere Vorschriften für Zugangs- und Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen
Für Zugangs- und Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
Unter außergewöhnlichen Umständen, unter denen —unter Berücksichtigung der Risikobewertung —die Verwendung eines zweiten Seils eine größere Gefährdung bei den Arbeiten bewirken würde, kann die Verwendung eines einzigen Seils zugelassen werden, sofern geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um die Sicherheit in Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Praktiken zu gewährleisten."
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