Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls
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BGBl. 2008 Teil I Nr. 28 S.1188, ausgegeben zu Bonn am 11. Juli 2008 |
Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls
Vom 4. Juli 2008
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
alte Fassung | |
Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 441), wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
a) Die Angabe zu § 1683 wird wie folgt gefasst:
„§ 1683 (weggefallen)“.
b) Die Angabe zu § 1845 wird wie folgt gefasst:
„§ 1845 (weggefallen)“.
2. § 1631b wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 werden die Wörter „ist nur mit Genehmigung
des Familiengerichts zulässig“ durch die
Wörter „bedarf der Genehmigung des Familiengerichts“
ersetzt.
b) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
„Die Unterbringung ist zulässig, wenn sie zum
Wohl des Kindes, insbesondere zur Abwendung
einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung,
erforderlich ist und der Gefahr nicht auf andere
Weise, auch nicht durch andere öffentliche Hilfen,
begegnet werden kann.“
alte Fassung | |
§ 1631 b Mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung Eine Unterbringung des Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, bedarf der Genehmigung des Familiengerichts. 2Die Unterbringung ist zulässig, wenn sie zum Wohl des Kindes, insbesondere zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung, erforderlich ist und der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch andere öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. 3Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. 4Das Gericht hat die Genehmigung zurückzunehmen, wenn das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr erfordert. |
3. § 1666 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische
Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet
und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht
in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das
Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur
Abwendung der Gefahr erforderlich sind.“
b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach
Absatz 1 gehören insbesondere
1. Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und
der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2. Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu
sorgen,
3. Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte
Zeit die Familienwohnung oder eine andere
Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten
Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende
andere Orte aufzusuchen, an denen
sich das Kind regelmäßig aufhält,
4. Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen
oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5. die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers
der elterlichen Sorge,
6. die teilweise oder vollständige Entziehung der
elterlichen Sorge.“
alte Fassung | |
§ 1666 Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. (2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt. (3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen. |
4. § 1683 wird aufgehoben.
alte Fassung | |
§ 1683 (aufgehoben) |
5. Dem § 1696 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:
„Sieht das Familiengericht von Maßnahmen nach
den §§ 1666 bis 1667 ab, soll es seine Entscheidung
in angemessenem Zeitabstand, in der Regel nach
drei Monaten, überprüfen.“
alte Fassung | |
§ 1696 Abänderung und Überprüfung gerichtlicher Anordnungen (1) Das Vormundschaftsgericht und das Familiengericht haben ihre Anordnungen zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. (2) Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 sind aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht. (3) 1Länger dauernde Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 hat das Gericht in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen. 2Sieht das Familiengericht von Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 ab, soll es seine Entscheidung in angemessenem Zeitabstand, in der Regel nach drei Monaten, überprüfen. |
6. In § 1712 Abs. 1 Nr. 2 werden die Wörter „einschließlich der Ansprüche auf eine anstelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung“ gestrichen.
alte Fassung | |
§ 1712 Beistandschaft des Jugendamts; Aufgaben (1) Auf schriftlichen Antrag eines Elternteils wird das Jugendamt Beistand des Kindes für folgende Aufgaben:
(2) Der Antrag kann auf einzelne der in Absatz 1 bezeichneten Aufgaben beschränkt werden. |
7. § 1845 wird aufgehoben.
alte Fassung | |
§ 1845 (aufgehoben) |
8. In § 1908i Abs. 1 Satz 1 wird nach der Angabe „§§ 1839 bis 1843“ das Komma und die Angabe „1845“ gestrichen.
alte Fassung | |
§ 1908i Entsprechend anwendbare Vorschriften (1) Im Übrigen sind auf die Betreuung § 1632 Abs. 1 bis 3, §§ 1784, 1787 Abs. 1, § 1791. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und Satz 2, §§ 1792, 1795 bis 1797 Abs. 1 Satz 2, §§ 1798, 1799, 1802, 1803, 1805 bis 1821, 1822 Nr.1 bis 4, 6 bis 13, §§ 1823 bis 1826, 1828 bis 1836, 1836c bis 1836e, 1837 Abs. 1 bis 3, §§ 1839 bis 1843, 1846, 1857a, 1888, 1890 bis 1895 sinngemäß anzuwenden. Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass Vorschriften, welche die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts in vermögensrechtlicher Hinsicht sowie beim Abschluss von Lehr- und Arbeitsverträgen betreffen, gegenüber der zuständigen Behörde außer Anwendung bleiben. (2) § 1804 ist sinngemäß anzuwenden, jedoch kann der Betreuer in Vertretung des Betreuten Gelegenheitsgeschenke auch dann machen, wenn dies dem Wunsch des Betreuten entspricht und ,nach seinen Lebensverhältnissen üblich ist. § 1857a ist auf die Betreuung durch den Vater, die Mutter, den Ehegatten, den Lebenspartner oder einen Abkömmling des Betreuten sowie auf den Vereinsbetreuer und den Behördenbetreuer sinngemäß anzuwenden, soweit das Vormundschaftsgericht nichts anderes anordnet. |
Artikel 2
Änderung des Gesetzes über die
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 315-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 441), wird wie folgt geändert:
1. § 50a wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 Satz 3 werden nach dem Wort „anzuhören“
das Komma sowie die Wörter „um mit ihnen
zu klären, wie die Gefährdung des Kindeswohls
abgewendet werden kann“ gestrichen.
b) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:
„Das Gericht hört einen Elternteil in Abwesenheit
des anderen Elternteils an, wenn dies zum Schutz
eines Elternteils oder aus anderen Gründen erforderlich
ist.“
2. Nach § 50d werden folgende §§ 50e und 50f eingefügt:
„§ 50e
(1) Verfahren, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.
(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen.
(4) In Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls hat das Gericht unverzüglich den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen.
§ 50f
(1) In Verfahren nach den §§ 1666, 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs soll das Gericht mit den Eltern und in geeigneten Fällen auch mit dem Kind erörtern, wie einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls begegnet werden kann, insbesondere durch öffentliche Hilfen, und welche Folgen die Nichtannahme notwendiger Hilfen haben kann.
(2) Das Gericht hat das persönliche Erscheinen der Eltern anzuordnen und soll das Jugendamt zu dem Termin laden. Das Gericht führt die Erörterung in Abwesenheit eines Elternteils durch, wenn dies zum Schutz eines Beteiligten oder aus anderen Gründen erforderlich ist.“
3. § 52 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Im Fall des Absatzes 2 soll das Gericht den
Erlass einer einstweiligen Anordnung über den Verfahrensgegenstand
prüfen; in Verfahren, die das
Umgangsrecht betreffen, soll das Gericht den Umgang
durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen.“
4. § 70e Abs. 1 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 2 werden die Wörter „Der Sachverständige
soll“ durch die Wörter „In den Fällen des
§ 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 3
soll der Sachverständige“ ersetzt.
b) Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:
„In den Fällen des § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe
a soll der Sachverständige in der Regel Arzt
für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
sein; das Gutachten kann auch durch
einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen
Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen
oder Sozialpädagogen erstattet werden.“
Artikel 3
Änderung
des Personenstandsgesetzes
§ 5 Abs. 5 des Personenstandsgesetzes in der im
Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 211-1,
veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch
Artikel 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 13. März 2008
(BGBl. I S. 313) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„(5) Der Standesbeamte hat dem Vormundschaftsgericht
die Eheschließung mitzuteilen, wenn ein Verlobter
mit einem Abkömmling, der minderjährig ist oder für
den in Vermögensangelegenheiten ein Betreuer bestellt
ist, in fortgesetzter Gütergemeinschaft lebt.“
Artikel 4
Änderung
des Personenstandsrechtsreformgesetzes
Artikel 2 Abs. 16 Nr. 10 des Personenstandsrechtsreformgesetzes vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122) wird aufgehoben.
Artikel 5
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es
ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.
Berlin, den 4. Juli 2008
D e r Bu n d e s p r ä s i d e n t
H o r s t Kö h l e r
D i e Bu n d e s k a n z l e r i n
Dr. An g e l a Me r k e l
D i e Bu n d e s m i n i s t e r i n d e r J u s t i z
B r i g i t t e Z y p r i e s
D i e Bu n d e s m i n i s t e r i n
f ü r F a m i l i e , Se n i o r e n , F r a u e n u n d J u g e n d
U r s u l a v o n d e r L e y e n
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