2004/40/EG: Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (elektromagnetische Felder)
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Richtlinie 2004/40/EG
DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (elektromagnetische Felder)
(18. Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG)
vom 29. April 2004
(ABl. 2004 L 159 S.1 vom 30. April 2004 + ber. ABl. 2004 L184 S.1 vom 24. Mai 2004)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
insbesondere Artikel 137 Absatz 2,
auf Vorschlag der Kommission (1), vorgelegt nach Anhörung des Beratenden
Ausschusses für Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am
Arbeitsplatz,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),
nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Im Vertrag ist vorgesehen, dass der Rat durch Richtlinien
Mindestvorschriften erlassen kann, die die Verbesserung insbesondere der
Arbeitsumwelt zur Gewährleistung eines höheren Schutzniveaus für die
Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel haben. Diese Richtlinien
sollten keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen
vorschreiben, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren
Unternehmen entgegenstehen.
(2) Die Mitteilung der Kommission über ihr Aktionsprogramm zur Anwendung der
Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer sieht die
Festlegung von Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der
Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen vor. Das
Europäische Parlament hat im September 1990 eine Entschließung zu diesem
Aktionsprogramm (4) verabschiedet, in der die Kommission insbesondere
aufgefordert wurde, eine Einzelrichtlinie für den Bereich der Gefährdung durch
Lärm und Vibrationen sowie sonstige physikalische Einwirkungen am Arbeitsplatz
auszuarbeiten.
(3) Als ersten Schritt haben das Europäische Parlament und der Rat die
Richtlinie 2002/44/EG vom 25. Juni 2002 über Mindestvorschriften zum Schutz von
Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch
physikalische Einwirkungen (Vibrationen) (16. Einzelrichtlinie im Sinne des
Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (5) angenommen. Daran
anschließend haben das Europäische Parlament und der Rat am 6. Februar 2003
die Richtlinie 2003/10/EG über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit
und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische
Einwirkungen (Lärm) (17. Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der
Richtlinie 89/391/EWG) (6) angenommen.
(4) Nunmehr wird die Einführung von Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer vor
der Gefährdung durch elektromagnetische Felder aufgrund der Auswirkungen dieser
Felder auf die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer als notwendig
angesehen. Jedoch werden die Langzeitwirkungen einschließlich möglicher
karzinogener Wirkungen aufgrund der Exposition gegenüber zeitvariablen
elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern, für die kein
schlüssiger wissenschaftlicher Beweis für einen kausalen Zusammenhang
vorliegt, von dieser Richtlinie nicht abgedeckt. Durch diese Maßnahmen sollen
nicht nur die Gesundheit und die Sicherheit jedes einzelnen Arbeitnehmers
geschützt, sondern für die gesamte Arbeitnehmerschaft der Gemeinschaft ein
Mindestschutz sichergestellt werden, um eventuellen Wettbewerbsverzerrungen
vorzubeugen.
(5) In dieser Richtlinie werden Mindestvorschriften festgelegt, so dass die
Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, unter dem Aspekt des
Arbeitnehmerschutzes vorteilhaftere Bestimmungen beizubehalten oder zu erlassen,
insbesondere niedrigerer Auslösewerte oder Expositionsgrenzwerte für
elektromagnetische Felder festzulegen.
Die Umsetzung dieser Richtlinie sollte nicht als Begründung für einen
Rückschritt gegenüber der bestehenden Situation in jedem einzelnen
Mitgliedstaat herangezogen werden.
(6) Ein System zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern sollte darauf
beschränkt sein, die zu erreichenden Ziele, die einzuhaltenden Grundsätze und
die zu verwendenden grundlegenden Werte ohne übermäßige Einzelheiten
festzulegen, damit die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, die
Mindestvorschriften in gleichwertiger Weise anzuwenden.
(7) Eine Verringerung der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern
lässt sich wirksamer erreichen, wenn bereits bei der Planung der Arbeitsplätze
Präventivmaßnahmen ergriffen werden und die Arbeitsmittel sowie die
Arbeitsverfahren und -methoden so gewählt werden, dass die Gefahren vorrangig
bereits am Entstehungsort verringert werden. Bestimmungen über Arbeitsmittel
und Arbeitsmethoden tragen somit zum Schutz der betroffenen Arbeitnehmer bei.
(8) Die Arbeitgeber sollten sich dem technischen Fortschritt und dem
wissenschaftlichen Kenntnisstand auf dem Gebiet der durch die Einwirkung von
elektromagnetischen Feldern entstehenden Gefahren anpassen, um den Schutz von
Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu verbessern.
(9) Da es sich bei der vorliegenden Richtlinie um eine Einzelrichtlinie im Sinne
des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989
über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und
des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (7) handelt, finden
unbeschadet strengerer und/oder spezifischerer Vorschriften der vorliegenden
Richtlinie die Bestimmungen jener Richtlinie auf den Bereich der Exposition von
Arbeitnehmern gegenüber elektromagnetischen Feldern Anwendung.
(10) Die vorliegende Richtlinie leistet einen konkreten Beitrag zur
Verwirklichung der sozialen Dimension des Binnenmarktes.
(11) Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten
gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der
Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen
Durchführungsbefugnisse (8) erlassen werden.
(12) Die Einhaltung der Expositionsgrenzwerte und der Auslösewerte sollte ein
hohes Schutzniveau in Bezug auf die nachweislichen gesundheitlichen Auswirkungen
durch Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern gewährleisten, kann
jedoch Interferenzprobleme bei medizinischen Geräten wie metallische Prothesen,
Herzschrittmacher und Defibrillatoren sowie Cochlea-Implantate und sonstige
Implantate oder Auswirkungen auf den Betrieb solcher Geräte nicht zwangsläufig
ausschließen; insbesondere bei Herzschrittmachern können Interferenzprobleme
bei Werten unterhalb der Auslösewerte auftreten und sollten deshalb
entsprechenden Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen unterliegen —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
(1) ABl. C 77 vom 18.3.1993, S. 12, und ABl. C 230 vom 19.8.1994, S. 3.
(2) ABl. C 249 vom 13.9.1993, S. 28.
(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 20. April 1994 (ABl. C 128
vom 9.5.1994, S. 146), bestätigt am 16. September 1999 (ABl. C 54 vom
25.2.2000, S. 75), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 18. Dezember 2003 (ABl.
C 66 E vom 16.3.2004, S. 1) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 30.
März 2004 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Beschluss des Rates vom 7.
April 2004.
(4) ABl. C 260 vom 15.10.1990, S. 167.
(5) ABl. L 177 vom 6.7.2002, S. 13.
(6) ABl. L 42 vom 15.2.2003, S. 38.
(7) ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr.
1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003,
S. 1).
(8) ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.
(9) ABl. L 199 vom 30.7.1999, S. 59.
(10) ABl. L 245 vom 26.8.1992, S. 23.
ABSCHNITT I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Ziel und Geltungsbereich
(1) Mit dieser Richtlinie, der 18. Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG, werden Mindestanforderungen für den Schutz der Arbeitnehmer gegen tatsächliche oder mögliche Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Einwirkung von elektromagnetischen Feldern (0 Hz-300 GHz) während ihrer Arbeit festgelegt.
(2) Diese Richtlinie betrifft die Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmern durch bekannte schädliche Kurzzeitwirkungen im menschlichen Körper, die durch das Fließen induzierter Ströme und durch Energieabsorption sowie durch Kontaktströme verursacht werden.
(3) Diese Richtlinie betrifft nicht die vermuteten Langzeitwirkungen.
(4) Diese Richtlinie betrifft nicht die Gefährdungen durch das Berühren von Strom führenden Leitern.
(5) Die Richtlinie 89/391/EWG gilt unbeschadet strengerer und/oder spezifischerer Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie in vollem Umfang für den gesamten in Absatz 1 genannten Bereich.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) „elektromagnetische Felder“ statische magnetische und zeitvariable elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder mit Frequenzen bis 300 GHz;
b) „Expositionsgrenzwerte“ direkt auf nachgewiesenen Auswirkungen auf die Gesundheit und biologischen Erwägungen beruhende Expositionsgrenzwerte in Bezug auf elektromagnetische Felder. Durch die Einhaltung dieser Grenzwerte wird gewährleistet, dass Arbeitnehmer, die elektromagnetischen Feldern ausgesetzt sind, gegen alle bekannten gesundheitsschädlichen Auswirkungen geschützt sind;
c) „Auslösewerte“ die Größen direkt messbarer Parameter, die
als
elektrische Feldstärke (E),
magnetische Feldstärke (H),
magnetische Flussdichte (B) und
Leistungsdichte (S)
angegeben
wird und bei deren Erreichen eine oder mehrere der
in dieser Richtlinie festgelegten Maßnahmen ergriffen
werden müssen. Die Einhaltung dieser Werte gewährleistet
die Einhaltung der maßgeblichen Expositionsgrenzwerte.
Artikel 3
Expositionsgrenzwerte und Auslösewerte
(1) Die Expositionsgrenzwerte entsprechen den im Anhang Tabelle 1 festgelegten Werten.
(2) Die Auslösewerte entsprechen den im Anhang Tabelle 2 festgelegten Werten.
(3) Bis alle einschlägigen Bewertungs-, Mess- und Berechnungsfälle durch harmonisierte Europäische Normen des Europäischen Komitees für elektrotechnische Normung (Cenelec) abgedeckt sind, können die Mitgliedstaaten für die Bewertung, Messung und/oder Berechnung der Exposition des Arbeitnehmers gegenüber elektromagnetischen Feldern andere wissenschaftlich untermauerte Normen oder Leitlinien anwenden.
ABSCHNITT II
PFLICHTEN DER ARBEITGEBER
Artikel 4
Ermittlung der Exposition und Bewertung der Risiken
(1) Im Rahmen seiner Pflichten gemäß Artikel 6 Absatz 3 und Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG nimmt der Arbeitgeber eine Bewertung und erforderlichenfalls eine Messung und/oder Berechnung der elektromagnetischen Felder vor, denen die Arbeitnehmer ausgesetzt sind. Bis alle einschlägigen Bewertungs-, Mess- und Berechnungsfälle durch harmonisierte Europäische Normen des Cenelec abgedeckt sind, kann die Bewertung, Messung und Berechnung gemäß den in Artikel 3 genannten wissenschaftlich untermauerten Normen und Leitlinien erfolgen sowie gegebenenfalls unter Berücksichtigung der von den Herstellern der Arbeitsmittel angegebenen Emissionswerte, wenn die Arbeitsmittel in den Geltungsbereich der einschlägigen Gemeinschaftsrichtlinien fallen.
(2) Auf der Grundlage der nach Absatz 1 durchgeführten Bewertung der elektromagnetischen Felder muss der Arbeitgeber, falls die in Artikel 3 genannten Auslösewerte überschritten werden, ermitteln und erforderlichenfalls berechnen, ob die Expositionsgrenzwerte überschritten werden.
(3) Es ist nicht erforderlich, die Bewertungen, Messungen und/oder Berechnungen nach den Absätzen 1 und 2 an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen durchzuführen, wenn bereits eine Bewertung gemäß der Empfehlung 1999/519/EG des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz-300 GHz) (9) erfolgt ist, die in dieser Empfehlung festgelegten Grenzwerte in Bezug auf die Arbeitnehmer eingehalten werden und Sicherheitsrisiken ausgeschlossen sind.
(4) Die Bewertungen, Messungen und/oder Berechnungen nach den Absätzen 1 und 2 müssen in angemessenen Zeitabständen sachkundig geplant und durchgeführt werden, wobei hinsichtlich der erforderlichen entsprechend befähigten Dienste oder Personen und der Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmer insbesondere Artikel 7 und Artikel 11 der Richtlinie 89/391/EWG zu berücksichtigen sind. Die aus den Bewertungen, Messungen und/oder Berechnungen der Exposition resultierenden Daten werden in einer geeigneten Form gespeichert, die eine spätere Einsichtnahme ermöglicht.
(5) Nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 89/391/EWG berücksichtigt der Arbeitgeber bei der Risikobewertung insbesondere Folgendes:
(6) Der Arbeitgeber muss im Besitz einer Risikobewertung
gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) der Richtlinie 89/391/EWG sein und ermitteln, welche Maßnahmen gemäß den
Artikeln 5 und 6 der vorliegenden Richtlinie zu treffen sind.
Die Risikobewertung ist gemäß nationalen Vorschriften und
Praktiken auf einem geeigneten Datenträger zu dokumentieren;
sie kann eine Begründung des Arbeitgebers einschließen,
wonach eine detailliertere Risikobewertung aufgrund der Art
und des Umfangs der Risiken im Zusammenhang mit elektromagnetischen
Feldern nicht erforderlich ist. Die Risikobewertung
ist regelmäßig zu aktualisieren, insbesondere wenn
bedeutsame Veränderungen eingetreten sind, so dass sie veraltet
sein könnte, oder wenn sich eine Aktualisierung aufgrund der
Ergebnisse der Gesundheitsüberwachung als erforderlich
erweist.
Artikel 5
Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung der
Risiken
(1) Unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und
der Verfügbarkeit von Mitteln zur Begrenzung der Gefährdung
am Entstehungsort muss die Gefährdung aufgrund der Einwirkung von elektromagnetischen Feldern ausgeschlossen oder auf
ein Mindestmaß reduziert werden.
Die Verringerung der Gefährdung aufgrund der Einwirkung
von elektromagnetischen Feldern stützt sich auf die in der
Richtlinie 89/391/EWG festgelegten allgemeinen Grundsätze
der Gefahrenverhütung.
(2) Werden die in Artikel 3 genannten Auslösewerte überschritten und erbringt die nach Artikel 4 Absatz 2 durchgeführte Ermittlung nicht den Nachweis, dass die Expositionsgrenzwerte nicht überschritten werden und dass Sicherheitsrisiken ausgeschlossen werden können, so muss der Arbeitgeber auf der Grundlage der in Artikel 4 genannten Risikobewertung ein Aktionsprogramm mit technischen und/oder organisatorischen Maßnahmen zur Verhinderung einer die Expositionsgrenzwerte überschreitenden Exposition ausarbeiten und durchführen; dabei ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:
(3) Auf der Grundlage der in Artikel 4 genannten Risikobewertung werden Arbeitsplätze, an denen Arbeitnehmer elektromagnetischen Feldern ausgesetzt sein könnten, die die Auslösewerte überschreiten, mit einer geeigneten Kennzeichnung gemäß der Richtlinie 92/58/EWG des Rates vom 24. Juni 1992 über Mindestvorschriften für die Sicherheits- und/oder Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz (Neunte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (10) versehen, es sei denn, die nach Artikel 4 Absatz 2 durchgeführte Ermittlung erbringt den Nachweis, dass die Expositionsgrenzwerte nicht überschritten werden und dass Sicherheitsrisiken ausgeschlossen werden können. Die betreffenden Bereiche werden abgegrenzt und der Zugang zu ihnen wird eingeschränkt, wenn dies technisch möglich ist und die Gefahr einer Überschreitung der Expositionsgrenzwerte besteht.
(4) Die Exposition der Arbeitnehmer darf die Expositionsgrenzwerte
in keinem Fall überschreiten.
Werden die Expositionsgrenzwerte trotz der vom Arbeitgeber
aufgrund dieser Richtlinie durchgeführten Maßnahmen überschritten,
so ergreift der Arbeitgeber unverzüglich Maßnahmen,
um die Exposition auf einen Wert unterhalb der Expositionsgrenzwerte
zu senken. Er ermittelt, warum die Expositionsgrenzwerte
überschritten wurden, und passt die Schutz- und
Vorbeugemaßnahmen entsprechend an, um ein erneutes Überschreiten
der Grenzwerte zu verhindern.
(5) In Anwendung von Artikel 15 der Richtlinie 89/391/EWG passt der Arbeitgeber die Maßnahmen im Sinne des vorliegenden Artikels an die Erfordernisse der besonders gefährdeten Arbeitnehmer an.
Artikel 6
Unterrichtung und Unterweisung der Arbeitnehmer
Unbeschadet der Artikel 10 und 12 der Richtlinie 89/391/EWG stellt der Arbeitgeber sicher, dass die Arbeitnehmer, die einer Gefährdung durch elektromagnetische Felder bei der Arbeit ausgesetzt sind, und/oder ihre Vertreter alle erforderlichen Informationen und Unterweisungen im Zusammenhang mit dem Ergebnis der Risikobewertung nach Artikel 4 Absatz 1 der vorliegenden Richtlinie erhalten, die sich insbesondere auf Folgendes erstrecken:
Artikel 7
Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmer
Die Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmer und/oder ihrer Vertreter in den von der vorliegenden Richtlinie erfassten Fragen erfolgt gemäß Artikel 11 der Richtlinie 89/391/EWG.
ABSCHNITT III
SONSTIGE BESTIMMUNGEN
Artikel 8
Gesundheitsüberwachung
(1) Im Interesse der Prävention und einer frühen Erkennung
jeglicher gesundheitsschädlicher Auswirkungen aufgrund der
Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern wird gemäß
Artikel 14 der Richtlinie 89/391/EWG eine angemessene
Gesundheitsüberwachung durchgeführt.
Wird eine Exposition oberhalb der Grenzwerte festgestellt, so
muss dem betroffenen Arbeitnehmer auf jeden Fall im Einklang
mit nationalen Vorschriften und Praktiken eine ärztliche Untersuchung
ermöglicht werden. Wird aufgrund dieser Exposition
eine gesundheitliche Schädigung festgestellt, so nimmt der
Arbeitgeber gemäß Artikel 4 eine erneute Bewertung der
Risiken vor.
(2) Der Arbeitgeber trifft geeignete Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass der für die Gesundheitsüberwachung zuständige Arzt und/oder medizinische Dienst Zugang zu den Ergebnissen der in Artikel 4 genannten Risikobewertung hat.
(3) Die Ergebnisse der Gesundheitsüberwachung werden in einer geeigneten Form aufbewahrt, die eine spätere Einsichtnahme ermöglicht, wobei Vertraulichkeitsanforderungen Rechnung getragen wird. Die einzelnen Arbeitnehmer haben auf Verlangen Zugang zu ihren persönlichen Gesundheitsakten.
Artikel 9
Sanktionen
Die Mitgliedstaaten sehen angemessene Sanktionen vor, die bei einem Verstoß gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen nationalen Rechtsvorschriften zu verhängen sind. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Artikel 10
Technische Änderungen
(1) Änderungen der im Anhang aufgeführten Expositionsgrenzwerte und Auslösewerte werden vom Europäischen Parlament und dem Rat nach dem in Artikel 137 Absatz 2 des Vertrags genannten Verfahren erlassen.
(2) Rein technische Änderungen des Anhangs werden nach dem in Artikel 11 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren vorgenommen, und zwar nach Maßgabe
Artikel 11
Ausschuss
(1) Die Kommission wird von dem in Artikel 17 der Richtlinie 89/391/EWG genannten Ausschuss unterstützt.
(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die
Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung
von dessen Artikel 8.
Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses
1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.
(3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
ABSCHNITT IV
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 12
Berichte
Die Mitgliedstaaten erstatten der Kommission alle fünf Jahre
Bericht über die praktische Durchführung dieser Richtlinie und
geben dabei die Standpunkte der Sozialpartner an.
Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament, den
Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und
den Beratenden Ausschuss für Sicherheit und Gesundheitsschutz
am Arbeitsplatz alle fünf Jahre über den Inhalt dieser
Berichte, über ihre Beurteilung der Entwicklungen in dem
betreffenden Bereich und über jede Initiative, insbesondere
betreffend die Exposition gegenüber statischen Magnetfeldern,
die in Anbetracht neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse
gerechtfertigt sein könnte.
Artikel 13
Umsetzung
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften
in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie
bis zum 30. April 2004 nachzukommen. Sie setzen die
Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen
sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der
amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die
Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen oder bereits erlassen haben.
Artikel 14
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 15
Adressaten
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Straßburg am 29. April 2004.
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
P. COX
Im Namen des Rates
Der Präsident
M. McDOWELL
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ANHANG
EXPOSITIONSGRENZWERTE UND AUSLÖSEWERTE FÜR ELEKTROMAGNETISCHE FELDER
Die folgenden physikalischen Größen werden zur Beschreibung der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern verwendet:
Der Kontaktstrom (IC) zwischen einer Person und einem Gegenstand wird in Ampere (A) ausgedruckt. Ein leitfähiger Gegenstand in einem elektrischen Feld kann durch das Feld aufgeladen werden.
Die Stromdichte (J) ist der durch einen Einheitsquerschnitt senkrecht zu seiner Richtung in einem Volumenleiter wie dem menschlichen Körper oder einem Teil davon hindurchfließende Strom; sie wird ausgedruckt in Ampere pro Quadratmeter (A/m2).
Die elektrische Feldstarke ist eine Vektorgroße (E), die der Kraft entspricht, die auf ein geladenes Teilchen ungeachtet seiner Bewegung im Raum ausgeübt wird. Sie wird ausgedruckt in Volt pro Meter (V/m).
Die magnetische Feldstarke ist eine Vektorgroße (H), die neben der magnetischen Flussdichte zur Beschreibung des magnetischen Feldes in jedem Raumpunkt dient. Sie wird ausgedruckt in Ampere pro Meter (A/m).
Die magnetische Flussdichte ist eine Vektorgroße (B), aus der sich eine Kraft auf bewegte Ladungen ergibt; sie wird ausgedruckt in Tesla (T). Im leeren Raum und in biologischem Material können magnetische Flussdichte und magnetische Feldstarke anhand der Aquivalenz 1 A/m = 4¥ð 10-7 T umgerechnet werden.
Die Leistungsdichte (S) wird fur sehr hohe Frequenzen benutzt, bei denen die Eindringtiefe in den Körper niedrig ist. Die Leistungsdichte ist der senkrecht zu einer Oberflache auftreffende Energiefluss, geteilt durch die Flache; sie wird ausgedruckt in Watt pro Quadratmeter (W/m2).
Die spezifische Energieabsorption (SA) ist die je Masseneinheit biologischen Gewebes absorbierte Energie; sie wird ausgedruckt in Joule pro Kilogramm (J/kg). In dieser Richtlinie wird sie zur Begrenzung der nichtthermischen Wirkungen gepulster Mikrowellenstrahlung benutzt.
Die spezifische Energieabsorptionsrate (SAR), gemittelt über den ganzen Körper oder Teile davon, ist die Rate, mit der Energie je Masseneinheit des Körpergewebes absorbiert wird; sie wird ausgedruckt in Watt pro Kilogramm (W/kg). Die Ganzkorper-SAR ist ein weithin akzeptiertes Maß, um schädliche Wärmewirkungen zu einer Radiofrequenz-(RF)-Exposition in Beziehung zu setzen. Neben der mittleren Ganzkorper-SAR sind lokale SAR-Werte notwendig, um übermäßige Energiekonzentrationen in kleineren Körperbereichen infolge besonderer Expositionsbedingungen zu bewerten und zu begrenzen. Beispiele hierfür: durch RF im niedrigen MHz-Bereich exponierte geerdete und im Nahfeld einer Antenne exponierte Personen.
Von diesen Großen lassen sich magnetische Flussdichte, Kontaktstrom,
elektrische und magnetische Feldstarke und
Leistungsdichte direkt messen.
A. EXPOSITIONSGRENZWERTE
Je nach Frequenz werden folgende physikalische Größen zur Angabe der
Expositionsgrenzwerte für elektromagnetische Felder herangezogen:
Tabelle 1
Expositionsgrenzwerte (Artikel 3 Absatz 1). Alle Bedingungen müssen erfüllt
sein.
Frequenzbereich | Stromdichte für Kopf und Rumpf J (mA/m2) (Effektivwert) |
Mittlere Ganzkörper SAR (W/kg) |
Lokale SAR (Kopf und Rumpf) (W/kg) |
Lokale SAR (Gliedmaßen) (W/kg) |
Leistungsdichte S (W/m2) |
Bis 1 Hz 40 | — | — | — | — | — |
1 — 4 Hz | 40/f | — | — | — | — |
4 — 1 000 Hz | 10 | — | — | — | — |
1 000 Hz — 100 kHz | f/100 | — | — | — | — |
100 kHz — 10 MHz | f/100 | 0,4 | 10 | 20 | — |
10 MHz — 10 GHz | — | 0,4 | 10 | 20 | — |
10 — 300 GHz | — | — | — | — | 50 |
Anmerkungen:
B. AUSLÖSEWERTE
Die in Tabelle 2 aufgeführten Auslösewerte ergeben sich aus den
Expositionsgrenzwerten bei Anwendung der Grundlagen,
auf die sich die Internationale Kommission zum Schutz vor nichtionisierender
Strahlung (ICNIRP) in ihren Richtlinien
für die Begrenzung der Exposition gegenüber nichtionisierender Strahlung (ICNIRP
7/99) gestützt hat.
Tabelle 2:
Auslösewerte (Artikel 3 Absatz 2) (ungestörte Effektivwerte)
Frequenzbereich | Elektrische Feldstärke (E) (V/m) |
Magnetische Feldstärke (H) (A/m) |
Magnetische Flussdichte (B) (µT) |
Äquivalente Leistungsdichte bei ebenen Wellen | Kontaktstrom (IC) (mA) |
Strom durch die Gliedmaßen (IL) (mA) |
0 — 1 Hz | — | 1,63 x 105 | 2 x 105 | — | 1,0 | — |
1 — 8 Hz | 20 000 | 1,63 x 105/f | 2 x 105/f5 | — | 1,0 | — |
8 — 25 Hz | 20 000 | 2 x 104/f | 2,5 x 104/f | — | 1,0 | — |
0,025 — 0,82 kHz | 500/f | 20/f | 25/f | — | 1,0 | — |
0,82 — 2,5 kHz | 610 | 24,4 | 30,7 | — | 1,0 | — |
2,5 — 65 kHz | 610 | 24,4 | 30,7 | — | 0,4 f | — |
65 — 100 kHz | 610 | 1 600/f | 2 000/f | — | 0,4 f | — |
0,1 — 1 MHz | 610 | 1,6/f | 2/f | — | 40 | — |
1 — 10 MHz | 610/f | 1,6/f | 2/f | — | 40 | — |
10 — 110 MHz | 61 | 0,16 | 0,2 | 10 | 40 | 100 |
110 — 400 MHz | 61 | 0,16 | 0,2 | 10 | — | — |
400 — 2 000 MHz | 3 f½ | 0,008 f½ | 0,01 f½ | f/40 | — | — |
2 — 300 GHz | 137 | 0,36 | 0,45 | 50 | — | — |
Anmerkungen:
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