2000/33/EG:
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Richtlinie 2000/33/EG
der Kommission vom 8. Juni 2000 zur Festlegung einer ersten Liste von Arbeitsplatz-Richtgrenzwerten in Durchführung der Richtlinie 98/24/EG des Rates zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit
vom 8. Juni 2000
Amtsblatt Nr. L 142 vom 16/06/2000 S. 0047 - 0050
32000L0033
Richtlinie
2000/33/EG der Kommission vom 25. April 2000 zur siebenundzwanzigsten Anpassung
der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und
Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt (Text von
Bedeutung für den EWR.)
Amtsblatt Nr. L
136 vom 08/06/2000 S. 0090 - 0107
Richtlinie 2000/33/EG der Kommission
vom 25. April 2000
zur siebenundzwanzigsten Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die
Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen
Fortschritt(1)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
gestützt auf die Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung,
Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe(2), zuletzt geändert durch
die Richtlinie 1999/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3),
insbesondere auf Artikel 28,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) In Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG sind die Methoden zur Bestimmung der
physikalisch-chemischen Eigenschaften, Toxizität und Ökotoxizität von Stoffen
und Zubereitungen festgelegt. Dieser Anhang bedarf einer Anpassung an den
technischen Fortschritt.
(2) Gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 86/609/EWG des Rates(4) zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum
Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere
"darf ein Versuch nicht unternommen werden, wenn zur Erreichung des
angestrebten Ergebnisses eine wissenschaftlich zufriedenstellende, vertretbare
und praktikable Alternative zur Verfügung steht, bei der kein Tier verwendet
werden muß".
(3) Die Kommission beabsichtigt, Alternativ-Prüfmethoden in Anhang V der
Richtlinie 67/548/EWG einzuführen, die keine Verwendung von Tieren erfordern;
damit werden diese Methoden für die Prüfung chemischer Stoffe gemäß Artikel
3 Absatz 1 der Richtlinie 67/548/EWG verfügbar gemacht.
(4) Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der
Stellungnahme des Ausschusses zur Anpassung der Richtlinien zur Beseitigung der
technischen Handelshemmnisse für gefährliche Stoffe und Zubereitungen an den
technischen Fortschritt -
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Der Wortlaut in Anhang I und II dieser Richtlinie wird dem Teil B von Anhang V
der Richtlinie 67/548/EWG hinzugefügt.
Artikel 2
(1) Die Mitgliedstaaten erlassen spätestens bis 1. Oktober 2001 die
erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie
nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
Wenn die Mitgliedstaaten die Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in
diesen Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen
Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die
Einzelheiten dieser Bezugnahme.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission ihre Rechts- und
Verwaltungsvorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie mit und übermitteln ihr
eine Tabelle, aus der die Übereinstimmung zwischen den Anforderungen dieser
Richtlinie und den erlassenen einzelstaatlichen Bestimmungen hervorgeht.
Artikel 3
Diese Richtlinie tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.
Artikel 4
Diese Richtlinie ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet.
Brüssel, den 25. April 2000
Für die Kommission
Margot Wallström
Mitglied der Kommission
(1) Angenommen vor der 26. Anpassung.
(2) ABl. 196 vom 16.8.1967, S. 1.
(3) ABl. L 199 vom 30.7.1999, S. 57.
(4) ABl. L 358 vom 18.12.1986, S. 1.
ANHANG I
"B.40. PRÜFUNG AUF HAUTÄTZENDE WIRKUNGEN
1 METHODE
1.1 Einleitung
Zwei In-vitro-Tests zur Prüfung auf hautätzende Wirkung - der TER-Test (TER =
transcutaneous electrical resistance) an Rattenhaut und ein Test mit einem
menschlichen Hautmodell - wurden vom Europäischen Zentrum zur Validierung von
Alternativmethoden (ECVAM, Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen
Kommission) (1) (2) (3) als wissenschaftlich validierte Tests anerkannt. Die
Validierungsstudie des ECVAM hat gezeigt, daß beide Tests in der Lage sind,
zuverlässig zwischen hautätzenden Stoffen und solchen, die diese Eigenschaften
nicht aufweisen, zu unterscheiden. Darüber hinaus ermöglichte der Test auf der
Grundlage eines Modells der menschlichen Haut eine korrekte Klassifizierung
unterschiedlicher ätzender Wirkungsstärken (bekannte Stoffe, die zu schweren
Verätzungen führen, R35, und sonstige hautätzende Stoffe, R34) (2). Beide
Testmethoden werden beschrieben; die Wahl des geeigneten Test hängt von den
spezifischen Anforderungen und Präferenzen der Anwender ab.
Siehe auch 'Allgemeine Einleitung' Teil B.
1.2 Begriffsbestimmung
Hautätzende Wirkung: irreversible Schädigung des Hautgewebes nach Anwendung
eines Testmaterials.
1.3 Referenzstoffe
Nicht spezifiziert, siehe jedoch Ziffern 1.5.3.4 und 1.7.2.3.
1.4 Prinzip der Testmethode - TER-Test an Rattenhaut
Die Testsubstanz wird bis zu 24 Stunden topisch auf die Epidermis von
Hautstücken aus dem Fell von Jungratten appliziert, die vorher
tierschutzgerecht getötet wurden. Hautätzende Stoffe werden dabei durch ihre
Fähigkeit, die Unversehrtheit der Hornhaut und ihrer Schutzfunktion zu
zerstören, identifiziert, und zwar, indem die Verringerung des inhärenten
transkutanen Hautwiderstands (TER) unter einen Schwellenwert (5
k>ISO_7>Ù) >ISO_1>gemessen wird (4) (5). Reizende und
nicht-reizende Stoffe bewirken keinen Rückgang des TER unter den Schwellenwert.
Bei Testung von oberflächenaktiven Stoffen und neutralen organischen Stoffen
(Begriffsbestimmung s. (6)) kann das Testverfahren durch einen
Farbbindungsschritt ergänzt werden, um die Anzahl der speziell mit diesen
Chemikalientypen erzielten falsch positiven Ergebnisse zu reduzieren (2) (7).
1.5 Beschreibung der Testmethode - TER-Test an Rattenhaut
1.5.1 Versuchstiere
Für die Herstellung der Hautstücke sind Jungratten im Alter von 20-23 Tagen (Wistar
oder vergleichbarer Stamm) erforderlich. Das Fell am Rücken und an den Flanken
wird mit einem für Kleintiere geeigneten Instrument sorgfältig geschoren. Die
Tiere werden dann mit vorsichtigen Wischbewegungen gewaschen, wobei diese
Fläche in eine Antibiotikalösung getaucht werden (die Lösung enthält z. B.
Streptomycin, Penicillin, Chloramphenicol und Amphotericin in Konzentrationen,
die ein bakterielles Wachstum verhindern). Die Tiere werden dann am dritten oder
vierten Tag nach dem ersten Waschvorgang erneut mit der Antibiotikalösung
gewaschen und innerhalb von drei Tagen verwendet (die Tiere dürfen für die
Hauptpräparationen nicht älter als 31 Tage sein).
1.5.2 Herstellung der Hautstücke
Die Versuchstiere werden tierschutzgerecht getötet. Sodann wird die Rückenhaut
jedes Tieres entfernt, und von übermäßigem Fett befreit, das von der Haut
sorgfältig abgeschält wird. Die Haut wird so über das Ende eines PTFE (Polytetrafluorethylen)-Rohres
gelegt, daß die Epidermisoberfläche auf dem Ende des Rohres aufliegt. Zur
Fixierung des Hautstücks wird ein 'O'-Ring aus Gummi straff über das Rohrende
gezogen, und überflüssiges Hautgewebe wird abgeschnitten. Die Abmessungen des
Rohrs und des 'O'-Rings sind in Abbildung 1 angegeben. Der 'O'-Ring wird sodann
mit gereinigter Naturvaseline zum Ende des PTFE-Rohrs hin gründlich
abgedichtet. Das Rohr wird durch eine Federklemme in einer Rezeptorkammer
gehalten, die Magnesiumsulfatlösung (154 mM) enthält (Abbildung 2).
1.5.3 Testverfahren
1.5.3.1 Aufbringung der Testsubstanzen
Flüssige Testsubstanzen (150 µl) werden auf die Epidermisoberfläche innerhalb
des Rohrs gebracht (Abbildung 2). Zur Testung von Feststoffen wird eine
ausreichende Menge auf das Hautstück aufgebracht, wobei darauf zu achten ist,
daß die gesamte Oberfläche der Epidermis bedeckt ist. Sodann wird
entionisiertes Wasser (150 µl) auf den Feststoff gebracht und das Rohr zur
Verteilung des Feststoffes leicht bewegt. Die Testsubstanzen sollten mit der
Haut optimal in Kontakt kommen. Bei einigen Feststoffen kann dies durch
Erwärmung bis zu 30 °C zwecks Schmelzen oder durch Zermahlen zu einem Granulat
oder Pulver erreicht werden.
Für jede Testsubstanz werden drei Hautstücke verwendet. Die Testsubstanz wird
24 Stunden lang aufgebracht (siehe auch 1.5.3.4), sodann durch Waschen unter
fließendem Wasser bei maximal 30 °C abgewaschen und vollständig entfernt. Zur
leichteren Entfernung von evt. im Rohr fest gewordenen Testsubstanzen kann ein
Wasserstrahl von ca. 30 °C eingesetzt werden.
1.5.3.2 TER-Messungen
Der TER wird mit einer Wheastonschen-Wechselstrom-Meßbrücke mit niedriger
Spannung gemessen (z. B. AIM 401 oder 6401 oder gleichwertige Meßbrücke). Vor
der Messung des elektrischen Widerstands wird die Oberflächenspannung der Haut
durch Auftrag von 70%igem Äthanol verringert, wobei die Menge ausreichen soll,
um die gesamte Epidermis zu bedecken. Nach einigen Sekunden wird das Äthanol
durch Kippen des Rohrs entfernt, und das Gewebe wird durch Hinzufügen von 3 ml
Magnesiumsulfatlösung (154 mM) befeuchtet. Zur Messung des Widerstands in
K>ISO_7>Ù/>ISO_1>Hautstück werden die Elektroden der Meßbrücke
beidseitig des Hautstücks plaziert (Abbildung 2). Die Gesamtabmessungen der
Elektroden und die Länge der Elektroden unterhalb der Abgreifklemmen sind in
Abbildung 1 angegeben. Die Abgreifklemme der inneren (dicken) Elektrode liegt
während der Widerstandsmessung oben auf dem PTFE-Rohr auf, um sicherzustellen,
daß stets eine gleichbleibende Elektrodenlänge in die Magnesiumsulfatlösung
getaucht bleibt. Die äußere (dünne) Elektrode befindet sich innerhalb der
Rezeptorkammer an deren Boden. Der Abstand zwischen dem unteren Ende der
Federklemme und dem unteren Ende des PTFE-Rohrs konstant (Abbildung 1), da
dieser Abstand den erzielten Widerstandswert beeinflußt.
Anmerkung: Wenn der gemessene Widerstandswert über 20 k>ISO_7>Ù
>ISO_1>liegt, so kann dies an einem Rest der Testsubstanz liegen, der die
Epidermisoberfläche des Hautstücks bedeckt. Zur Entfernung dieser Schicht kann
versucht werden, das mit einem durch Gummihandschuh geschützten Daumen
verschlossene PTFE-Rohr ca. 10 Sekunden zu schütteln. Die
Magnesiumsulfatlösung wird dann verworfen, und die Widerstandsmessung wird mit
frischem Magesiumsulfat wiederholt.
Die TER-Ergebnisse (Mittelwerte) einer Testsubstanz werden nur angenommen,
sofern die Ergebnisse der gleichzeitig getesteten Positivkontrollen und
Negativkontrollen innerhalb definierter Akzeptanzgrenzen liegen. Für die
beschriebene Methodik und Versuchsanordnung werden folgende Kontrollsubstanzen
und dazugehörige TER-Akzeptanzbereiche vorgeschlagen:
>PLATZ FÜR EINE TABELLE>
1.5.3.3 Testvariante für oberflächenaktive Stoffe und neutrale organische
Stoffe
Wenn die TER-Werte bei oberflächenaktiven oder neutralen organischen
Testsubstanzen 5 k>ISO_7>Ù >ISO_1>oder weniger betragen, kann eine
Beurteilung der Penetration eines Farbstoffes an den Geweben durchgeführt
werden. Dieses Verfahren zeigt an, ob die Ergebnisse falsch positiv sind (2).
1.5.3.3.1 Anwendung und Entfernung von Sulforhodamine B-Farbstoff
Nach der Applikation der Testsubstanz zur Bestimmung des TER werden 150 µl
Sulforhodamin B-Farbstoff in 10%iger (w/v) Verdünnung in destilliertem Wasser
für zwei Stunden topisch auf jedes Hautstück aufgebracht. Die Hautstücke
werden sodann unter fließendem Wasser von höchstens Raumtemperatur etwa 10
Sekunden lang mit einem Wasserstrahl gewaschen, um überschüssige/ungebundene
Farbe zu entfernen. Jedes Hautstück wird sorgfältig vom PTFE-Rohr entfernt und
in ein geeignetes verschließbares Gefäß (z. B. ein
20-ml-Scintillationsfläschchen) mit entionisiertem Wasser (8 ml) gebracht. Die
Fläschchen werden 5 Minuten lang vorsichtig geschüttelt, um
überschüssige/ungebundene Farbe zu entfernen. Nach Wiederholung des
Spülvorgangs werden die Hautstücke in Fläschchen mit 5 ml 30%igem (w/v)
Natriumdiodecylsufat (SDS) in destilliertem Wasser überführt und über Nacht
bei 60 °C im Brutschrank aufbewahrt. Nach der Inkubation wird jedes Hautstück
entfernt und verworfen, und die verbleibende Lösung wird 8 Minuten lang bei 21
°C zentrifugiert (relative Zentrifugalkraft [sim ] 175). Eine 1-ml-Probe des
oberflächenaktiven Stoffs wird sodann 1:5 (v/v) [d. h. 1 ml + 4 ml] mit 30%iger
(w/v) SDS-Lösung in destilliertem Waser verdünnt. Die optische Dichte (OD) der
Lösung wird bei ca. 565 nm gemessen.
1.5.3.3.2 Berechnung des Farbgehalts
Der Gehalt an Sulforhodamin B-Farbstoff je Hautstück wird mittels der OD-Werte
berechnet (molarer Extintionskoeffizient von Sulforhodamin B bei 565 nm = 8,7 ×
104, Molekulargewicht = 580). Der Gehalt an Sulforhodamin B wird für jedes der
drei Hautstücke bestimmt und dann der Mittelwert berechnet. Die erhaltenen
Mittelwerte der Farbbindung einer Testsubstanz werden nur angenommen, sofern die
Ergebnisse der gleichzeitig getesteten Kontrollen innerhalb definierter
Akzeptanzgrenzen liegen. Für die beschriebene Methodik und Versuchsanordnung
werden folgende Akzeptanzbereiche vorgeschlagen:
>PLATZ FÜR EINE TABELLE>
1.5.3.4 Zusatzinformation
Testsubstanzen können auf die Hautstücke auch für kürzere Zeiträume (z. B.
2 Stunden) aufgebracht werden, um Materialien zu identifizieren, die hochgradig
ätzend sind. In der Validierungsstudie zeigte sich jedoch, daß der TER-Test
das ätzende Potential mehrerer Testchemikalien nach zweistündiger Einwirkung
auf die Hautstücke (2) überbewertet, wenngleich er eine korrekte
Identifizierung ätzender und nicht ätzender Stoffe nach 24stündiger
Einwirkung gestattet.
Die Eigenschaften und Abmessungen der Versuchsanlage und die angewandte
Testmethode können die TER-Werte beeinflussen. Der Schwellenwert von 5
k>ISO_7>Ù >ISO_1>zur Vorhersage hautätzender Eigenschaften eines
Stoffes wurde aufgrund von Daten ermittelt, die mit den hier beschriebenen
spezifischen Geräten und Verfahren erzielt wurden. Im Falle einer signifikanten
Änderung der Testbedingungen können andere Schwellen- und Kontrollwerte
gelten. In diesem Fall empfiehlt es sich, die Methodik und die
Widerstandsschwellenwerte durch Austestung einer Reihe von Referenzstandards zu
kalibrieren, die aus den in der Validierungsstudie (3) verwendeten Chemikalien
auszuwählen sind.
1.6 Prinzip der Testmethode - Test mit menschlichem Hautmodell
Die Testsubstanz wird bis zu 4 Stunden topisch auf ein dreidimensionales Modell
menschlicher Haut aufgebracht, das eine rekonstruierte Epidermis mit
funktionaler Hornhaut besitzt. Ätzende Materialien werden aufgrund ihrer
Fähigkeit identifiziert, eine Abnahme der Viabilität (Lebensfähigkeit) der
Zellen (dies kann beispielsweise durch Anwendung des MTT-Reduktionstests
festgestellt werden) unter festgelegte Schwellenwerte bei einer spezifischen
Expositionsdauer zu bewirken. Dieses Testprinzip basiert auf der Hypothese, daß
ätzende Chemikalien in der Lage sind, (durch Diffusion oder Erosion) die
Hornhaut zu durchdringen und darüber hinaus ausreichend zytotoxisch sind, um in
den darunterliegenden Zellschichten das Absterben von Zellen zu bewirken.
1.7 Beschreibung der Testmethode - Test mit menschlichem Hautmodell
1.7.1 Modelle menschlicher Haut
Modelle rekonstruierter menschlicher Haut können aus unterschiedlichen Quellen
stammen, müssen jedoch bestimmten Kriterien genügen. Das Modell muß eine
funktionale Hornhaut mit einer darunter liegenden Schicht lebender Zellen
aufweisen. Die Barrierefunktion der Hornhaut muß angemessen sein. Dies kann
durch Nachweis der Widerstandsfähigkeit des Modells gegenüber Substanzen
aufgezeigt werden, von denen bekannt ist, daß sie Zellen gegenüber toxisch
sind, jedoch normalerweise die Hornhaut nicht durchdringen. Bei Einhaltung
definierter Versuchsbedingungen muß das Modell nachweislich reproduzierbare
Ergebnisse erbringen.
Die Viabilität der vitalen Zellen des Hautmodells muß hinreichend groß sein,
um gut zwischen Positivkontrollen und Negativkontrollen unterscheiden zu
können. Die Viabilität der Zellen (z. B. bestimmt durch MTT-Reduktion und
gemessen als OD-Wert) nach Exposition mit der Negativkontrolle muß innerhalb
der für das jeweilige Modell definierten Akzeptanzgrenzen liegen. Ebenso
müssen die Viabilitätswerte nach Exposition mit der Positivkontrolle
(ausgedrückt in % der Viabilität der Negativkontrolle) innerhalb der
definierten Akzeptanzgrenzen liegen. Es ist unbedingt erforderlich, daß das
eingesetzte Modell zur Vorhersage hautätzender Eigenschaften (Prädiktionsmodell)
internationalen Validierungsstandards entspricht (2).
1.7.2 Testverfahren
1.7.2.1 Anwendung der Testsubstanzen
Bei flüssigen Materialien muß genügend Testsubstanz appliziert werden, damit
die Hautoberfläche ganz bedeckt ist (mindestes 25 µl/cm2). Bei der Prüfung
von Feststoffen muß soviel Testsubstanz aufgebracht werden, daß die Haut ganz
bedeckt ist. Diese sind dann anzufeuchten, damit ein guter Kontakt mit der Haut
gewährleistet ist. Falls erforderlich sollten Feststoffe vor der Anwendung zu
Pulver zermahlen werden. Die Methodik der Applikation muß nachweislich auf ein
breites Spektrum unterschiedlicher Chemikalientypen (2) anwendbar sein. Zum Ende
der Expositionszeit muß das Testmaterial sorgfältig mit einer gepufferten
isotonischen Salzlösung von der Hautoberfläche abgewaschen werden.
1.7.2.2 Messung der Zellviabilität
Jede validierte quantitative Methode kann zur Messung der Zellviabilität
angewendet werden. Die am häufigsten angewandte Methode ist die MTT-Reduktion,
die nachweislich in verschiedenen Laboratorien genaue und reproduzierbare
Ergebnisse erbracht hat (2). Das Hautstück wird 3 Stunden lang in eine
MTT-Lösung von 0,3 mg/ml bei 20-28 °C gelegt. Der blaue Formazan-Niederschlag
wird sodann extrahiert (Lösemittelextraktion), und die Formazankonzentration
wird durch Bestimmung des OD-Werts bei einer Wellenlänge zwischen 545 und 595
nm gemessen.
1.7.2.3 Zusatzinformation
Das verwendete Hautmodell und das genaue Protokoll der Expositionszeit, der
Waschverfahren usw. haben einen großen Einfluß auf die erzielten Ergebnisse
der Zellviabilität. Es wird daher empfohlen, Methodik und Modell zur Vorhersage
hautätzender Eigenschaften durch Austestung einer Reihe von Referenzstandards
zu kalibrieren, die aus den in der ECVAM-Validierungsstudie (3) verwendeten
Chemikalien auszuwählen sind. Es ist von entscheidender Bedeutung, daß sich
die angewandte Methodik nachweislich reproduzierbar zeigt, d. h. für ein
breites Spektrum von Chemikalien sowohl innerhalb eines Laboratoriums, als auch
zwischen verschiedenen Laboratorien im Einklang mit internationalen Standards
vergleichbare Ergebnisse liefert. Die Methode sollte mindestens den bereits
publizierten Kriterien für die wissenschaftliche Validität (2) entsprechen,
und die Ergebnisse einer solchen Validierungsstudie müssen in einer unabhängig
referierten wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht werden.
2 DATEN
2.1 Darlegung der Ergebnisse
2.1.1 TER-Test an Rattenhaut
Die Widerstandswerte (k>ISO_7>Ù) >ISO_1>für die Testsubstanz,
Positivkontrolle, Negativkontrolle sowie alle Standard-Referenzchemikalien,
einschließlich der Einzeldaten von Mehrfachbestimmungen und Wiederholungstests,
der Mittelwerte und der davon abgeleiteten Klassifizierung, sollten in
Tabellenform aufgeführt werden.
2.1.2 Test mit menschlichem Hautmodell
Die OD-Werte und die relativen Werte der Zellviabilität für die Testsubstanz,
die Positivkontrolle und die Negativkontrolle sowie für alle
Standard-Referenzchemikalien, einschließlich der Einzeldaten von
Mehrfachbestimmungen und Wiederholungstests, der Mittelwerte und der davon
abgeleiteten Klassifizierung, sollten in Tabellenform aufgeführt werden.
2.2 Bewertung und Interpretation der Ergebnisse
2.2.1 TER-Test an Rattenhaut
Wenn der für die Testsubstanz erzielte mittlere TER-Wert über 5
k>ISO_7>Ù >ISO_1>liegt, ist die Substanz nicht ätzend. Beträgt
der TER-Wert jedoch 5 k>ISO_7>Ù >ISO_1>oder weniger, und handelt es
sich bei der Testsubstanz nicht um einen oberflächenaktiven oder einen
neutralen organischen Stoff, so ist die Testsubstanz ätzend.
Bei oberflächenaktiven oder neutralen organischen Stoffen, die TER-Werte von
über 5 k>ISO_7>Ù >ISO_1>oder weniger ergeben, kann ein Test auf
Farbstoffpenetration durchgeführt werden. Ist der mittlere Farbgehalt des
Hautstücks gleich groß oder größer als der gleichzeitig bestimmte mittlere
Farbgehalt des Hautstücks der 36%igen HCl-Positiv-Kontrolle, so ist die
Testsubstanz falsch positiv und daher nicht ätzend.
2.2.2 Test mit menschlichem Hautmodell
Der gemessene OD-Wert der Negativkontrolle wird mit einer 100%igen
Zellviabilität gleichgesetzt. Folglich können die für jede Testprobe
erzielten OD-Werte zur Berechnung einer prozentualen Zellviabilität im
Vergleich zur Negativkontrolle herangezogen werden. Der Schwellenwert der
prozentualen Zellviabilität, der zur Unterscheidung zwischen ätzenden und
nicht ätzenden Testsubstanzen verwendet wird (oder die Schwellenwerte zur
Differenzierung des ätzenden Potentials in weitere Unterklassen), müssen in
einem Prädiktionsmodell vor der Validierung der Methode klar definiert sein,
und die anschließende Validierungsstudie muß die Richtigkeit dieser Werte
bestätigen (2).
3 BERICHTERSTATTUNG
Test-Bericht
Der Prüfbericht muß mindestens folgende Informationen enthalten:
Testsubstanz:
- Kenndaten, physikalische Eigenschaften und gegebenenfalls
physikalisch-chemische Eigenschaften. Ähnliche Informationen sollten für
Referenzsubstanzen vorgelegt werden, sofern sie verwendet werden.
Testbedingungen:
- Einzelheiten der angewandten Testmethode;
- Beschreibung und Begründung jeglicher Änderungen.
Ergebnisse:
- Tabellarische Anordnung der Widerstandswerte (TER-Test) oder der prozentualen
Zellviabilität (Test mit menschlichem Hautmodell) für die Testsubstanz, die
Positivkontrollen und Negativkontrollen sowie für alle
Standard-Referenzchemikalien, einschließlich der Einzeldaten von
Mehrfachbestimmungen und Wiederholungsversuchen sowie deren Mittelwerte;
- Beschreibung aller sonstigen beobachteten Wirkungen.
Diskussion der Ergebnisse.
Schlußfolgerungen.
4 LITERATUR
(1) ECVAM (1998), ECVAM News & Views, ATLA 26, S. 275-280.
(2) Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl,
L.K., Esdaile, D.J., Holzhutter, H-G. & Liebsch, M. (1998), The ECVAM
international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2.
Results and evaluation by the Management Team, Toxicology in Vitro 12, S.
483-524.
(3) Barratt, M.D., Brantom, P.G., Fentem, J.H., Gerner, I., Walker, A.P. &
Worth, A.P. (1998), The ECVAM international validation study on in vitro tests
for skin corrosivity. 1. Selection and distribution of the test chemicals,
Toxicology in Vitro 12, S. 471-482.
(4) Oliver, G.J.A., Pemberton, M.A. & Rhodes, C. (1986), An in vitro skin
corrosivity test - modifications and validation, Food & Chemical Toxicology
24, S. 507-512.
(5) Botham, P.A., Hall, T.J., Dennett, R., McCall, J.C., Basketter, D.A.,
Whittle, E., Cheeseman, M., Esdaile, D.J. & Gardner, J. (1992), The skin
corrosivity test in vitro: results of an interlaboratory trial, Toxicology in
Vitro 6, S. 191-194.
(6) Worth, A.P., Fentem, J.H., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K.,
Esdaile, D.J. & Liebsch, M. (1998), An evaluation of the proposed OECD
testing strategy for skin corrosion, ATLA 26, S. 709-720.
(7) Botham, P.A., Chamberlain, M., Barratt, M.D., Curren, R.D., Esdaile, D.J.,
Gardner, J.R., Gordon, V.C., Hildebrand, B., Lewis, R.W., Liebsch, M., Logemann,
P., Osborne, R., Ponec, M., Regnier, J.F., Steiling, W., Walker, A.P. &
Balls, M. (1995), A prevalidation study on in vitro skin corrosivity testing.
The report and recommendations of ECVAM workshop 6, ATLA 23, S. 219-255.
Abbildung 1
>PIC FILE= "L_2000136DE.009601.TIF">
Abbildung 2
>PIC FILE= "L_2000136DE.009701.TIF">"
ANHANG II
"B.41. PHOTOTOXIZITÄT - IN-VITRO-3T3-NRU-PHOTOTOXIZITÄTSTEST
1 METHODE
1.1 Einleitung
Phototoxizität wird als toxische Reaktion definiert, die nach der ersten
Exposition der Haut mit bestimmten Chemikalien bei nachfolgender Lichtexposition
entsteht oder auf ähnliche Weise durch Bestrahlung der Haut nach systemischer
Verabreichung eines chemischen Stoffes induziert wird.
Die aus dem In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest gewonnenen Informationen
dienen der Erfassung des phototoxischen Potentials einer Testsubstanz, d. h. des
Vorhandenseins bzw. Nicht-Vorhandenseins möglicher Gefahren durch eine
Testsubstanz in Verbindung mit einer Exposition mit UV- und sichtbarem Licht.
Da der toxikologische Endpunkt des In-vitro-Tests die Bestimmung der durch die
kombinierte Wirkung eines chemischen Stoffs und von Licht induzierten
Photozytotoxizität ist, können sowohl Verbindungen, die nach systemischer
Verabreichung und Aufbringung auf die Haut in vivo phototoxisch sind, als auch
Verbindungen, die nach topischer Anwendung auf der Haut phototoxische Wirkung
(Photoirritation) zeigen, durch den Test erfaßt werden.
Der In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest wurde im Zeitraum 1992-1997 (1) (2)
(3) in einem gemeinsamen EU/COLIPA-Projekt entwickelt und validiert, um eine
valide In-vitro-Alternative zu den verschiedenen gebräuchlichen In-vivo-Tests
zu etablieren. 1996 empfahl ein OECD-Workshop ein In-vitro-Stufen-Testkonzept
für die Beurteilung der Phototoxizität (4).
Die Ergebnisse des In-vitro-3T3-NR-Phototoxizitätstests wurden mit akuten
Phototoxizitäts-/Photoirritationswirkungen in vivo bei Tieren und Menschen
verglichen, und es zeigte sich, daß der Test in bezug auf diese Wirkungen
ausgezeichnete Vorhersagen macht. Der Test ist nicht dazu bestimmt, sonstige
negative Wirkungen vorherzusagen, die sich aus der kombinierten Wirkung von
Licht und einem chemischen Stoff ergeben können, wie Photogenotoxizität,
Photoallergie und Photokarzinogenität, wenngleich viele chemische Stoffe, die
diese spezifischen Eigenschaften aufweisen, in dem
In-vitro-3T3NRU-Phototoxizitätstest positiv reagieren werden. Ftmer ist der
Test nicht für die Beurteilung der phototoxischen Potenz bestimmt.
Eine sequentielle Prüfstrategie zur Phototoxizitätstestung mit Chemikalien ist
in Anlage 1 enthalten.
1.2 Begriffsbestimmungen
Bestrahlungsstärke: die Intensität des auf eine Oberfläche auftreffenden
ultravioletten (UV) oder sichtbaren Lichts, gemessen in W/m2 oder mW/cm2.
Lichtdosis: die Menge (= Intensität × Zeit) der auf eine Oberfläche
auftreffenden ultravioletten (UV) oder sichtbaren Strahlung, ausgedrückt in
Joules (= W × s) je Oberflächenbereich, z. B. J/m2 ider J/cm2.
UV Licht, Bandbreiten: Die von der Internationalen Beleuchtungskommission (CIE)
empfohlenen Bezeichnungen sind: UVA (315-400 nm), UVB (280-315 nm) und UVC
(100-280 nm). Andere Bezeichnungen werden ebenfalls verwendet: die Trennung
zwischen UVB und UVA erfolgt oft bei 320 nm; UVA kann in UV-A1 und UV-A2
unterteilt werden, wobei die Trennung bei ca. 340 nm liegt.
Zell-Viabilität: Parameter zur Messung der Gesamtaktivität einer
Zellpopulation (z. B. Aufnahme des Vitalfarbstoffs 'Neutralrot' in
Zell-Lysosomen), die je nach dem gemessenen Endpunkt und der angewandten
Versuchsauslegung mit der Gesamtzahl und/oder der Vitalität der Zellen
korreliert.
Relative Zell-Viabilität: ausgedrückt in Relation zu Negativkontrollen
(Lösemittel), die das gesamte Testverfahren (entweder + UV oder - UV)
durchlaufen, jedoch nicht mit einer Testchemikalie behandelt wurden.
Prädiktionsmodell: Ein zur Umwandlung der Ergebnisse eines Toxizitätstests in
eine Vorhersage des toxischen Potentials angewandter Algorythmus. Im
vorliegenden Test können PIF und MPE für die Umwandlung der Ergebnisse des
In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstests in eine Vorhersage des phototoxischen
Potentials verwendet werden.
PIF (Photoirritationsfaktor): ein Faktor, der durch Vergleich von zwei gleich
wirksamen zytotoxischen Konzentrationen (EC50) der chemischen Testsubstanz in
Abwesenheit (- UV) und in Anwesenheit (+ UV) nicht-zytotoxischer Strahlung mit
UVA/vis-Licht erlangt wird.
MPE (Mean Photo Effect): eine neuartige Meßgröße, die von einer
mathematischen Analyse der kompletten Form von zwei
Konzentrations-Wirkungskurven hergeleitet wurde, die in Abwesenheit (- UV) und
in Anwesenheit (+ UV) nicht-zytotoxischer Strahlung mit UVA/vis-Licht erzielt
wurden.
Phototoxizität: eine akute toxische Reaktion, die nach der ersten Exposition
der Haut mit bestimmten chemischen Stoffen bei anschließender Lichtexposition
entsteht oder die auf ähnliche Weise durch Bestrahlung der Haut nach
systemischer Verabreichung eines chemischen Stoffs induziert wird.
Photoirritation: ein Unterbegriff von 'Phototoxizität', der verwendet wird, um
nur jene phototoxischen Reaktionen zu beschreiben, die auf der Haut nach
Exposition mit chemischen Stoffen (topische oder orale Verabreichung) auftreten.
Diese phototoxischen Reaktionen führen stets zu nicht-spezifischen Zellschäden
(sonnenbrandähnliche Reaktionen).
Photoallergie: eine erworbene immunologische Reaktion, die nicht bei der ersten
Behandlung mit chemischen Stoffen und Licht auftritt und eine Induktionszeit von
einer oder zwei Wochen benötigt, bevor eine Hautreaktion nachgewiesen werden
kann.
Photogenotoxizität: eine bei einem genetischen Endpunkt beobachtete
genotoxische Reaktion, die nach der Exposition von Zellen mit einer
nicht-genotoxischen Dosis von UV/sichtbarem Licht und einem nichtgenotoxischen
chemischen Stoff auftritt.
Photokarzinogenität: durch wiederholte Anwendung von Licht und chemischen
Stoffen induzierte Karzinogenität. Der Begriff 'Photo-Co-Karzinogenese' wird
verwendet, wenn UV-induzierte Tumorigenese durch einen chemischen Stoff
verstärkt wird.
1.3 Referenzsubstanzen
Abgesehen von der Positivkontroll-Chemikalie Chlorpromazin, die in jedem Test
gleichzeitig mitgetestet werden sollte, wird für die Neuetablierung des
3T3-NRU-Phototoxizitätstests empfohlen, als Referenzchemikalien einige
Vertreter der bei diesem Test in den Ringversuchen benutzten Chemikalien zu
verwenden (1) (3) (13).
1.4 Vorbemerkungen
Bei vielen Klassen von Chemikalien wurde festgestellt, daß sie phototoxische
Wirkungen induzieren (5) (6) (7) (8). Ihr einziges gemeinsames Merkmal ist ihre
Fähigkeit, Lichtenergie im Sonnenlichtbereich zu absorbieren. Gemäß dem
ersten photochemischen Gesetz (dem Grotthaus-Draperschen Gesetz), erfordert die
Photoreaktion ausreichende Lichtquantenabsorption. Folglich sollte, bevor eine
biologische Testung gemäß der vorliegenden Prüfrichtlinie in Betracht gezogen
wird, ein UV/vis-Absorptionsspektrum der Testchemikalie bestimmt werden (z. B.
gemäß der OECD-Test Guideline 101). Sofern der molare Extinktions-/Absorptionskoeffizient
unter 10 Liter × mol-1 × cm-1 liegt, besitzt der chemische Stoff kein
photoreaktives Potential und braucht nicht im
In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest oder einem anderen biologischen Test auf
schädliche photochemische Wirkungen (Anlage 1) getestet zu werden.
1.5 Prinzip der Testmethode
Vier Mechanismen wurden identifiziert, durch die Lichtabsorption mittels eines
(chemischen) Chromophors zu einer phototoxischen Reaktion führen kann (7). Sie
alle haben Zellschädigung zur Folge. Daher basiert der
In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest auf einem Vergleich der Zytotoxizität
eines chemischen Stoffs, die er mit Exposition und ohne Exposition einer
nicht-zytotoxischen Dosis UVA/vis-Licht aufweist. Zytotoxizität in diesem Test
wird ausgedrückt als konzentrationsabhängige Reduzierung der Aufnahme des
Vitalfarbstoffs Neutralrot (NR, (9)) 24 Stunden nach der Bestrahlung und
Behandlung mit der Testchemikalie.
Balb/c-3T3-Zellen werden zwecks Bildung eines Monolagers 24 Stunden kultiviert.
Zwei '96-well'-Platten je Testchemikalie werden sodann mit acht verschiedenen
Konzentrationen der Chemikalie eine Stunde lang vorinkubiert. Daraufhin wird
eine der zwei Platten mit einer nicht-toxischen UVA/vis-Lichtdosis von 5 J/cm2
UVA (+ UV-Versuch) bestrahlt, während die andere Platte im Dunkeln aufbewahrt
wird (- UV-Versuch). In beiden Platten wird dann das Behandlungsmedium durch ein
Kulturmedium ersetzt, und nach weiteren 24 Stunden Inkubation wird die
Zellviabilität durch Neutralrot-Aufnahme ('Neutral Red Uptake', NRU) drei
Stunden lang bestimmt. Die relative Zellviabilität, ausgedrückt als
Prozentsatz unbehandelter Negativkontrollen, wird für jede der acht
Testkonzentrationen berechnet. Um das phototoxische Potential vorherzusagen,
wird in der Regel der EC50-Wert (d. h. die Konzentration, die die
Zellviabilität gegenüber unbehandelten Kontrollen um 50 % vermindert) der, mit
(+ UV) und ohne (- UV) Strahlung erzielten Konzentrations-Wirkungskurve
verglichen.
1.6 Qualitätskriterien
UVA-Sensitivität der Zellen, historische Daten: Die Zellen sollten regelmäßig
auf ihre Empfindlichkeit gegenüber UVA geprüft werdet. Die Zellen werden in
der im In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest angewandten Dichte ausgesät, am
darauffolgenden Tag mit UVA-Dosen von 1-9 J/cm2 bestrahlt, und die
Zell-Viabilität wird einen Tag später im NRU-Test bestimmt. Die Zellen
entsprechen den Qualitätskriterien, sofern ihre Viabilität nach Bestrahlung
mit 5 J/cm2 UVA nicht weniger als 80 % der Viabilität der Dunkelkontrollen
beträgt. Bei der höchsten UVA-Dosis von 9 J/cm2 sollte die Viabilität nicht
weniger als 50 % der Dunkelkontrollen betragen. Diese Prüfung sollte ca. bei
jeder zehnten Passage der Zellen wiederholt werden.
UVA-Sensitivität der Negativkontroll-Zellen, im einzelnen Test: Der Test
entspricht den Qualitätskriterien, wenn Negativkontrollen (Zellen in EBSS (Earl's
Balanced Salt Solution)) mit oder ohne 1 % Dimethylsulfid (DMSO) oder 1 %
Ethanol (EtOH)) in dem + UVA-Versuch eine Viabilität von weniger als 80 % der
Viabilität nicht-bestrahlter Zellen in demselben Lösemittel des gleichzeitig
durchgeführten Dunkelversuchs (- UVA) aufzeigen.
Viabilität von Negativkontrollen: Die absolute optische Dichte (OD540 NRU),
gemessen im NR-Extrakt der Negativkontrollen zeigt, ob die 1 × 104 Zellen die
je 'well' ausgesät wurden, bei normaler Verdopplungszeit während der zwei Tage
des Tests gut gewachsen sind. Ein Test entspricht den Akzeptanzkriterien, wenn
die mittlere OD540 NRU unbehandelter Kontrollen > = 0,2 beträgt.
Positivkontrolle: Ein bekannter phototoxischer chemischer Stoff soll
gleichzeitig mit jedem In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest getestet werden.
Chlorpromazin (CPZ) wurde als Positivkontrolle in der EU/COLIPA-Validierungsstudie
verwendet und wird daher empfohlen. Für mit dem Standardprotokoll im
In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest getestetes CPZ wurden folgende
Test-Akzeptanzkriterien festgelegt: bestrahltes CPZ (+ UVA): EC50 = 0,1 bis 2,0
µg/ml, nicht-bestrahltes CPZ (- UVA): EC50 = 7,0 bis 90,0 µg/ml. Der
Photoirritationsfaktor (PIF), d. h. die Verschiebung der EC50 sollte mindestens
6 betragen.
Andere bekannte, für die Chemikalienklasse oder Löslichkeitsmerkmale der
bewerteten Testchemikalie geeignete phototoxische Chemikalien, können an Stelle
von CPZ als gleichzeitige Positivkontrollen verwendet werden. In diesem Fall
sollten die Bereiche der EC50-Werte sowie PIF oder MPE auf der Grundlage von
historischen Daten in angemessener Form als Akzeptanzkriterien für den Test
festgelegt
1.7 Beschreibung der Testmethode
1.7.1 Zubereitungen
1.7.1.1 Zellen
Eine permanente Mäuse-Fibroblastenzellinie - Balb/c 3T3, Klon 31 - entweder von
ATCC oder ECACC - wurde in der Validierungsstudie verwendet und wird daher
empfohlen. Andere Zellen oder Zellinien können erfolgreich mit demselben
Testprotokoll verwendet werden, wenn die Kulturbedingungen den spezifischen
Bedürfnissen der Zellen angepaßt werden, jedoch muß die gleichwertige Eignung
der Zellen nachgewiesen werden.
Zellen sollten regelmäßig auf die Abwesenheit von Mykoplasma-Kontamination hin
geprüft und nur verwendet werden, sofern die Ergebnisse solcher Prüfungen
zufriedenstellend sind.
Da die UVA-Sensitivität von Zellen mit der erreichbaren Passagenzahl zunehmen
kann, sollten Balb/c 3T3-Zellen der niedrigsten Passagenzahl, vorzugsweise
weniger als 100, verwendet werden. Es ist wichtig, daB die UVA-Sensitivität der
Balb/c-3T3-Zellen regelmäßig entsprechend dem in der vorliegenden
Prüfrichtlinie beschriebenen Qualitätskontrollverfahren geprüft wird.
1.7.1.2 Medien und Kulturbedingungen
Für Routine-Zellpassagen und während des Testverfahrens sollten geeignete
Kulturmedien und Inkubationsbedingungen angewendet werden. Für Balb/c-3T3-Zellen
sind dies DMEM mit einem Zusatz von 10 % Serum neugeborener Kälber, 4 mM
Glutamin, Penicillin und Streptomycin sowie Feuchtinkubation bei 37 °C/7,5 %
CO2. Es ist dabei besonders wichtig, daß die Zell-Kulturbedingungen eine
Zellzyklus-Zeit innerhalb des normalen historischen Bereichs der verwendeten
Zellen oder Zellinien sicherstellen.
1.7.1.3 Zubereitung von Kulturen
Zellen aus der Tiefkühllagerung werden in einem Kulturmedium in angemessener
Dichte ausgesät und mindestens einmal vor ihrer Verwendung im
In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest passagiert.
Für den Phototoxizitätstest werden Zellen in einem Kulturmedium in einer
Dichte ausgesät, die sicherstellt, daß die Kulturen zum Ende des Tests, d. h.
wenn die Zellviabilität 48 Stunden nach dem Aussäen der Zellen bestimmt wird,
ihre maximale Dichte (Konfluenz) noch nicht erreicht haben. Für Balb/c-3T3-Zellen,
die in '96-well'-Platten kultiviert werden, beträgt die empfohlene Zelldichte 1
× 104 Zellen je 'well'.
Für jede Testchemikalie werden Zellen identisch in zwei separate
'96-well'-Platten gesät, die sodann gleichzeitig während des gesamten
Testverfahrens unter identischen Kulturbedingungen behandelt werden, abgesehen
von dem Zeitraum, in dem eine der Platten (+ UVA/vis) bestrahlt und die andere
im Dunkeln (- UVA/vis) aufbewahrt wird.
1.7.1.4 Stoffwechselaktivierung
Während die Verwendung metabolisierender Systeme eine allgemeine Voraussetzung
für alle In-vitro-Tests für die Vorhersage von genotoxischem und karzinogenem
Potential ist, ist bisher im Falle der Phototoxikologie kein chemischer Stoff
bekannt, für den eine metabolische Umwandlung erforderlich ist, um in vivo oder
in vitro phototoxische Wirkung zu zeigen. Somit wird es weder als notwendig noch
als wissenschaftlich gerechtfertigt erachtet, daß dieser Test mit einem
Stoffwechselaktivierungssystem durchgeführt wird.
1.7.1.5 Testsubstanz/Zubereitung
Testchemikalien müssen unmittelbar vor ihrer Verwendung frisch zubereitet
werden, es sei denn, Haltbarkeitsdaten rechtfertigen eine Lagerung der
Präparation. Eine Zubereitung unter Rotlicht kann erforderlich sein, wenn mit
einer raschen Photodegradation zu rechnen ist.
Die Testchemikalien sollten in einer gepufferten Salzlösung, z. B. EBSS oder
PBS (phosphatgepufferte Salzlösung), gelöst werden, die, um Interferenzen
während der Bestrahlung zu vermeiden, frei sein muß von Proteinbestandteilen
und lichtabsorbierenden pH-Indikationsfarben.
Testchemikalien mit eingeschränkter Wasserlöslichkeit sollten in geeigneten
Lösemitteln in einem Hundertfachen der gewünschten Endkonzentration gelöst
und dann 1:100 mit der gepufferten Salzlösung verdünnt werden. Wenn ein
Lösemittel verwendet wird, muß es mit einem konstanten Volumen von 1 % (v/v)
in allen Kulturen anwesend sein, d. h. sowohl in den Negativkontrollen als auch
in allen Konzentrationen der Testchemikalie.
Dimethylsulphoxid (DMSO) und Ethanol (EtOH) sind die empfohlenen Lösemittel.
Andere Lösemittel von geringer Zytotoxizität (z. B. Aceton) können angemessen
sein, doch sollten sie sorgfältig auf spezifische Eigenschaften, wie Reaktion
mit der Testchemikalie, Auslöschen der phototoxischen Wirkung, Einfangen von
Radikalen, geprüft werden.
Wirbelmischung (Vortex) und/oder Anwendung von Ultraschall und/oder Erwärmung
auf 37 °C können, sofern erforderlich, verwendet werden, um die Löslichkeit
zu fördern.
1.7.1.6 UV-Bestrahlung
Lichtquelle: Die Wahl der geeigneten Lichtquelle und geeigneter Filter ist der
kritischste Faktor bei der Phototoxizitätstestung. Für Photosensibilisierung
sind in der Regel UVA und sichtbare Bereiche verantwortlich (7) (10), während
UVB weniger relevant und selbst hochgradig zytotoxisch ist, da es seine
Zytotoxizität um ein Tausendfaches zwischen 313 und 280 nm erhöht (11).
Kriterien für die Wahl einer geeigneten Lichtquelle sollten die wesentliche
Voraussetzung haben, daß die Lichtquelle Wellenlängen aussendet, die von der
chemischen Testsubstanz absorbiert werden und daß die (in einer akzeptablen
Zeit erreichbare) Lichtdosis für den Nachweis bekannter Photosensibilisatoren
ausreicht Darüber hinaus sollten die jeweils verwendeten Wellenlängen und
Dosen, einschließlich der Wärmeemission (lnfrarotbereich), für das Testsystem
nicht unnötig schädlich sein.
Die Simulierung von Sonnenlicht mit Solarsimulatoren wird als optimale
Lichtquelle betrachtet. Sowohl Xenon-Lichtbogenlampen als auch (dotierte)
Quecksilber-Metallhalogenid-Lichtbogenlampen werden in Solarsimulatoren
verwendet. Letztere haben den Vorteil, daß sie weniger Wärme emittieren und
preiswerter sind, doch ist die Übereinstimmung mit dem Sonnenlicht nicht
perfekt. Da alle Solarsimulatoren signifikante Mengen UVB aussenden, sollten sie
angemessen gefiltert sein, um die hoch zytotoxischen UVB-Wellenlängen zu
mindern.
Für den In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest sollte ein Strahlungsspektrum
verwendet werden, das praktisch frei von UVB ist (UVA:UVB [sim ] 1:20). Die
spektrale Energieverteilung des in der Validierungsstudie zum
In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest verwendeten gefilterten Solarsimulators
wurde als Beispiel veröffentlicht (3).
Dosimetrie: Die Lichtintensität (Bestrahlungsstärke) sollte regelmäßig vor
jedem Phototoxizitätstest unter Verwendung eines geeigneten Breitband-UV-Meters
geprüft werden. Das UV-Meter muß für die Lichtquelle kalibriert sein. Die
Leistungsfähigkeit des UV-Meters ist sicherzustellen. Zu diesem Zweck wird die
Verwendung eines zweiten Referenz-UV-Meters des gleichen Typs und dergleichen
Kalibrierung empfohlen. Im Idealfall sollte in größeren Abständen ein
Spektroradiometer zur Messung der spektralen Energieverteilung der gefilterten
Lichtquelle und zur Prüfung der Kalibrierung des Breitband-UV-Meters verwendet
werden, doch erfordern solche Instrumente fachkundige Bedienung durch
entsprechend geschultes Personal.
Eine Dosis von 5 J/cm2 (UVA) wurde in der Validierungsstudie als
nicht-zytotoxisch gegenüber Balb/c-3T3-Zellen und als ausreichend stark
ermittelt, um selbst schwach phototoxische Chemikalien zu erkennen. Um innerhalb
von 50 Minuten 5 J/cm2 zu erreichen, muß die Bestrahlungsstärke auf 1666
mW/cm2 eingestellt werden. Wenn eine andere Zellinie oder eine unterschiedliche
Lichtquelle verwendet werden, kann die UVA-Dosis bei Berücksichtigung der
Kriterien der Unschädlichkeit gegenüber Zellen und der ausreichenden Stärke
zur Erkennung von Standardphototoxinen geringfügig angepaßt werden. Die Zeit
der Lichtexposition wird auf folgendem Wege berechnet:
>PIC FILE= "L_2000136DE.010101.EPS">
1.7.2 Testbedingungen
Die maximale Konzentration einer Testchemikalie sollte 100 µg/ml nicht
überschreiten, da alle phototoxischen Chemikalien bei niedrigeren
Konzentrationen erfaßt vurden, während die Inzidenz von falsch positiven
Werten bei höheren Konzentrationen zunimmt (13). Der pH der höchsten
Konzentration der Testchemikalie sollte zufriedenstellend sein (pH-Bereich:
6,5-7,8).
Die in Anwesenheit (+ UVA) und in Abwesenheit (- UVA) von Licht zu testenden
Konzentrationsbereiche eines chemischen Stoffs sollten angemessen in
vorangehenden Vorversuchen ermittelt werden. Bereich und Abstand einer
Konzentrationsreihe müssen so gewählt werden, daß
Konzentrations-Wirkungskurven ausreichend durch experimentelle Daten gestützt
werden. Dazu wird die Verwendung von geometrischen Konzentrationsreihen (mit
einem konstanten Verdünnungsfaktor) empfohlen.
1.7.3 Testverfahren(1)
1.7.3.1 1. Tag
Eine Zellsuspension von 1 × 105 Zellen/ml wird in einem Kulturmedium
zubereitet, und 100 µL. Kulturmedium werden nur in die periphären 'wells'
einer '96-well'-Gewebskultur Mikrotiterplatte gegeben (= Blindproben). In die
übrigen 'wells' werden 100 µL der Zellsuspension von 1 × 105 Zellen/ml (= 1
× 104 Zellen/well) pipettiert. Für jede Testchemikalie werden zwei Platten
zubereitet: eine zur Bestimmung von Zytotoxizität (- UVA) und die andere zur
Bestimmung von Photozytotoxizität (+ UVA).
Die Zellen werden 24 Stunden lang (7,5 % CO2, 37 °C) inkubiert, bis sie einen
halbkonfluenten Monolayer bilden. Diese Inkubationszeit stellt die Erholung der
Zellen, das Anheften und ein exponentielles Wachstum sicher.
1.7.3.2 2. Tag
Nach der Inkubation wird das Kulturmedium abgesaugt. Darauf folgen zwei
Waschgänge mit 150 µL EBSS/PBS je 'well', und 100 µl EBSS/PBS, die die
geeignete Konzentration der Testchemikalie oder einfach nur Lösemittel
(Negativkontrolle) enthält, werden hinzugefügt. Es sind 8 verschiedene
Konzentrationen der Testchemikalie zu verwenden. Die Zellen werden mit der
Testchemikalie im Dunkeln 60 Minuten lang inkubiert (7,5 % CO2, 37 °C).
Zur Durchführung des (+ UVA)-Teils des Tests werden die Zellen bei
Raumtemperatur 50 Minuten lang durch den Deckel der '96-well'-Platte mit 1,7
mW/cm2 UVA (= 5 J/cm2) bestrahlt. Zur Vermeidung von H2O-Kondensierung unter dem
Deckel wird ein Ventilator eingesetzt. Duplikatplatten (- UVA) werden 50 Minuten
lang (= UVA-Expositionszeit) bei Raumtemperatur in einem dunklen Kasten
gehalten.
Die Testflüssigkeit wird abgesaugt. Es folgen zwei Waschgänge mit 150 µL EBSS/PBS
wird durch ein Kulturmedium ersetzt und über Nacht (18-22 h) inkubiert (7,5 %
CO2, 37 °C).
1.7.3.3 3. Tag
Mikroskopische Bewertung
Die Zellen werden unter einem Phasen-Kontrast-Mikroskop untersucht. Eventuelle
morphologische Veränderungen der Zelle durch zytotoxische Wirkungen der
Testchemikalie werden aufgezeichnet. Diese Prüfung wird empfohlen, um
Versuchsirrtümer auszuschalten, doch werden diese Aufzeichnungen nicht für die
Bewertung der Zytotoxizität oder Phototoxizität verwendet.
Neutralrot-Aufnahme-Test
Die Zellen werden mit 150 µl vorgewärmter EBSS/PBS gewaschen. Die Waschlösung
wird durch vorsichtiges Absaugen entfernt. 100 µl des NR-Mediums werden
hinzugefügt und bei 37 °C, in feuchter Atmosphäre von 7,5 % CO2, 3 Stunden
lang inkubiert.
Nach der Inkubation wird das NR-Medium entfernt, und die Zellen werden mit 150
µl EBSS/PBS gewaschen. Die EBSS/PBS wird vollkommen abgesaugt, und die
96-well-Platten umgekehrt auf 'blotting paper' getrocknet. (Wahlweise kann die
Platte umgekehrt (d. h. mit den wells nach außen) zentrifugiert werden.)
Es werden genau 150 µl NR Desorptionslösung (frisch zubereitete
Ethanol/Essigsäure) hinzugefügt.
Die Mikrotiter-Platte wird 10 Minuten lang auf einem
Mikrotiter-Platten-Schüttler rasch geschüttelt, bis das NR aus den Zellen
extrahiert ist und eine homogene Lösung bildet.
Die optische Dichte der NR-Extrakte wird bei 540 nm in einem Spektralphotometer
gemessen, wobei die Blindproben als Referenz verwendet werden. Die Daten sind in
angemessenem Format (z. B. ASCII) für spätere Analysen aufzuzeichnen.
2 DATEN
2.1 Qualität und Quantität von Daten
Die Daten sollten eine sinnvolle Analyse der in Anwesenheit und in Abwesenheit
von UVA/vis-Strahlung erhaltenen Konzentrations-Wirkungsreaktionen gestatten.
Sofern Zytotoxizität ermittelt wird, sollten sowohl der Konzentrationsbereich
als auch der Abstand einzelner Konzentrationen so gewählt sein, dass die
experimentellen Daten in einer Kurve dargestellt werden können. Da eine
Testchemikalie bis zu der festgelegten Konzentrationsgrenze von 100 µg/ml im
Dunkelversuch (- UVA) nicht zytotoxisch, bei Bestrahlung (+ UVA) jedoch
hochgradig zytotoxisch sein könnte, ist es möglich, daB die zu prüfenden
Konzentrationsbereiche in beiden Teilen des Versuchs einen unterschiedlichen
Bereich abdecken müssen, um den Anforderungen zufriedenstellender
Datenqualität zu entsprechen. Wenn in beiden Versuchsteilen (- UVA und + UVA)
keine Zytotoxizität ermittelt werden kann, ist jedoch ein großer Abstand
zwischen den einzelnen Konzentrationen bis zur höchsten Konzentration
ausreichend.
Üblicherweise ist die Verifizierung eines klar positiven Ergebnisses durch eine
Versuchswiederholung nicht erforderlich. Darüber hinaus müssen klar negative
Ergebnisse ebenfalls nicht verifiziert werden, vorausgesetzt, daß die
Testchemikalie in genügend hohen Konzentrationen getestet wurde. In solchen
Fällen ist ein Hauptversuch zusammen mit einem oder mehreren Vorversuchen
ausreichend.
Tests mit Grenzergebissen nahe der Klassifizierungsgrenze des
Prädiktionsmodells sollten zur Überprüfung wiederholt werden.
Wenn Wiederholungstests für erforderlich gehalten werden, können Variationen
der Versuchsbedingungen wichtig sein, um zu einem klaren Ergebnis zu gelangen.
Eine Schlüsselrolle hat dabei die Zubereitung von Lösungen der Testchemikalie.
Folglich können Variationen dieser Bedingungen (zweites Lösemittel,
Schütteln, Anwendung von Ultraschall) bei der Wiederholung eines Tests
äußerst relevant sein. Als Alternative kann auch eine Änderung der
Inkubationszeit vor der Bestrahlung in Betracht gezogen werden, wie z. B.
kürzere Zeit für in Wasser instabile Chemikalien.
2.2 Behandlung der Ergebnisse
Sofern möglich, wird die Konzentration einer Testchemikalie bestimmt, die eine
50%ige Hemmung der zellulären Neutral-Rot-Aufnahme (EC50) repräsentiert. Dies
kann durch Anwendung geeigneter nichtlinearer Regressionsverfahren (vorzugsweise
einer Hill-Funktion oder einer logistischen Regression) auf die
Konzentrations-Wirkungsdaten oder durch Anwendung sonstiger Fitting-Verfahren
(14) erfolgen. Vor Verwendung eines EC50-Wertes für weitere Berechnungen sollte
die Qualität der Kurvenanpassung angemessen geprüft werden. Als Alternative
können graphische Fitting-Methoden zur Berechnung des EC50 angewendet werden.
In diesem Fall wird die Verwendung von Wahrscheinlichkeitspapier (x-Achse: log,
y-Achse: probit) empfohlen, da in vielen Fällen die
Konzentrations-Wirkungsfunktion nach dieser Umwandlung nahezu linear wird.
2.3 Ergebnisbewertung (Prädiktionsmodelle)
2.3.1 Prädiktionsmodell-Version 1: Photo-Irritationsfaktor (PIF)
Wenn sowohl in Anwesenheit (+ UVA) als auch in Abwesenheit (- UVA) von Licht
komplette Konzentrations-Wirkungskurven erzielt werden, wird ein
Photoirritationsfaktor (PIF) durch folgende Formel berechnet:
>PIC FILE= "L_2000136DE.010301.EPS">
Ein PIF < 5, sagt kein phototoxisches Potential voraus. während ein PIF >
= 5 ein phototoxisches Potential voraussagt.
Stellt sich ein chemischer Stoff in einem Test nur als zytotoxisch + UVA und als
nicht-zytotoxisch - UVA heraus, kann der PIF nicht berechnet werden, auch wenn
dies ein Ergebnis darstellt, das auf ein phototoxisches Potential hindeutet. In
derartigen Fällen kann ein ' > PIF' berechnet werden, wenn der (- UV)
Zytotoxizitätstest bis zur höchsten Testkonzentration (Cmax) durchgeführt und
dieser Wert für die Berechnung des ' > PIF' verwendet wird:
>PIC FILE= "L_2000136DE.010302.EPS">
Wenn nur ein ' > PIF' erzielt werden kann, sagt jeglicher Wert > 1 ein
phototoxisches Potential voraus.
Wenn sowohl die EC50 (- UV) als auch die EC50 (+ UV) nicht berechnet werden
können, weil ein chemischer Stoff bis zur höchsten Testkonzentration keine
Zytotoxizität aufweist, deutet dies darauf hin, daß kein phototoxisches
Potential vorliegt. In derartigen Fällen wird ein formaler 'PIF = *1' zur
Charakterisierung des Ergebnisses des Ergebnisses angewandt:
>PIC FILE= "L_2000136DE.010303.EPS">
Wenn nur ein 'PIF = *1' erzielt werden kann, sagt dies voraus, daß kein
phototoxisches Potential vorliegt
In den Fällen b) und c), sollten die im In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest
maximal erreichten Konzentrationen der Testchemikalie bei der Vorhersage des
phototoxischen Potentials sorgfältig in Betracht gezogen werden.
2.3.2 Prädiktionsmodell-Version 2: Mean-Photo-Effect (MPE)
Als Alternative kann eine neue Version des Modells zur Vorhersage eines
phototoxischen Potentials angewandt werden, das mit den Daten der EU/COLIPA-Validierungsstudie
(15) entwickelt und unter blinden Bedingungen in einer anschließenden Studie
über die In-vitro-Phototoxizität von UV-Filter-Chemikalien getestet wurde
(13). Dieses Modell hat nicht die Beschränkungen des PIF-Modells in den
Fällen, in denen kein EC50 erzielt werden kann. Das Modell wendet den 'Mean
Photo Effect' (MPE) an, einen Meßwert, der auf einem Vergleich der kompletten
Konzentrations-Wirkungskurven basiert. Für die Anwendung des MPE-Modells wurde
eine spezielle Computer-Software an der Humboldt-Universität (Berlin, D.)
entwickelt die kostenlos bezogen werden kann.
2.4 Interpretation der Ergebnisse
Ein positives Ergebnis im In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest (PIF > = 5
oder MPE > = 0,1) deutet darauf hin, daß die Testsubstanz ein phototoxisches
Potential aufweist. Wenn dieses Ergebnis bei Konzentrationen unter 10 µg/ml
erzielt wurde, ist zu vermuten, daß die Testchemikalie auch unter verschiedenen
Expositionsbedingungen in vivo phototoxisch wirkt. Wenn ein positives Ergebnis
nur bei der höchsten Testkonzentration von 100 µg/mL erzielt wird, können
weitere Überlegungen für die Beurteilung der Gefährlichkeit oder der
phototoxischen Potenz erforderlich sein. Dies können Daten über die
Penetration, Absorption und mögliche Akkumulation des chemischen Stoffs in der
Haut oder die Testung des chemischen Stoffs in einem konfirmativen
Alternativtest, wie dem In-vitro-Test mit einem menschlichen Hautmodell, sein.
Ein negatives Ergebnis im In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest (PIF < 5 oder
MPE < 0,1) bedeutet, daß die Testsubstanz für kultivierte Säugerzellen
unter den angewandten Versuchsbedingungen nicht phototoxisch war. In Fällen, in
denen der chemische Stoff bis zur höchsten Konzentration von 100 µg/ml
getestet werden konnte, deutet ein negatives Ergebnis an, daß der chemische
Stoff kein phototoxisches Potential besitzt und daß Phototoxizität in vivo als
unwahrscheinlich gelten kann. In Fällen, in denen identische
Konzentrations-Toxizitätsreaktionen (EC50 + UV und EC50- UV) bei niedrigeren
Konzentrationen erhalten wurden, wäre die Interpretation der Daten dieselbe.
Wenn dagegen + UV und - UV keinerlei Toxizität nachgewiesen wurde und
gleichzeitig die Konzentrationswerte auf weniger als 100 µg/ml durch eine
eingeschränkte Löslichkeit in wässrigen Systemen beschränkt waren, sollte
die Eignung des Tests für die Testsubstanz in Frage gestellt und ein
Bestätigungstest erwogen werden (z. B. Verwendung eines In-vitro-Hautmodells
oder eines Ex-vivo-Hautmodells oder eines In-vivo-Tests).
3 BERICHTERSTATTUNG
Test-Bericht
Der Test-Bericht muß folgende Informationen enthalten:
Testchemikalie:
- Kenndaten und CAS-Nr., sofern bekannt,
- physikalische Eigenschaften und Reinheit,
- physikalisch-chemische Eigenschaften, die für die Durchführung der Studie
relevant sind,
- Stabilität und Photostabilität, sofern bekannt.
Lösemittel:
- Begründung der Wahl des Lösemittels,
- Löslichkeit der Testchemikalie in diesem Lösemittel,
- Prozentsatz des in dem Behandlungsmedium (EBSS oder PBS) vorhandenen
Lösemittels.
Zellen:
- Art und Quelle der Zellen,
- Abwesenheit von Mykoplasma,
- Zahl der Zellpassagen, sofern bekannt,
- UVA-Sensitivität von Zellen, bestimmt mit dem im
In-vitro-3T3-NRU-Phototoxizitätstest verwendeten Bestrahlungsgerät.
Testbedingungen a); Inkubation vor und nach der Behandlung:
- Art und Zusammensetzung des Kulturmediums,
- Inkubationsbedingungen (CO2-Konzentration, Temperatur, Feuchtigkeit),
- Inkubationsdauer (Vorbehandlung, Nachbehandlung).
Testbedingungen b); Behandlung mit der Chemikalie:
- Begründung der Wahl der in Anwesenheit und in Abwesenheit von UV/vis-Strahlung
verwendeten Konzentrationen der Testchemikalie,
- im Falle beschränkter Löslichkeit der Testchemikalie und bei Abwesenheit von
Zytotoxizität Begründung der höchsten getesteten Konzentration,
- Art und Zusammensetzung des Behandlungsmediums (gepufferte Salzlösung),
- Dauer der chemischen Behandlung.
Testbedingungen c); Bestrahlung:
- Begründung der Wahl der verwendeten Lichtquelle,
- Charakterisierung der spektralen Energieverteilung der Lichtquelle,
- Durchlass-/Absorptionsmerkmale des bzw. der verwendeten Filter,
- Merkmale des Strahlenmessgeräts und Einzelheiten der Kalibrierung,
- Abstand der Lichtquelle vom Testsystem,
- UVA-Strahlung bei dieser Entfernung, ausgedrückt in mW/cm2,
- Dauer der UV/vis-Lichtexposition,
- UVA-Dosis (Strahlung × Zeit), ausgedrückt in J/cm2,
- Temperatur der Zeltkulturen während der Bestrahlung und der gleichzeitig im
Dunkeln gehaltenen Zellkulturen.
Testbedingungen d); NRU-Test:
- Zusammensetzung des NR-Mediums,
- Dauer der NR-Inkubation,
- Inkubationsbedingungen (CO2-Konzentration, Temperatur, Feuchtigkeit),
- NR-Extraktionsbedingungen (Extraktionsmittel, Dauer),
- Wellenlänge, die für die photometrische Messung der optischen Dichte von NR
verwendet wurde,
- zweite Referenzwellenlänge, sofern verwendet,
- Inhalt der photometrischen Referenz (Blindprobe), sofern verwendet.
Ergebnisse:
- bei jeder Konzentration der Testchemikalie erhaltene Zell-Viabilität,
ausgedrückt als Prozentsatz der mittleren Viabilität der Kontrollen,
- Konzentrations-Wirkungskurven (Konzentration der Testchemikalie vs. relative
Zell-Viabilität), der gleichzeitig durchgeführten + UVA- und - UVA-Versuche,
- Analyse der Konzentrations-Wirkungskurven: sofern möglich, Angabe der EC50 (+
UVA)- und EC50 (- UVA)-Werte (berechnet mit Computer oder durch anderweitige
Verfahren),
- Vergleich der zwei in Anwesenheit und in Abwesenheit von UVA/vis-Bestrahlung
erhaltenen Konzentrations-Wirkungskurven entweder durch Berechnung des
Photo-Irritationsfaktors (PIF) oder durch Berechnung des Mean Photo Effects (MPE),
- Klassifizierung des phototoxischen Potentials,
- Testakzeptanzkriterien (a), Negativkontrolle des Tests:
- absolute Viabilität (optische Dichte des NR-Extrakts) von bestrahlten und
nicht bestrahlten Zellen,
- historische Daten zur Negativkontrolle, Mittelwerte und Standardabweichungen
Testakzeptanzkriterien (b), Positivkontrolle des Tests:
- EC50 (+ UVA) und EC50 (- UVA) und PIF der Positivkontroll-Chemikalie,
- historische Daten zur Positivkontroll-Chemikalie: EC50 (+ UVA) und EC50 (- UVA)
und PIF, Mittelwerte und Standardabweichungen
Diskussion der Ergebnisse
Schlußfolgerungen
4 LITERATURVERZEICHNIS
(1) Spielmann, H., Balls, M., Döring, B., Holzhütter, H.G., Kalweit, S.,
Klecak, G., L'Eplattenier, H., Liebsch, M., Lovell, W.W., Maurer, T.,
Moldenhauer, F., Moore, L., Pape, W., Pfannbecker, U., Potthast, J., De Silva,
O., Steiling, W. and Willshaw, A. ( 1994), EEC/COLIPA project on in vitro
phototoxicity testing: First results obtained with a Balb/c 3T3 cell
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(3) Spielmann, H., Balls, M., Dupuis, J., Pape, W. J. W., Pechovitch, G., De
Silva, O., Holzhütter, H. G., Clothier, R., Desolle, P., Gerberick, F., Liebsch,
M., Lovell, W. W., Maurer, T., Pfannenbecker, U., Potthast, J. M., Csato, M.,
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(13) Spielmann, H., Balls, M., Dupuis, J., Pape, W. J. W., De Silva, O.,
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vivo phototoxicity of chemicals, ATLA 25, S. 445-462.
Anlage
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(1) Für weitere Einzelheiten siehe Literaturverzeichnis (12).
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ANHANG
ARBEITSPLATZ-RICHTGRENZWERTE
((nicht abgedruckt))
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Fußnoten:
(1) ABl. L 131 vom 5.5.1998, S. 11.
(2) ABl. L 188 vom 9.8.1995, S. 14.
(3) ABl. L 327 vom 3.12.1980, S. 8.
(4) ABl. L 177 vom 5.7.1991, S. 22.
(5) ABl. L 338 vom 28.12.1996, S. 86.
(6) ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1.