Richtlinie 93/104/EWG
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Richtlinie 93/104/EG
des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung
Amtsblatt Nr. L 307 vom 13/12/1993 S. 0018 - 0024
RICHTLINIE 93/104/EG DES RATES vom 23. November 1993 über
bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
insbesondere auf Artikel 118a,
auf Vorschlag der Kommission(1) ,
in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament(2) ,
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3) ,
in Erwägung nachstehender Gründe:
Nach Artikel 118a des Vertrages legt der Rat durch Richtlinien
Mindestvorschriften fest, die die Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt
fördern, um die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer verstärkt zu
schützen.
Nach demselben Artikel sollen diese Richtlinien keine verwaltungsmässigen,
finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorschreiben, die der Gründung und
Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben entgegenstehen.
Die Bestimmungen der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die
Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit(4) sind auf die durch die
vorliegende Richtlinie geregelte Materie - unbeschadet der darin enthaltenen
strengeren und/oder spezifischen Vorschriften - in vollem Umfang anwendbar.
In der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer, die von
den Staats- und Regierungschefs von elf Mitgliedstaaten auf der Tagung des
Europäischen Rates von Straßburg am 9. Dezember 1989 verabschiedet wurde,
heisst es unter Punkt 7 Absatz 1 und Punkt 8 sowie Punkt 19 Absatz 1 wie folgt:
"7. Die Verwirklichung des Binnenmarktes muß zu einer Verbesserung der
Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Europäischen
Gemeinschaft führen. Dieser Prozeß erfolgt durch eine Angleichung dieser
Bedingungen auf dem Wege des Fortschritts und betrifft namentlich die
Arbeitszeit und die Arbeitszeitgestaltung sowie andere Arbeitsformen als das
unbefristete Arbeitsverhältnis, wie das befristete Arbeitsverhältnis,
Teilzeitarbeit, Leiharbeit und Saisonarbeit.
8. Jeder Arbeitnehmer der Europäischen Gemeinschaft hat Anspruch auf die
wöchentliche Ruhezeit und auf einen bezahlten Jahresurlaub, deren Dauer gemäß
den einzelstaatlichen Gepflogenheiten auf dem Wege des Fortschritts in den
einzelnen Staaten einander anzunähern ist.
19. Jeder Arbeitnehmer muß in seiner Arbeitsumwelt zufriedenstellende
Bedingungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit vorfinden. Es sind geeignete
Maßnahmen zu ergreifen, um die Harmonisierung der auf diesem Gebiet bestehenden
Bedingungen auf dem Wege des Fortschritts weiterzuführen."
Die Verbesserung von Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der
Arbeitnehmer bei der Arbeit stellen Zielsetzungen dar, die keinen rein
wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürfen.
Die vorliegende Richtlinie stellt einen konkreten Beitrag zur Ausgestaltung der
sozialen Dimension des Binnenmarktes dar.
Mit dem Erlaß von Mindestvorschriften für die Arbeitszeitgestaltung können
die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft verbessert werden.
Um die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft zu
gewährleisten, müssen ihnen Mindestruhezeiten - je Tag, Woche und Jahr - sowie
angemessene Ruhepausen zugestanden werden; in diesem Zusammenhang muß auch eine
wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden.
Hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung ist den Grundsätzen der Internationalen
Arbeitsorganisation Rechnung zu tragen; dies betrifft auch die für Nachtarbeit
geltenden Grundsätze.
Bei der wöchentlichen Ruhezeit muß der Unterschiedlichkeit der kulturellen,
ethnischen, religiösen und anderen Faktoren in den Mitgliedstaaten hinreichend
Rechnung getragen werden. Insbesondere fällt es in den Zuständigkeitsbereich
eines jeden Mitgliedstaats, letztlich darüber zu befinden, ob und in welchem
Masse der Sonntag in die wöchentliche Ruhezeit einzubeziehen ist.
Untersuchungen zeigen, daß der menschliche Organismus während der Nacht
besonders empfindlich auf Umweltstörungen und auf bestimmte belastende Formen
der Arbeitsorganisation reagiert und daß lange Nachtarbeitszeiträume für die
Gesundheit der Arbeitnehmer nachteilig sind und ihre Sicherheit bei der Arbeit
beeinträchtigen können.
Infolgedessen ist die Dauer der Nachtarbeit, auch in bezug auf die Mehrarbeit,
einzuschränken und vorzusehen, daß der Arbeitgeber im Falle regelmässiger
Inanspruchnahme von Nachtarbeiten die zuständigen Behörden auf Ersuchen davon
in Kenntnis setzt.
Nachtarbeiter haben vor Aufnahme der Arbeit - und danach regelmässig - Anspruch
auf eine unentgeltliche Untersuchung ihres Gesundheitszustandes und müssen,
wenn sie gesundheitliche Schwierigkeiten haben, soweit jeweils möglich auf eine
für sie geeignete Arbeitsstelle mit Tagarbeit versetzt werden.
In Anbetracht der besonderen Lage von Nacht- und Schichtarbeitern müssen deren
Sicherheit und Gesundheit in einem Masse geschützt werden, das der Art ihrer
Arbeit entspricht, und die Schutz- und Vorsorgeleistungen oder -mittel müssen
effizient organisiert und eingesetzt werden.
Die Arbeitsbedingungen können die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer
beeinträchtigen. Die Gestaltung der Arbeit nach einem bestimmten Rhythmus muß
dem allgemeinen Grundsatz Rechnung tragen, daß die Arbeitsgestaltung dem
Menschen angepasst sein muß.
In bestimmten Sektoren, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie
fallen, kann es aufgrund der besonderen Art der Arbeit erforderlich sein,
getrennte Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung zu treffen.
In Anbetracht der Fragen, die sich aufgrund der Arbeitszeitgestaltung im
Unternehmen stellen können, ist eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung
einzelner Bestimmungen dieser Richtlinie vorzusehen, wobei jedoch die
Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu
beachten sind.
Je nach Lage des Falles sollten die Mitgliedstaaten oder die Sozialpartner die
Möglichkeit haben, von einzelnen Bestimmungen dieser Richtlinie abzuweichen. Im
Falle einer Abweichung müssen jedoch den betroffenen Arbeitnehmern in der Regel
gleichwertige Ausgleichsruhezeiten gewährt werden -
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
ABSCHNITT I ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich
(1) Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und
Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung.
(2) Gegenstand dieser Richtlinie sind
a) die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten, der Mindestjahresurlaub,
die Ruhepausen, und die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie
b) bestimmte Aspekte der Nacht- und der Schichtarbeit sowie des Arbeitsrhythmus.
(3) Diese Richtlinie findet unbeschadet des Artikels 17 Anwendung auf alle
privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Artikels 2 der
Richtlinie 89/391/EWG, mit Ausnahme des Strassen-, Luft-, See- und
Schienenverkehrs, der Binnenschiffahrt, der Seefischerei, anderer Tätigkeiten
auf See sowie der Tätigkeiten der Ärzte in der Ausbildung.
(4) Die Bestimmungen der Richtlinie 89/391/EWG finden unbeschadet strengerer
und/oder spezifischer Vorschriften in der vorliegenden Richtlinie auf die in
Absatz 2 genannten Bereiche voll Anwendung.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie sind:
1. Arbeitszeit: jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem
Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben
wahrnimmt;
2. Ruhezeit: jede Zeitspanne ausserhalb der Arbeitszeit;
3. Nachtzeit: jede, in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegte
Zeitspanne von mindestens sieben Stunden, welche auf jeden Fall die Zeitspanne
zwischen 24 Uhr und 5 Uhr umfasst;
4. Nachtarbeiter:
a) einerseits: jeder Arbeitnehmer, der während der Nachtzeit normalerweise
mindestens drei Stunden seiner täglichen Arbeitszeit verrichtet;
b) andererseits: jeder Arbeitnehmer, der während der Nachtzeit gegebenenfalls
einen bestimmten Teil seiner jährlichen Arbeitszeit verrichtet, der nach Wahl
des jeweiligen Mitgliedstaats festgelegt wird:
i) nach Anhörung der Sozialpartner in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften
oder
ii) in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf
nationaler oder regionaler Ebene;
5. Schichtarbeit: jede Form der Arbeitsgestaltung kontinuierlicher oder nicht
kontinuierlicher Art mit Belegschaften, bei der Arbeitnehmer nach einem
bestimmten Zeitplan, auch im Rotationsturnus, sukzessive an den gleichen
Arbeitsstellen eingesetzt werden, so daß sie ihre Arbeit innerhalb eines Tages
oder Wochen umfassenden Zeitraums zu unterschiedlichen Zeiten verrichten
müssen;
6. Schichtarbeiter: jeder in einem Schichtarbeitsplan eingesetzte Arbeitnehmer.
ABSCHNITT II MINDESTRUHEZEITEN - SONSTIGE ASPEKTE DER ARBEITSZEITGESTALTUNG
Artikel 3
Tägliche Ruhezeit
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jedem
Arbeitnehmer pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf
zusammenhängenden Stunden gewährt wird.
Artikel 4
Ruhepause
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jedem
Arbeitnehmer bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden eine
Ruhepause gewährt wird; die Einzelheiten, insbesondere Dauer und Voraussetzung
für die Gewährung dieser Ruhepause, werden in Tarifverträgen oder
Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern oder in Ermangelung solcher
Übereinkünfte in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt.
Artikel 5
Wöchentliche Ruhezeit
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jedem
Arbeitnehmer pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24
Stunden zuzueglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden gemäß Artikel 3
gewährt wird.
Die Mindestruhezeit gemäß Absatz 1 schließt grundsätzlich den Sonntag ein.
Wenn objektive, technische der arbeitsorganisatorische Umstände dies
rechtfertigen, kann eine Mindestruhezeit von 24 Stunden gewählt werden.
Artikel 6
Wöchentliche Höchstarbeitszeit
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe
der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer:
1. die wöchentliche Arbeitszeit durch innerstaatliche Rechts- und
Verwaltungsvorschriften oder in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den
Sozialpartnern festgelegt wird;
2. die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden
einschließlich der Überstunden nicht überschreitet.
Artikel 7
Jahresurlaub
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder
Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe
der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen
Gepflogenheiten vorgesehen sind.
(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf ausser bei Beendigung des
Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.
ABSCHNITT III NACHTARBEIT - SCHICHTARBEIT - ARBEITSRHYTHMUS
Artikel 8
Dauer der Nachtarbeit
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit:
1. die normale Arbeitszeit für Nachtarbeiter im Durchschnitt acht Stunden pro
24-Stunden-Zeitraum nicht überschreitet.
2. Nachtarbeiter, deren Arbeit mit besonderen Gefahren oder einer erheblichen
körperlichen oder geistigen Anspannung verbunden ist, in einem
24-Stunden-Zeitraum, während dem sie Nachtarbeit verrichten, nicht mehr als
acht Stunden arbeiten.
Zum Zwecke dieser Nummer wird im Rahmen von einzelstaatlichen Rechtsvorschriften
und/oder Gepflogenheiten oder von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen
den Sozialpartnern festgelegt, welche Arbeit unter Berücksichtigung der
Auswirkungen der Nachtarbeit und der ihr eigenen Risiken mit besonderen Gefahren
oder einer erheblichen körperlichen und geistigen Anspannung verbunden ist.
Artikel 9
Untersuchung des Gesundheitszustands von Nachtarbeitern und Versetzung auf
Arbeitsstellen mit Tagarbeit
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit:
a) der Gesundheitszustand der Nachtarbeit vor Aufnahme der Arbeit und danach
regelmässig unentgeltlich untersucht wird;
b) Nachtarbeiter mit gesundheitlichen Schwierigkeiten, die nachweislich damit
verbunden sind, daß sie Nachtarbeit leisten, soweit jeweils möglich auf eine
Arbeitsstelle mit Tagarbeit versetzt werden, für die sie geeignet sind.
(2) Die unentgeltliche Untersuchung des Gesundheitszustandes gemäß Absatz 1
Buchstabe a) unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht.
(3) Die unentgeltliche Untersuchung des Gesundheitszustandes gemäß Absatz 1
Buchstabe a) kann im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens durchgeführt
werden.
Artikel 10
Garantien für Arbeit während der Nachtzeit
Die Mitgliedstaaten können die Arbeit bestimmter Gruppen von Nachtarbeitern,
die im Zusammenhang mit der Arbeit während der Nachtzeit einem Sicherheits-
oder Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind, nach Maßgabe der einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten von bestimmten Garantien abhängig
machen.
Artikel 11
Unterrichtung bei regelmässiger Inanspruchnahme von Nachtarbeitern
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit der Arbeitgeber
bei regelmässiger Inanspruchnahme von Nachtarbeitern die zuständigen Behörden
auf Ersuchen davon in Kenntnis setzt.
Artikel 12
Sicherheits- und Gesundheitsschutz
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit:
1. Nacht- und Schichtarbeitern hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit in einem
Masse Schutz zuteil wird, das der Art ihrer Arbeit Rechnung trägt;
2. die zur Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit von Nacht- und
Schichtarbeitern gebotenen Schutz- und Vorsorgeleistungen oder -mittel denen
für die übrigen Arbeitnehmer entsprechen und jederzeit vorhanden sind.
Artikel 13
Arbeitsrhythmus
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit ein
Arbeitgeber, der beabsichtigt, die Arbeit nach einem bestimmten Rhythmus zu
gestalten, dem allgemeinen Grundsatz Rechnung trägt, daß die Arbeitsgestaltung
dem Menschen angepasst sein muß, insbesondere im Hinblick auf die Verringerung
der eintönigen Arbeit und des maschinenbestimmten Arbeitsrhythmus, nach
Maßgabe der Art der Tätigkeit und der Erfordernisse der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes, insbesondere was die Pausen während der Arbeitszeit
betrifft.
ABSCHNITT IV SONSTIGE BESTIMMUNGEN
Artikel 14
Spezifischere Gemeinschaftsvorschriften
Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten nicht, soweit andere
Gemeinschaftsinstrumente spezifischere Vorschriften für bestimmte
Beschäftigungen oder berufliche Tätigkeiten enthalten.
Artikel 15
Günstigere Vorschriften
Das Recht der Mitgliedstaaten, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der
Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu
erlassen oder die Anwendung von für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz
der Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den
Sozialpartnern zu fördern oder zu gestatten, bleibt unberührt.
Artikel 16
Bezugszeiträume
Die Mitgliedstaaten können für die Anwendung der folgenden Artikel einen
Bezugszeitraum vorsehen, und zwar
1. für Artikel 5 (wöchentliche Ruhezeit) einen Bezugszeitraum bis zu 14 Tagen;
2. für Artikel 6 (wöchentliche Höchstarbeitszeit) einen Bezugszeitraum bis zu
vier Monaten.
Die nach Artikel 7 gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die
Krankheitszeiten bleiben bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt
oder sind neutral;
3. für Artikel 8 (Dauer der Nachtarbeit) einen Bezugszeitraum, der nach
Anhörung der Sozialpartner oder in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen
den Sozialpartnern auf nationaler oder regionaler Ebene festgelegt wird.
Fällt die aufgrund von Artikel 5 verlangte wöchentliche Mindestruhezeit von 24
Stunden in den Bezugszeitraum, so bleibt sie bei der Berechnung des
Durchschnitts unberücksichtigt.
Artikel 17
Abweichungen
(1) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und
der Gesundheit der Arbeitnehmer können die Mitgliedstaaten von den Artikeln 3,
4, 5, 6, 8 und 16 abweichen, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale
der ausgeuebten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im voraus festgelegt
wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann, und zwar
insbesondere in bezug auf nachstehende Arbeitnehmer:
a) leitende Angestellte oder sonstige Personen mit selbständiger
Entscheidungsbefugnis;
b) Arbeitskräfte, die Familienangehörige sind;
c) Arbeitnehmer, die im liturgischen Bereich von Kirchen oder
Religionsgemeinschaften beschäftigt sind.
(2) Sofern die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder
in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher gleichwertigen
Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen
angemessenen Schutz erhalten, kann im Wege von Rechts- und
Verwaltungsvorschriften oder im Wege von Tarifverträgen oder Vereinbarungen
zwischen den Sozialpartnern abgewichen werden:
2.1. von den Artikel 3, 4, 5, 8 und 16:
a) bei Tätigkeiten, die durch eine Entfernung zwischen dem Arbeitsplatz und dem
Wohnsitz des Arbeitnehmers oder durch eine Entfernung zwischen verschiedenen
Arbeitsplätzen des Arbeitnehmers gekennzeichnet sind;
b) für den Wach- und Schließdienst sowie die Dienstbereitschaft, die durch die
Notwendigkeit gekennzeichnet sind, den Schutz von Sachen und Personen zu
gewährleisten, und zwar insbesondere in bezug auf Wachpersonal oder Hausmeister
oder Wach- und Schließunternehmen;
c) bei Tätigkeiten, die dadurch gekennzeichnet sind, daß die Kontinuität des
Dienstes oder der Produktion gewährleistet sein muß, und zwar insbesondere bei
i) Aufnahme-, Behandlungs- und/oder Pflegediensten von Krankenhäusern oder
ähnlichen Einrichtungen, Heimen sowie Gefängnissen,
ii) Hafen- und Flughafenpersonal,
iii) Presse-, Rundfunk-, Fernsehdiensten oder kinematographischer Produktion,
Post oder Telekommunikation, Ambulanz-, Feuerwehr- oder
Katastrophenschutzdiensten,
iv) Gas-, Wasser- oder Stromversorgungsbetrieben, Hausmüllabfuhr oder
Verbrennungsanlagen,
v) Industriezweigen, in denen der Arbeitsprozeß aus technischen Gründen nicht
unterbrochen werden kann,
vi) Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten,
vii) landwirtschaftlichen Tätigkeiten;
d) im Falle eins vorhersehbaren übermässigen Arbeitsanfalls, insbesondere
i) in der Landwirtschaft,
ii) im Fremdenverkehr,
iii) im Postdienst;
2.2. von den Artikeln 3, 4, 5, 8 und 16:
a) unter den in Artikel 5 Absatz 4 der Richtlinie 89/391/EWG aufgeführten
Bedingungen;
b) im Falle eines Unfalls oder der Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden
Unfalls;
2.3. von den Artikeln 3 und 5:
a) wenn bei Schichtarbeit der Arbeitnehmer die Gruppe wechselt und zwischen dem
Ende der Arbeit in einer Schichtgruppe und dem Beginn der Arbeit in der
nächsten nicht in den Genuß der täglichen und/oder wöchentlichen Ruhezeit
kommen kann;
b) bei Tätigkeiten, bei denen die Arbeitszeiten über den Tag verteilt sind,
insbesondere im Falle von Reinigungspersonal.
(3) Von den Artikeln 3, 4, 5, 8 und 16 kann abgewichen werden im Wege von
Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf nationaler
oder regionaler Ebene oder, bei zwischen den Sozialpartnern getroffenen
Abmachungen, im Wege von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen
Sozialpartnern auf niedrigerer Ebene.
Mitgliedstaaten, in denen es keine rechtliche Regelung gibt, wonach über die in
dieser Richtlinie geregelten Fragen zwischen den Sozialpartnern auf nationaler
oder regionaler Ebene Tarifverträge oder Vereinbarungen geschlossen werden
können, oder Mitgliedstaaten, in denen es einen entsprechenden rechtlichen
Rahmen gibt und innerhalb dessen Grenzen können im Einklang mit den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten Abweichungen von
den Artikeln 3, 4, 5, 8 und 16 durch Tarifverträge oder Vereinbarungen zwischen
den Sozialpartnern auf geeigneter kollektiver Ebene zulassen.
Die Abweichungen gemäß den Unterabsätzen 1 und 2 sind nur unter der
Voraussetzung zulässig, daß die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige
Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher
Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen
angemessenen Schutz erhalten.
Die Mitgliedstaaten können Vorschriften vorsehen
- für die Anwendung dieses Absatzes durch die Sozialpartner und
- für die Erstreckung der Bestimmungen von gemäß diesem Absatz geschlossenen
Tarifverträgen oder Vereinbarungen auf andere Arbeitnehmer gemäß den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten.
(4) Die in Absatz 2 Nummern 2.1 und 2.2 und in Absatz 3 vorgesehene Möglichkeit
der Abweichung von Artikel 16 Nummer 2 darf nicht die Festlegung eines
Bezugszeitraums zur Folge haben, der länger ist als sechs Monate.
Den Mitgliedstaaten ist es jedoch mit der Maßgabe, daß sie dabei die
allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der
Arbeitnehmer wahren, freigestellt zuzulassen, daß in den Tarifverträgen oder
Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern aus objektiven, technischen oder
arbeitsorganisatorischen Gründen längere Bezugszeiträume festgelegt werden,
die auf keinen Fall zwölf Monate überschreiten dürfen.
Vor Ablauf einer Frist von sieben Jahren ab dem in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe
a) genannten Zeitpunkt, überprüft der Rat anhand eines Vorschlags der
Kommission, dem ein Evaluierungsbericht beigefügt ist, die Bestimmungen dieses
Absatzes und befindet über das weitere Vorgehen.
Artikel 18
Schlußbestimmungen
(1) a) Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie spätestens am 23.
November 1996 nachzukommen, oder sie vergewissern sich spätestens zu diesem
Zeitpunkt, daß die Sozialpartner mittels Vereinbarungen die erforderlichen
Bestimmungen einführen; dabei sind die Mitgliedstaaten gehalten, die
erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit sie jederzeit gewährleisten
können, daß die von der Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden.
b) i) Es ist einem Mitgliedstaat jedoch freigestellt, Artikel 6 nicht
anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen
Maßnahmen dafür sorgt, daß
- kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des in
Artikel 16 Nummer 2 genannten Bezugszeitraums mehr als 48 Stunden innerhalb
eines Siebentagezeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich
hierzu bereit erklärt;
- keinem Arbeitnehmer Nachteile daraus entstehen, daß er nicht bereit ist, eine
solche Arbeit zu leisten;
- der Arbeitgeber aktülle Listen über alle Arbeitnehmer führt, die eine
solche Arbeit leisten;
- die Listen den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden, die aus
Gründen der Sicherheit und/oder des Schutzes der Gesundheit der Arbeitnehmer
die Möglichkeit zur Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit
unterbinden oder einschränken können;
- der Arbeitgeber die zuständigen Behörden auf Ersuchen darüber unterrichtet,
welche Arbeitnehmer sich dazu bereit erklärt haben, im Durchschnitt des in
Artikel 16 Nummer 2 genannten Bezugszeitraums mehr als 48 Stunden innerhalb
eines Siebentagezeitraums zu arbeiten.
Vor Ablauf einer Frist von sieben Jahren ab dem in Buchstabe a) genannten
Zeitpunkt überprüft der Rat anhand eines Vorschlags der Kommission, dem ein
Evaluierungsbericht beigefügt ist, die Bestimmungen unter dieser Ziffer und
befindet über das weitere Vorgehen.
ii) Auch für die Anwendung des Artikels 7 ist es den Mitgliedstaaten
freigestellt, eine Übergangszeit von höchstens drei Jahren ab dem in Buchstabe
a) genannten Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, unter der Bedingung, daß während
dieser Übergangszeit
- jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von drei Wochen nach
Maßgabe der in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den
einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehenen Bedingungen für dessen
Inanspruchnahme und Gewährung erhält und
- der bezahlte Jahresurlaub von drei Wochen ausser im Falle der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt wird.
c) Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission unverzueglich davon in Kenntnis.
(2) Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in
den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen
Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die
Einzelheiten der Bezugnahme.
(3) Unbeschadet des Rechtes der Mitgliedstaaten, je nach der Entwicklung der
Lage im Bereich der Arbeitszeit unterschiedliche Rechts- und
Verwaltungsvorschriften sowie Vertragsvorschriften zu entwickeln, sofern die
Mindestvorschriften dieser Richtlinie eingehalten werden, stellt die
Durchführung dieser Richtlinie keine wirksame Rechtfertigung für eine
Zurücknahme des allgemeinen Arbeitnehmerschutzes dar.
(4) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen
Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet
erlassen oder bereits erlassen haben.
(5) Die Mitgliedstaaten erstatten der Kommission alle fünf Jahre Bericht über
die Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie in der Praxis und geben dabei
die Standpunkte der Sozialpartner an.
Die Kommission unterrichtet darüber das Europäische Parlament, den Rat, den
Wirtschafts- und Sozialausschuß sowie den Beratenden Ausschuß für Sicherheit,
Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.
(6) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem
Wirtschafts- und Sozialausschuß alle fünf Jahre einen Bericht über die
Anwendung dieser Richtlinie unter Berücksichtigung der Absätze 1, 2, 3, 4 und
5 vor.
Artikel 19
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am 23. November 1993.
Im Namen des Rates
Der Präsident
M. SMET
(1) ABl. Nr. C 254 vom 9. 10. 1990, S. 4.
(2) ABl. Nr. C 72 vom 18. 3. 1991, S. 95, und Beschluß vom 27. Oktober 1993
(noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(3) ABl. Nr. C 60 vom 8. 3. 1991, S. 26.
(4) ABl. Nr. L 183 vom 29. 6. 1989, S. 1.
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