Richtlinie 92/85/EWG
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Richtlinie 92/85/EWG
des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz
(zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG)
Amtsblatt Nr. L 348 vom 28/11/1992 S. 0001 - 0008
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 5 Band 6 S. 0003
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 5 Band 6 S. 0003
RICHTLINIE 92/85/EWG DES RATES vom 19. Oktober 1992 über die
Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und
stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne
des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG)
DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 118a,
auf Vorschlag der Kommission, erstellt nach Anhörung des Beratenden Ausschusses
für Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (1),
in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament (2),
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
Artikel 118a des Vertrages sieht vor, daß der Rat durch Richtlinien
Mindestvorschriften erlässt, um die Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt
zu fördern und so die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer zu
schützen.
Diese Richtlinie ermöglicht keine Einschränkung des bereits in den einzelnen
Mitgliedstaaten erzielten Schutzes; die Mitgliedstaaten haben sich gemäß dem
Vertrag verpflichtet, die bestehenden Bedingungen in diesem Bereich zu
verbessern, und sich eine Harmonisierung bei gleichzeitigem Fortschritt zum Ziel
gesetzt.
Gemäß dem Artikel 118a des Vertrages wird in diesen Richtlinien auf
verwaltungsmässige, finanzielle oder rechtliche Auflagen verzichtet, die der
Gründung und Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben entgegenstehen.
Gemäß dem Beschluß 74/325/EWG (4), zuletzt geändert durch die Beitrittsakte
von 1985, wird der Beratende Ausschuß für Sicherheit, Arbeitshygiene und
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz im Hinblick auf die Ausarbeitung von
Vorschlägen auf diesem Gebiet von der Kommission gehört.
In der vom Europäischen Rat am 9. Dezember 1989 in Straßburg verabschiedeten
Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer heisst es
insbesondere in Absatz 19:
"Jeder Arbeitnehmer muß in seiner Arbeitsumwelt zufriedenstellende
Bedingungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit vorfinden. Es sind geeignete
Maßnahmen zu ergreifen, um die Harmonisierung der auf diesem Gebiet bestehenden
Bedingungen auf dem Weg des Fortschritts weiterzuführen."
Die Kommission hat sich im Rahmen ihres Aktionsprogramms zur Anwendung der
Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer unter anderem den
Erlaß einer Richtlinie über den Schutz von Schwangeren am Arbeitsplatz durch
den Rat zum Ziel gesetzt.
Gemäß Artikel 15 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über
die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (5) müssen besonders
gefährdete Risikogruppen gegen die speziell sie bedrohenden Gefahren geschützt
werden.
Da schwangere Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillende Arbeitnehmerinnen
in vielerlei Hinsicht als eine Gruppe mit besonderen Risiken betrachtet werden
müssen, sind Maßnahmen für ihre Sicherheit und ihren Gesundheitsschutz zu
treffen.
Der Schutz der Sicherheit und der Gesundheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen,
Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen darf Frauen auf dem Arbeitsmarkt
nicht benachteiligen; er darf ferner nicht die Richtlinien zur Gleichbehandlung
von Männern und Frauen beeinträchtigen.
Bei bestimmten Tätigkeiten kann ein besonderes Risiko einer Exposition der
schwangeren Arbeitnehmerin, der Wöchnerin oder der stillenden Arbeitnehmerin
gegenüber gefährlichen Agenzien, Verfahren oder Arbeitsbedingungen bestehen;
diese Risiken müssen beurteilt und die Ergebnisse dieser Beurteilung den
Arbeitnehmerinnen und/oder ihren Vertretern mitgeteilt werden.
Für den Fall, daß das Ergebnis dieser Beurteilung ein Risiko für die
Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmerin ergibt, ist eine Regelung zum
Schutz der Arbeitnehmerin vorzusehen.
Schwangere Arbeitnehmerinnen und stillende Arbeitnehmerinnen dürfen keine
Tätigkeiten ausüben, bei denen die Beurteilung ergeben hat, daß das Risiko
einer die Sicherheit oder Gesundheit gefährdenden Exposition gegenüber
bestimmten besonders gefährlichen Agenzien oder Arbeitsbedingungen besteht.
Es sind Bestimmungen vorzusehen, nach denen schwangere Arbeitnehmerinnen,
Wöchnerinnen oder stillende Arbeitnehmerinnen nicht verpflichtet werden,
Nachtarbeit zu verrichten, wenn dies aus Gründen ihrer Sicherheit und
Gesundheit erforderlich ist.
Die Empfindlichkeit der schwangeren Arbeitnehmerin, der Wöchnerin oder der
stillenden Arbeitnehmerin machen einen Anspruch auf Mutterschaftsurlaub von
mindestens 14 Wochen ohne Unterbrechung erforderlich, die sich auf die Zeit vor
und/oder nach der Entbindung aufteilen; ferner muß ein Mutterschaftsurlaub von
mindestens zwei Wochen obligatorisch gemacht werden, der auf die Zeit vor
und/oder nach der Entbindung aufzuteilen ist.
Die Gefahr, aus Gründen entlassen zu werden, die mit ihrem Zustand in
Verbindung stehen, kann sich schädlich auf die physische und psychische
Verfassung von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen oder stillenden
Arbeitnehmerinnen auswirken; daher ist es erforderlich, ihre Kündigung zu
verbieten.
Die arbeitsorganisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der
schwangeren Arbeitnehmerinnen, der Wöchnerinnen oder der stillenden
Arbeitnehmerinnen hätten keine praktische Wirksamkeit, wenn nicht gleichzeitig
die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte, einschließlich der Fortzahlung
eines Arbeitsentgelts und/oder des Anspruchs auf eine angemessene
Sozialleistung, gewährleistet wären.
Desgleichen hätten die Bestimmungen über den Mutterschaftsurlaub keine
praktische Wirksamkeit, wenn nicht gleichzeitig die mit dem Arbeitsvertrag
verbundenen Rechte und die Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder der
Anspruch auf eine angemessene Sozialleistung gewährleistet wären.
Der Begriff der angemessenen Sozialleistung beim Mutterschaftsurlaub ist als ein
technischer Bezugspunkt zur Festlegung des Mindestschutzstandards anzusehen; er
darf keinesfalls als eine Gleichstellung von Schwangerschaft und Krankheit
ausgelegt werden -
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
ABSCHNITT I
ZIEL UND DEFINITIONEN
Artikel 1
Ziel
(1) Ziel dieser Richtlinie, die die zehnte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel
16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG darstellt, ist die Durchführung von
Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von
schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am
Arbeitsplatz.
(2) Die Bestimmungen der Richtlinie 89/391/EWG mit Ausnahme von Artikel 2 Absatz
2 gelten unbeschadet strengerer und/oder spezifischer Bestimmungen dieser
Richtlinie uneingeschränkt für den gesamten Bereich im Sinne von Absatz 1.
(3) Aus dieser Richtlinie lässt sich bei ihrer Umsetzung keine Rechtfertigung
für einen Abbau des der schwangeren Arbeitnehmerin, der Wöchnerin oder der
stillenden Arbeitnehmerin gewährten Schutzes im Vergleich mit der Lage
ableiten, die in den einzelnen Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Erlasses dieser
Richtlinie besteht.
Artikel 2
Definitionen
Im Sinne dieser Richtlinie gilt als
a) "schwangere Arbeitnehmerin" jede schwangere Arbeitnehmerin, die den
Arbeitgeber gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder
Gepflogenheiten von ihrer Schwangerschaft unterrichtet;
b) "Wöchnerin" jede Arbeitnehmerin kurz nach einer Entbindung im
Sinne der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten, die den
Arbeitgeber gemäß diesen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten von ihrer
Entbindung unterrichtet;
c) "stillende Arbeitnehmerin" jede stillende Arbeitnehmerin im Sinne
der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten, die den
Arbeitgeber gemäß diesen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten darüber
unterrichtet, daß sie stillt.
ABSCHNITT II
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 3
Leitlinien
(1) Die Kommission erstellt im Benehmen mit den Mitgliedstaaten und mit
Unterstützung des Beratenden Ausschusses für Sicherheit, Arbeitshygiene und
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz Leitlinien für die Beurteilung der
chemischen, physikalischen und biologischen Agenzien sowie der industriellen
Verfahren, die als Gefahrenquelle für Gesundheit und Sicherheit der
Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 gelten.
Die in Unterabsatz 1 genannten Leitlinien erstrecken sich auch auf die
Bewegungen und Körperhaltungen, die geistige und körperliche Ermüdung und die
sonstigen, mit der Tätigkeit der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2
verbundenen körperlichen und geistigen Belastungen.
(2) Die in Absatz 1 genannten Leitlinien sollen als Leitfaden für die in
Artikel 4 Absatz 1 vorgesehene Beurteilung dienen.
Zu diesem Zweck bringen die Mitgliedstaaten diese Leitlinien den Arbeitgebern
und den Arbeitnehmerinnen und/oder ihren Vertretern in dem betreffenden
Mitgliedstaat zur Kenntnis.
Artikel 4
Beurteilung und Unterrichtung
(1) Für jede Tätigkeit, bei der ein besonderes Risiko einer Exposition
gegenüber den in der nicht erschöpfenden Liste in Anhang I genannten Agenzien,
Verfahren und Arbeitsbedingungen besteht, sind in dem betreffenden Unternehmen
und/oder Betrieb vom Arbeitgeber selbst oder durch die in Artikel 7 der
Richtlinie 89/391/EWG genannten Dienste für die Gefahrenverhütung Art, Ausmaß
und Dauer der Exposition der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 zu
beurteilen, damit
- alle Risiken für Sicherheit und Gesundheit sowie alle Auswirkungen auf
Schwangerschaft oder Stillzeit der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2
abgeschätzt und
- die zu ergreifenden Maßnahmen bestimmt werden können.
(2) Unbeschadet des Artikels 10 der Richtlinie 89/391/EWG werden in dem
betreffenden Unternehmen und/oder Betrieb die Arbeitnehmerinnen im Sinne des
Artikels 2 sowie diejenigen Arbeitnehmerinnen, die sich in einer der in Artikel
2 genannten Situationen befinden könnten, und/oder ihre Vertreter über die
Ergebnisse der Beurteilung nach Absatz 1 und über die in bezug auf Sicherheit
und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu ergreifenden Maßnahmen unterrichtet.
Artikel 5
Konsequenzen aus der Beurteilung
(1) Ergibt die Beurteilung nach Artikel 4 Absatz 1 das Vorhandensein einer
Gefährdung für Sicherheit oder Gesundheit sowie eine mögliche Auswirkung auf
Schwangerschaft oder Stillzeit einer Arbeitnehmerin im Sinne des Artikels 2, so
trifft der Arbeitgeber unbeschadet des Artikels 6 der Richtlinie 89/391/EWG die
erforderlichen Maßnahmen, um durch eine einstweilige Umgestaltung der
Arbeitsbedingungen und/oder der Arbeitszeiten der betreffenden Arbeitnehmerin
auszuschließen, daß die Arbeitnehmerin dieser Gefährdung ausgesetzt ist.
(2) Ist die Umgestaltung der Arbeitsbedingungen und/oder der Arbeitszeiten
technisch und/oder sachlich nicht möglich oder aus gebührend nachgewiesenen
Gründen nicht zumutbar, so trifft der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen
für einen Arbeitsplatzwechsel der betreffenden Arbeitnehmerin.
(3) Ist der Arbeitsplatzwechsel technisch und/oder sachlich nicht möglich oder
aus gebührend nachgewiesenen Gründen nicht zumutbar, so wird die betreffende
Arbeitnehmerin während des gesamten zum Schutz ihrer Sicherheit und Gesundheit
erforderlichen Zeitraums entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften
und/oder Gepflogenheiten beurlaubt.
(4) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten sinngemäß für den Fall, daß eine
Arbeitnehmerin, die eine nach Artikel 6 verbotene Tätigkeit ausübt, schwanger
wird oder stillt und ihren Arbeitgeber davon unterrichtet.
Artikel 6
Verbot der Exposition
Neben den allgemeinen Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer und insbesondere
den Vorschriften über die Grenzwerte berufsbedingter Expositionen gilt
folgendes:
1. Schwangere Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a) dürfen in
keinem Fall zu Tätigkeiten verpflichtet werden, bei denen die Beurteilung
ergeben hat, daß das Risiko einer die Sicherheit oder Gesundheit gefährdenden
Exposition gegenüber den in Anhang II Abschnitt A aufgeführten Agenzien und
Arbeitsbedingungen besteht.
2. Stillende Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c) dürfen in
keinem Fall zu Tätigkeiten verpflichtet werden, bei denen die Beurteilung
ergeben hat, daß das Risiko einer die Sicherheit oder Gesundheit gefährdenden
Exposition gegenüber den in Anhang II Abschnitt B aufgeführten Agenzien und
Arbeitsbedingungen besteht.
Artikel 7
Nachtarbeit
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit
Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 während ihrer Schwangerschaft und
während eines von der für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz
zuständigen einzelstaatlichen Behörde festzulegenden Zeitraums nach der
Entbindung nicht zu Nachtarbeit verpflichtet werden, vorbehaltlich eines nach
den von den Mitgliedstaaten zu bestimmenden Einzelheiten vorzulegenden
ärztlichen Attestes, in dem die entsprechende Notwendigkeit im Hinblick auf die
Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerin bestätigt wird.
(2) Die in Absatz 1 genannten Maßnahmen müssen entsprechend den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten folgendes
ermöglichen:
a) die Umsetzung an einen Arbeitsplatz mit Tagarbeit oder
b) die Beurlaubung oder die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs, sofern eine
solche Umsetzung technisch oder sachlich nicht möglich oder aus gebührend
nachgewiesenen Gründen nicht zumutbar ist.
Artikel 8
Mutterschaftsurlaub
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um
sicherzustellen, daß den Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 ein
Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen ohne Unterbrechung gewährt wird,
die sich entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder
Gepflogenheiten auf die Zeit vor und/oder nach der Entbindung aufteilen.
(2) Der Mutterschaftsurlaub gemäß Absatz 1 muß einen obligatorischen
Mutterschaftsurlaub von mindestens zwei Wochen umfassen, die sich entsprechend
den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten auf die Zeit
vor und/oder nach der Entbindung aufteilen.
Artikel 9
Freistellung von der Arbeit für Vorsorgeuntersuchungen
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit schwangeren
Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a) entsprechend den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten eine Freistellung
von der Arbeit gewährt wird, die es ihnen erlaubt, die Vorsorgeuntersuchungen
während der Schwangerschaft ohne Lohn- bzw. Gehaltseinbussen wahrzunehmen, wenn
diese Untersuchungen während der Arbeitszeit stattfinden müssen.
Artikel 10
Verbot der Kündigung
Um den Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 die Ausübung der in diesem
Artikel anerkannten Rechte in bezug auf ihre Sicherheit und ihren
Gesundheitsschutz zu gewährleisten, wird folgendes vorgesehen:
1. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Kündigung
der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 während der Zeit vom Beginn der
Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs nach Artikel 8 Absatz 1 zu
verbieten; davon ausgenommen sind die nicht mit ihrem Zustand in Zusammenhang
stehenden Ausnahmefälle, die entsprechend den einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten zulässig sind, wobei gegebenenfalls
die zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilen muß.
2. Wird einer Arbeitnehmerin im Sinne des Artikels 2 während der in Nummer 1
genannten Zeit gekündigt, so muß der Arbeitgeber schriftlich berechtigte
Kündigungsgründe anführen.
3. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um
Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 vor den Folgen einer nach Nummer 1
widerrechtlichen Kündigung zu schützen.
Artikel 11
Mit dem Arbeitsvertrag verbundene Rechte
Um den Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 die Ausübung der in diesem
Artikel anerkannten Rechte in bezug auf ihre Sicherheit und ihren
Gesundheitsschutz zu gewährleisten, wird folgendes vorgesehen:
1. In den in den Artikeln 5, 6 und 7 genannten Fällen müssen die mit dem
Arbeitsvertrag verbundenen Rechte der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2,
einschließlich der Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder des Anspruchs auf
eine angemessene Sozialleistung, entsprechend den einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten gewährleistet sein.
2. In dem in Artikel 8 genannten Fall müssen gewährleistet sein:
a) die mit dem Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2
verbundenen anderen Rechte als die unter dem nachstehenden Buchstaben b)
genannten;
b) die Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder der Anspruch auf eine
angemessene Sozialleistung für die Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2.
3. Die Sozialleistung nach Nummer 2 Buchstabe b) gilt als angemessen, wenn sie
mindestens den Bezuegen entspricht, die die betreffende Arbeitnehmerin im Falle
einer Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen
erhalten würde, wobei es gegebenenfalls eine von den einzelstaatlichen
Gesetzgebern festgelegte Obergrenze gibt.
4. Es steht den Mitgliedstaaten frei, den Anspruch auf die Fortzahlung des
Arbeitsentgelts oder die in Nummer 1 und Nummer 2 Buchstabe b) genannte
Sozialleistung davon abhängig zu machen, daß die betreffende Arbeitnehmerin
die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen für
das Entstehen eines Anspruchs auf diese Leistungen erfüllt.
Nach diesen Bedingungen darf keinesfalls vorgesehen sein, daß dem
voraussichtlichen Zeitpunkt der Entbindung eine Erwerbstätigkeit von mehr als
zwölf Monaten unmittelbar vorangegangen sein muß.
Artikel 12
Rechtsschutz
Die Mitgliedstaaten erlassen die innerstaatlichen Vorschriften, die notwendig
sind, damit jede Arbeitnehmerin, die sich durch die Nichterfüllung der
Verpflichtungen aus dieser Richtlinie für beschwert hält, ihre Rechte
gerichtlich und/oder entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften
und/oder Gebräuchen durch Befassung anderer zuständiger Stellen geltend machen
kann.
Artikel 13
Anpassung der Anhänge
(1) Rein technische Anpassungen des Anhangs I zur Berücksichtigung des
technischen Fortschritts, der Entwicklung der internationalen Vorschriften oder
Spezifikationen und des Wissensstandes auf dem Gebiet, auf das diese Richtlinie
Anwendung findet, werden nach dem Verfahren des Artikels 17 der Richtlinie
89/391/EWG vorgenommen.
(2) Anhang II kann nur nach dem Verfahren des Artikels 118a des Vertrages
geändert werden.
Artikel 14
Schlußbestimmungen
(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens zwei Jahre nach ihrem
Erlaß nachzukommen, bzw. vergewissern sich, daß die Sozialpartner bis
spätestens zwei Jahre nach dem Erlaß dieser Richtlinie die notwendigen
Vorschriften durch Vereinbarungen einführen, wobei die Mitgliedstaaten die
notwendigen Vorkehrungen zu treffen haben, um jederzeit in der Lage zu sein, die
dieser Richtlinie entsprechenden Ergebnisse zu gewährleisten. Sie setzen die
Kommission unverzueglich davon in Kenntnis.
(2) Wenn die Mitgliedstaaten die Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie
in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen
Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die
Einzelheiten der Bezugnahme.
(3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wesentlichen
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die auf dem unter diese Richtlinie
fallenden Gebiet bereits erlassen worden sind oder von ihnen erlassen werden.
(4) Die Mitgliedstaaten erstatten der Kommission alle fünf Jahre Bericht über
die praktische Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie und geben dabei
die Standpunkte der Sozialpartner an.
Die Mitgliedstaaten erstatten der Kommission jedoch erstmalig vier Jahre nach
der Annahme dieser Richtlinie Bericht über deren praktische Durchführung;
dabei erwähnen sie die Standpunkte der Sozialpartner.
Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament, den Rat, den
Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Beratenden Ausschuß für Sicherheit,
Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz darüber.
(5) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem
Wirtschafts- und Sozialausschuß regelmässig einen Bericht über die Anwendung
dieser Richtlinie unter Berücksichtigung der Absätze 1, 2 und 3 vor.
(6) Der Rat überprüft diese Richtlinie aufgrund einer Bewertung im Anschluß
an die Berichte nach Absatz 4 Unterabsatz 2 und gegebenenfalls eines spätestens
fünf Jahre nach ihrer Annahme vorzulegenden Vorschlags der Kommission.
Artikel 15
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Luxemburg am 19. Oktober 1992.
Im Namen des Rates
Der Präsident
D. CURRY
(1) ABl. Nr. C 281 vom 9. 11. 1990, S. 3, und ABl. Nr. C 25 vom 1. 2. 1991,
S. 9.
(2) ABl. Nr. C 19 vom 28. 1. 1991, S. 177, und ABl. Nr. C 150 vom 15. 6. 1992,
S. 99.
(3) ABl. Nr. C 41 vom 18. 2. 1991, S. 29.
(4) ABl. Nr. L 185 vom 9. 7. 1974, S. 15.
(5) ABl. Nr. L 183 vom 29. 6. 1989, S. 1.
ANHANG I
NICHT ERSCHÖPFENDE LISTE DER AGENZIEN, VERFAHREN UND ARBEITSBEDINGUNGEN
NACH ARTIKEL 4 ABSATZ 1
A. Agenzien
1. Physikalische Agenzien, sofern sie als Agenzien gelten, die zu Schädigungen
des Fötus führen und/oder eine Lösung der Plazenta verursachen können,
insbesondere
a) Stösse, Erschütterungen oder Bewegungen;
b) Bewegen schwerer Lasten von Hand, gefahrenträchtig insbesondere für den
Rücken- und Lendenwirbelbereich;
c) Lärm;
d) ionisierende Strahlungen (*);
e) nicht ionisierende Strahlungen;
f) extreme Kälte und Hitze;
g) Bewegungen und Körperhaltungen, sowohl innerhalb als auch ausserhalb des
Betriebs, geistige und körperliche Ermüdung und sonstige mit der Tätigkeit
der Arbeitnehmerin im Sinne des Artikels 2 verbundene körperliche Belastungen.
2. Biologische Agenzien
Biologische Agenzien der Risikogruppen 2 bis 4 im Sinne des Artikels 2 Buchstabe
d) der Richtlinie 90/679/EWG (¹), soweit bekannt ist, daß diese Agenzien oder
die im Fall einer durch sie hervorgerufenen Schädigung anzuwendenden
therapeutischen Maßnahmen die Gesundheit der schwangeren Arbeitnehmerin und des
ungeborenen Kindes gefährden und soweit sie noch nicht in Anhang II aufgenommen
sind.
3. Chemische Agenzien
Folgende chemische Agenzien, soweit bekannt ist, daß sie die Gesundheit der
schwangeren Arbeitnehmerin und des ungeborenen Kindes gefährden und soweit sie
noch nicht in Anhang II aufgenommen sind:
a) nach der Richtlinie 67/548/EWG (²) als R 40, R 45, R 46 und R 47
gekennzeichnete Stoffe, sofern sie noch nicht in Anhang II aufgenommen sind;
b) die in Anhang I der Richtlinie 90/394/EWG (³) aufgeführten chemischen
Agenzien;
c) Quecksilber und Quecksilberderivate;
d) Mitosehemmstoffe;
e) Kohlenmonoxid;
f) gefährliche chemische Agenzien, die nachweislich in die Haut eindringen.
B. Verfahren
- Die in Anhang I der Richtlinie 90/394/EWG aufgeführten industriellen
Verfahren.
C. Arbeitsbedingungen
- Bergbauarbeiten unter Tage.
(*) Siehe Richtlinie 80/836/Euratom (ABl. Nr. L 246 vom 17. 9. 1980, S. 1).
(¹) ABl. Nr. L 374 vom 31. 12. 1990, S. 1.
(²) ABl. Nr. L 196 vom 16. 8. 1967, S. 1; Richtlinie zuletzt geändert durch
die Richtlinie 90/517/EWG (ABl. Nr. L 287 vom 19. 10. 1990, S. 37).
(³) ABl. Nr. L 196 vom 26. 7. 1990, S. 1.
ANHANG II
NICHT ERSCHÖPFENDE LISTE DER AGENZIEN UND ARBEITSBEDINGUNGEN
NACH ARTIKEL 6
A. Schwangere Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a)
1. Agenzien
a) Physikalische Agenzien
- Arbeit bei Überdruck, z. B. in Druckkammern, beim Tauchen.
b) Biologische Agenzien
Folgende biologische Agenzien:
- Toxoplasma,
- Rötelvirus,
ausser in Fällen, in denen nachgewiesen wird, daß die Arbeitnehmerin durch
Immunisierung ausreichend gegen diese Agenzien geschützt ist.
c) Chemische Agenzien
- Blei und Bleiderivate, soweit die Gefahr besteht, daß diese Agenzien vom
menschlichen Organismus absorbiert werden.
2. Arbeitsbedingungen
- Bergbauarbeiten unter Tage.
B. Stillende Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c)
1. Agenzien
a) Chemische Agenzien
- Blei und Bleiderivate, soweit die Gefahr besteht, daß diese Agenzien vom
menschlichen Organismus absorbiert werden.
2. Arbeitsbedingungen
- Bergbauarbeiten unter Tage.
Erklärung des Rates und der Kommission zu Artikel 11 Nummer 3 der Richtlinie
92/85/EWG zur Aufnahme in das Protokoll der 1 608. Tagung des Rates (Luxemburg,
den 19. Oktober 1992)
DER RAT UND DIE KOMMISSION erklären:
"Bei der Festlegung der Höhe der Leistungen nach Artikel 11 Nummer 2
Buchstabe b) und Nummer 3 wird lediglich aus technischen Gründen auf die
Leistungen Bezug genommen, die die Arbeitnehmerin im Falle einer Unterbrechung
ihrer Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen erhalten würde. Diese
Bezugnahme bedeutet keineswegs die Gleichstellung von Schwangerschaft und Geburt
mit Krankheit. Die nationalen Sozialversicherungsvorschriften aller
Mitgliedstaaten sehen vor, daß während einer krankheitsbedingten Abwesenheit
vom Arbeitsplatz eine Leistung gezahlt wird. Die in der gewählten Formulierung
hergestellte Verbindung mit diesen Leistungen soll lediglich dazu dienen, einen
konkreten, festen Bezugsbetrag in allen Mitgliedstaaten für die Festlegung des
Mindestbetrags der zu zahlenden Mutterschaftsleistung vorzusehen. Werden in
einzelnen Mitgliedstaaten höhere Leistungen gezahlt als in der Richtlinie
vorgesehen, so werden diese Leistungen selbstverständlich beibehalten. Dies
geht aus Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie deutlich hervor."
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