Richtlinie 92/59/EWG des Rates vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit
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Richtlinie 92/59/EWG
des Rates vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit
Amtsblatt Nr. L 228 vom 11/08/1992 S. 0024 - 0032
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 15 Band 11 S. 0169
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 15 Band 11 S. 0169
RICHTLINIE 92/59/EWG DES RATES vom 29. Juni 1992 über die
allgemeine Produktsicherheit
DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,
auf Vorschlag der Kommission(1) ,
in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament(2) ,
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3) ,
in Erwägung nachstehender Gründe:
Es sind Maßnahmen zur schrittweisen Vollendung des Binnenmarktes bis zum 31.
Dezember 1992 zu erlassen. Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne
Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen
und Kapital gewährleistet ist.
Mehrere Mitgliedstaaten haben horizontale Rechtsvorschriften zur
Produktsicherheit erlassen, die den Wirtschaftssubjekten vor allem eine
allgemeine Verpflichtung auferlegen, nur sichere Produkte in den Verkehr zu
bringen. Diese Rechtsvorschriften führen zu einem unterschiedlichen
Schutzniveau. Derartige Unterschiede und das Fehlen horizontaler
Rechtsvorschriften in anderen Mitgliedstaaten sind geeignet, den
innergemeinschaftlichen Handel zu behindern und Wettbewerbsverzerrungen
innerhalb des Binnenmarktes hervorzurufen.
Es ist sehr schwierig, Gemeinschaftsvorschriften für alle gegenwärtigen und
künftigen Produkte zu erlassen. Für solche Produkte sind umfassende
horizontale Rahmenvorschriften notwendig, die Lücken in gegenwärtigen oder
künftigen spezifischen Rechtsvorschriften schließen, um vor allem das nach
Artikel 100a Absatz 3 des Vertrages geforderte hohe Schutzniveau für die
Sicherheit und Gesundheit von Personen zu gewährleisten.
Daher ist es erforderlich, für alle auf den Markt gebrachten Produkte, die für
die Verbraucher bestimmt sind oder von den Verbrauchern verwendet werden
könnten, gemeinschaftsweit eine allgemeine Sicherheitsanforderung zu schaffen.
Dabei sind jedoch bestimmte gebrauchte Produkte von Natur wegen auszuschließen.
Produktionsanlagen, Investitionsgüter und andere nur zur beruflichen Nutzung
bestimmte Produkte werden von dieser Richtlinie nicht betroffen.
Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten, soweit es im Rahmen von
Gemeinschaftsregelungen keine spezifischen Bestimmungen über die Sicherheit der
betreffenden Produkte gibt.
Wenn in geltenden spezifischen Gemeinschaftsvorschriften, die auf eine
vollständige Harmonisierung abzielen, insbesondere solchen, die auf der
Grundlage der neuen Konzeption verabschiedet wurden, Anforderungen hinsichtlich
der Produktsicherheit festgelegt sind, ist es nicht notwendig, den
Wirtschaftssubjekten in bezug auf die Vermarktung der unter solche Vorschriften
fallenden Produkte weitere Verpflichtungen aufzuerlegen.
Wenn für das betreffende Erzeugnis in spezifischen Gemeinschaftsvorschriften
nur bestimmte Gesichtspunkte der Sicherheit oder Risikokategorien abgedeckt
werden, sind die Verpflichtungen der Wirtschaftssubjekte hinsichtlich dieser
Aspekte ausschließlich durch diese Vorschriften bestimmt.
Die Verpflichtung zur Einhaltung der allgemeinen Sicherheitsanforderung ist
durch die Verpflichtung der Wirtschaftssubjekte zu ergänzen, dem Verbraucher
einschlägige Informationen zu liefern und entsprechend den besonderen Merkmalen
der Produkte angemessene Maßnahmen zu treffen, so daß der Verbraucher über
etwaige Risiken dieser Produkte unterrichtet ist.
In Ermangelung spezifischer Vorschriften sind Kriterien für die Beurteilung der
Sicherheit eines Produktes festzulegen.
Die Mitgliedstaaten schaffen Behörden mit den erforderlichen Befugnissen,
geeignete Maßnahmen zur Kontrolle der Sicherheit von Produkten zu treffen.
Zu den geeigneten Maßnahmen muß insbesondere gehören, daß die
Mitgliedstaaten die Rücknahme bereits in Verkehr gebrachter gefährlicher
Produkte wirksam und sofort organisieren können.
Um die Einheit des Marktes zu erhalten, ist die Kommission von jeder Maßnahme
zu unterrichten, mit der das Inverkehrbringen eines Produkts beschränkt oder
seine Rücknahme vom Markt angeordnet wird, es sei denn, die Maßnahme betrifft
einen Vorfall, der nur örtliche, auf jeden Fall auf das Hoheitsgebiet des
betreffenden Mitgliedstaats begrenzte Auswirkungen hat. Solche Maßnahmen
dürfen nur unter Beachtung der Bestimmungen des Vertrages, insbesondere der
Artikel 30 bis 36, getroffen werden.
Die vorliegende Richtlinie beeinträchtigt nicht die Notifizierungsverfahren
gemäß der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein
Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften(4)
und der Entscheidung 88/383/EWG der Kommission vom 24. Februar 1988 über die
Verbesserung der Information im Bereich Sicherheit, Arbeitshygiene und
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz(5) .
Eine wirksame Überwachung der Produktsicherheit erfordert die Schaffung eines
landes- und gemeinschaftsweiten Systems für den raschen Informationsaustausch
über Produktsicherheitsnotfälle. Daher ist das Verfahren nach der Entscheidung
89/45/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über ein gemeinschaftliches System
zum raschen Austausch von Informationen über die Gefahren bei der Verwendung
von Konsumgütern(6) in die vorliegende Richtlinie einzugliedern und diese
Entscheidung aufzuheben. Ausserdem ist es angebracht, die gemäß dieser
Entscheidung festgelegten detaillierten Verfahren in die vorliegende Richtlinie
zu übernehmen und der Kommission die Befugnis zu übertragen, diese Verfahren
mit Unterstützung eines Ausschusses anzupassen.
Entsprechende Meldeverfahren gibt es im übrigen bereits für Arzneimittel
(Richtlinien 75/319/EWG(7) und 81/851/EWG(8) ), Viehseuchen (Richtlinie
82/894/EWG(9) ), Erzeugnisse tierischen Ursprungs (Richtlinie 89/622/EWG(10) )
und in Form des Systems zum schnellen Informationsaustausch im Fall einer
radiologischen Notstandssituation (Entscheidung 87/600/Euratom(11) ).
Es ist in erster Linie Sache der Mitgliedstaaten, unter Einhaltung der
Bestimmungen des Vertrages, insbesondere der Artikel 30 bis 36, die
entsprechenden Maßnahmen in bezug auf gefährliche Produkte zu ergreifen, die
sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden.
Es besteht daher die Möglichkeit, daß die einzelnen Mitgliedstaaten für ein
bestimmtes Produkt unterschiedliche Entscheidungen treffen. Dies kann zu nicht
vertretbaren Disparitäten beim Verbraucherschutz führen und somit den
innergemeinschaftlichen Handel behindern.
Es können schwere Produktsicherheitsnotfälle eintreten, die die gesamte
Gemeinschaft oder einen bedeutenden Teil derselben betreffen oder in
unmittelbarer Zukunft betreffen könnten und für die wegen des
Sicherheitsproblems, das das Produkt aufweist, im Rahmen der Verfahren, die in
den spezifischen Gemeinschaftsvorschriften für das jeweilige Produkt bzw. die
jeweilige Produktgruppe vorgesehen sind, keine mit der Dringlichkeit des
Problems zu vereinbarende wirksame Lösung gefunden werden kann.
Daher ist ein geeignetes Verfahren zu schaffen, bei dem als letztes Mittel für
die gesamte Gemeinschaft Maßnahmen in Form von an die Mitgliedstaaten
gerichteten Entscheidungen erlassen werden können, damit Notfällen der
genannten Art begegnet werden kann. Solche Entscheidungen gelten für die
Wirtschaftssubjekte nicht unmittelbar, sondern müssen in innerstaatliches Recht
umgesetzt werden. Nach diesem Verfahren darf die Kommission mit Unterstützung
eines Ausschusses der Vertreter der Mitgliedstaaten nur befristete Maßnahmen
beschließen. Zur Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten ist ein
Regelungsausschuß gemäß dem Verfahren III Variante b) des Beschlusses
87/373/EWG(12) einzusetzen.
Diese Richtlinie hat keine Auswirkungen auf die Rechte der Geschädigten im
Sinne der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für
fehlerhafte Produkte(13) .
Die Mitgliedstaaten haben dafür zu sorgen, daß bei den zuständigen Gerichten
geeignete Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der zuständigen Behörden eingelegt
werden können, durch die das Inverkehrbringen eines Produktes beschränkt oder
seine Rücknahme vom Markt angeordnet wird.
Im Lichte der Erfahrungen ist eine etwaige Anpassung dieser Richtlinie
insbesondere hinsichtlich der Ausdehnung des Anwendungsbereichs und hinsichtlich
der Vorschriften für Notfälle und für Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene in
Betracht zu ziehen.
Bei importierten Produkten sind im übrigen Maßnahmen zur Abwendung von
Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit von Personen in Übereinstimmung mit
den internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft zu erlassen -
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
TITEL I
Ziele - Geltungsbereich - Begriffsbestimmungen
Artikel 1
(1) Mit dieser Richtlinie soll sichergestellt werden, daß die in den Verkehr
gebrachten Produkte sicher sind.
(2) Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten, soweit es im Rahmen
gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften keine spezifischen Bestimmungen über die
Sicherheit der betreffenden Produkte gibt.
Enthält eine spezifische gemeinschaftliche Rechtsvorschrift Bestimmungen, in
denen die Sicherheitsanforderungen für bestimmte Produkte festgelegt werden, so
finden insbesondere die Artikel 2, 3 und 4 auf keinen Fall Anwendung auf diese
Produkte.
Enthält eine spezifische gemeinschaftliche Rechtsvorschrift Bestimmungen, die
nur bestimmte Gesichtspunkte der Sicherheit der betreffenden Produkte oder
Risikokategorien für die betreffenden Produkte regeln, so finden diese
Bestimmungen in bezug auf diese Sicherheits- bzw. Risikogesichtspunkte
Anwendung.
Artikel 2
Im Sinne dieser Richtlinie gilt als
a) "Produkt" jedes Produkt, das für Verbraucher bestimmt ist oder von
Verbrauchern benutzt werden könnte und das entgeltlich oder unentgeltlich im
Rahmen einer Geschäftstätigkeit geliefert wird, unabhängig davon, ob es neu,
gebraucht oder wiederaufgearbeitet ist.
Diese Richtlinie gilt jedoch nicht für gebrauchte Produkte, die als
Antiquitäten oder als Produkte geliefert werden, die vor ihrer Verwendung
instand gesetzt oder wiederaufgearbeitet werden müssen, sofern der Lieferant
der von ihm belieferten Person klare Angaben darüber macht;
b) "sicheres Produkt" jedes Produkt, das bei normaler oder
vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung, was auch die Gebrauchsdauer
einschließt, keine oder nur geringe, mit seiner Verwendung zu vereinbarende und
unter Wahrung eines hohen Schutzniveaus für die Gemeinschaft und Sicherheit von
Personen vertretbare Gefahren birgt, insbesondere im Hinblick auf
- die Eigenschaften des Produkts, unter anderem seine Zusammensetzung, seine
Verpackung, die Bedingungen für seinen Zusammenbau, seine Wartung;
- seine Einwirkung auf andere Produkte, wenn eine gemeinsame Verwendung mit
anderen Produkten vernünftigerweise vorhersehbar ist;
- seine Aufmachung, seine Etikettierung, gegebenenfalls seine Gebrauchs- und
Bedienungsanleitung und Anweisungen für seine Beseitigung sowie alle sonstigen
Angaben oder Informationen seitens des Herstellers;
- die Gruppen von Verbrauchern, die bei der Verwendung des Produkts einem
erhöhten Risiko ausgesetzt sind, vor allem Kinder.
Die Möglichkeit, einen höheren Sicherheitsgrad zu erreichen, oder die
Verfügbarkeit anderer Produkte, die eine geringere Gefährdung aufweisen, ist
kein ausreichender Grund, um ein Produkt als nicht sicher oder gefährlich
anzusehen;
c) "gefährliches Produkt" jedes Produkt, das nicht der
Begriffsbestimmung des sicheren Produkts gemäß Buchstabe b) entspricht;
d) "Hersteller"
- der Hersteller des Produkts, wenn er seinen Sitz in der Gemeinschaft hat, und
jede andere Person, die als Hersteller auftritt, indem sie auf dem Produkt ihren
Namen, ihr Markenzeichen oder ein anderes Unterscheidungszeichen anbringt, oder
die Person, die das Produkt wiederaufarbeitet;
- der Vertreter des Herstellers, wenn dieser seinen Sitz nicht in der
Gemeinschaft hat, oder, falls kein Vertreter mit Sitz in der Gemeinschaft
vorhanden ist, der Importeur des Produkts;
- sonstige Gewerbetreibende der Absatzkette, soweit ihre Tätigkeit die
Sicherheitseigenschaften eines auf den Markt gebrachten Produkts beeinflussen
kann;
e) "Händler" jeder Gewerbetreibende der Absatzkette, dessen
Tätigkeit die Sicherheitseigenschaften eines auf den Markt gebrachten Produktes
nicht beeinflusst.
TITEL II Allgemeine Sicherheitsverpflichtung
Artikel 3
(1) Die Hersteller dürfen nur sichere Produkte auf den Markt bringen.
(2) Die Hersteller haben im Rahmen ihrer jeweiligen Geschäftstätigkeit
- dem Verbraucher einschlägige Informationen zu erteilen, damit er die
Gefahren, die von dem Produkt während der üblichen oder nach vernünftigem
Ermessen voraussehbaren Gebrauchsdauer ausgehen und ohne entsprechende
Warnhinweise nicht unmittelbar erkennbar sind, beurteilen und sich dagegen
schützen kann.
Die Anbringung solcher Warnhinweise entbindet jedoch nicht von der
Verpflichtung, die übrigen Sicherheitsanforderungen dieser Richtlinie zu
beachten;
- den Eigenschaften der von ihnen gelieferten Produkte angemessene Maßnahmen zu
treffen, damit sie imstande sind, die etwaigen von diesen Produkten ausgehenden
Gefahren zu erkennen, und zu deren Vermeidung zweckmässige Vorkehrungen,
erforderlichenfalls einschließlich der Rücknahme des betreffenden Produkts vom
Markt, zu treffen.
Die obenerwähnten Maßnahmen umfassen, sofern zweckmässig, beispielsweise die
Kennzeichnung der Produkte oder des Produktpostens im Hinblick auf deren
Identifizierung, die Durchführung von Stichproben bei den in den Verkehr
gebrachten Produkten und die Untersuchung von Beschwerden sowie die
Unterrichtung der Händler über diese Überwachungsmaßnahmen.
(3) Die Händler haben sorgfältig zu handeln, um zur Einhaltung der allgemeinen
Sicherheitsverpflichtung beizutragen, indem sie vor allem keine Produkte
liefern, von denen sie wissen oder bei denen sie anhand der ihnen vorliegenden
Informationen und als Gewerbetreibende hätten davon ausgehen müssen, daß sie
dieser Anforderung nicht genügen. Im Rahmen ihrer jeweiligen
Geschäftstätigkeit haben sie vor allem an der Überwachung der Sicherheit der
auf dem Markt befindlichen Produkte mitzuwirken, insbesondere durch Weitergabe
von Hinweisen auf eine von den Produkten ausgehende Gefährdung und durch
Mitarbeit an Maßnahmen zur Vermeidung dieser Gefahren.
Artikel 4
(1) Sind die Sicherheitsanforderungen an das Produkt nicht durch spezifische
gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt, so gilt ein Produkt als sicher,
wenn es den mit dem Vertrag, insbesondere den Artikeln 30 und 36, in Einklang
stehenden spezifischen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen
Hoheitsgebiet sich das Produkt im Verkehr befindet, über die Gesundheits- und
Sicherheitsanforderungen für das Inverkehrbringen dieses Produkts entspricht.
(2) In Ermangelung einer spezifischen Vorschrift im Sinne von Absatz 1 wird die
Übereinstimmung eines Produkts mit der allgemeinen Sicherheitsanforderung unter
Berücksichtigung der innerstaatlichen unverbindlichen Normen, die eine
europäische Norm umsetzen, etwaiger technischer Spezifikationen der
Gemeinschaft oder andernfalls der Normen des Mitgliedstaats, in dem sich das
Produkt im Verkehr befindet, der auf dem Gebiet der Gesundheit und der
Sicherheit bestehenden Verhaltenskodizes des betreffenden Bereichs oder aber
anhand des Stands der Kenntnisse und der Technik sowie der Sicherheit, welche
die Verbraucher billigerweise erwarten dürfen, bewertet.
(3) Die Übereinstimmung eines Produkts mit den Bestimmungen des Absatzes 1 oder
2 hindert die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nicht daran,
zweckmässige Maßnahmen zu ergreifen, um die Vermarktung eines Produkts zu
beschränken oder dessen Rücknahme vom Markt zu verlangen, wenn sich trotz
dieser Übereinstimmung herausstellt, daß es für die Gesundheit und die
Sicherheit der Verbraucher gefährlich ist.
TITEL III Pflichten und Befugnisse der Mitgliedstaaten
Artikel 5
Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, um sicherzustellen, daß die Hersteller und Händler
die sich für sie aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen einhalten und
nur sichere Produkte auf den Markt gebracht werden.
Die Mitgliedstaaten müssen insbesondere Behörden schaffen oder benennen,
welche die Übereinstimmung der Produkte mit der Verpflichtung, nur sichere
Produkte auf den Markt zu bringen, kontrollieren, und dabei sicherstellen, daß
diese Behörden über die erforderlichen Befugnisse verfügen, um geeignete
Maßnahmen im Sinne dieser Richtlinie treffen zu können, einschließlich der
Möglichkeit, angemessene Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen diese
Richtlinie zu verhängen. Sie melden diese Behörden der Kommission, die diese
Information den übrigen Mitgliedstaaten übermittelt.
Artikel 6
(1) Aufgrund von Artikel 5 verfügen die Mitgliedstaaten über die entsprechend
dem Ausmaß der Gefährdung und in Übereinstimmung mit dem Vertrag,
insbesondere mit den Artikeln 30 und 36, auszuübenden Befugnisse für den
Erlaß geeigneter Maßnahmen, um unter anderem
a) die Sicherheitseigenschaften eines Produkts, auch nachdem es als sicher auf
den Markt gebracht wurde, in angemessenem Umfang bis zur letzten Stufe des
Gebrauchs oder Verbrauchs zu überprüfen;
b) von allen Beteiligten alle erforderlichen Informationen zu verlangen;
c)im Hinblick auf Sicherheitsprüfungen Muster eines Produkts oder einer
Produktreihe zu entnehmen;
d) das Inverkehrbringen eines Produkts Vorbedingungen zu unterwerfen, um dieses
sicher zu machen und das Anbringen geeigneter Warnhinweise über von dem Produkt
ausgehende Gefährdungen zu verlangen;
e) zu veranlassen, daß alle, die einer von einem Produkt ausgehenden Gefahr
ausgesetzt sein können, rechtzeitig in geeigneter Form, auch durch die
Veröffentlichung entsprechender Warnungen, auf diese Gefahr hingewiesen werden;
f) für den für die entsprechenden Prüfungen erforderlichen Zeitraum
vorübergehend zu verbieten, das betreffende Produkt oder den betreffenden
Produktposten zu liefern, zur Lieferung anzubieten oder auszustellen, sofern
genaue und übereinstimmende Indizien für die Gefährlichkeit dieser Produkte
vorliegen;
g) das Inverkehrbringen eines Produkts oder eines Produktpostens, das bzw. der
sich als gefährlich erwiesen hat, zu verbieten und notwendige flankierende
Maßnahmen zur Gewährleistung der Einhaltung dieses Verbots festzulegen;
h) die Rücknahme eines bereits auf dem Markt befindlichen Produkts oder eines
Produktpostens und nötigenfalls dessen Vernichtung unter geeigneten Bedingungen
effizient und sofort zu organisieren.
(2) Die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten aufgrund dieses
Artikels zu treffenden Maßnahmen richten sich je nachdem
a) an den Hersteller,
b) im Rahmen ihrer jeweiligen Geschäftstätigkeit an die Händler und
insbesondere an den Verantwortlichen der ersten Vertriebsstufe auf dem
Inlandsmarkt;
c) an jede andere Person, wenn sich dies als nötig erweist, im Hinblick auf
deren Mitwirkung an Maßnahmen zur Vermeidung der sich aus einem Produkt
ergebenden Gefährdung.
TITEL IV Unterrichtung und Informationsaustausch
Artikel 7
(1) Trifft ein Mitgliedstaat Maßnahmen, durch die das Inverkehrbringen eines
Produkts oder eines Produktpostens beschränkt oder seine Rücknahme vom Markt
nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben d) bis h) angeordnet wird, so unterrichtet er
hiervon unter Angabe der Gründe die Kommission, sofern die
Unterrichtungspflicht nicht in einer besonderen gemeinschaftlichen
Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn die
Maßnahmen einen Vorfall betreffen, der nur örtliche, auf jeden Fall auf das
Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats begrenzte Auswirkungen hat.
(2) Die Kommission konsultiert umgehend die betroffenen Parteien. Stellt die
Kommission nach dieser Konsultation fest, daß die Maßnahme gerechtfertigt ist,
so unterrichtet sie unverzueglich den Mitgliedstaat, der die Maßnahme getroffen
hat, sowie die übrigen Mitgliedstaaten. Stellt die Kommission nach dieser
Konsultation fest, daß die Maßnahme nicht gerechtfertigt ist, so unterrichtet
sie unverzueglich den Mitgliedstaat, der die Maßnahme getroffen hat.
TITEL V Notfälle und Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene
Artikel 8
(1) Trifft ein Mitgliedstaat Sofortmaßnahmen oder beschließt er die
Einführung von Sofortmaßnahmen, welche die etwaige Vermarktung oder Verwendung
eines Produkts oder eines Produktpostens in seinem Hoheitsgebiet verhindern,
einschränken oder besonderen Bedingungen unterwerfen, weil das betreffende
Produkt oder der betreffende Produktposten eine ernste und unmittelbare Gefahr
für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellt, so unterrichtet er
hiervon unverzueglich die Kommission, sofern diese Verpflichtung nicht schon
aufgrund gleichwertiger Verfahren im Rahmen anderer Rechtsakte der Gemeinschaft
vorgesehen ist.
Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn die Auswirkungen der Gefahr das
Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats nicht überschreiten oder nicht
überschreiten können.
Unbeschadet des Unterabsatzes 1 können die Mitgliedstaaten ihnen vorliegende
Informationen über das Bestehen einer ernsten und unmittelbaren Gefahr der
Kommission auch mitteilen, bevor sie beschließen, diesbezuegliche Maßnahmen zu
ergreifen.
(2) Bei Erhalt solcher Informationen überprüft die Kommission sie auf ihre
Übereinstimmung mit der vorliegenden Richtlinie und übermittelt sie den
übrigen Mitgliedstaaten, die ihrerseits der Kommission unverzueglich mitteilen,
welche Maßnahmen sie ergriffen haben.
(3) Die detaillierten Verfahrensregeln für das gemeinschaftliche
Informationssystem gemäß diesem Artikel sind im Anhang aufgeführt. Die
Kommission passt die Einzelheiten dieser Verfahren nach dem Verfahren des
Artikels 11 an.
Artikel 9
Erlangt die Kommission auf dem Wege einer Notifizierung durch einen
Mitgliedstaat oder durch von einem Mitgliedstaat übermittelte Informationen,
insbesondere gemäß den Artikeln 7 und 8, Kenntnis von einer ernsten und
unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher in mehr
als einem Mitgliedstaat, die von einem bestimmten Produkt ausgeht, und
a) haben ein oder mehrere Mitgliedstaaten Maßnahmen im Sinne von Artikel 6
Absatz 1 Buchstaben d) bis h) ergriffen, durch welche das Inverkehrbringen des
betreffenden Produkts eingeschränkt oder seine Rücknahme vom Markt angeordnet
wird, und
b) bestehen zwischen den Mitgliedstaaten Meinungsunterschiede über die in bezug
auf diese Gefahr zu ergreifenden Maßnahmen und
c) kann die Gefahr angesichts der Art des Produktsicherheitsproblems nach den
Verfahren der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften für das betreffende
Produkt oder die betreffende Produktgruppe nicht in mit der Dringlichkeit des
Problems zu vereinbarender Weise bewältigt werden und
d) kann die Gefahr nur durch Erlaß geeigneter und gemeinschaftsweit anwendbarer
Maßnahmen zur Gewährleistung des Schutzes der Gesundheit und Sicherheit der
Verbraucher sowie des ordnungsgemässen Funktionierens des Gemeinsamen Marktes
angemessen bewältigt werden,
so kann die Kommission nach Anhörung der Mitgliedstaaten und auf Antrag
zumindest eines dieser Staaten gemäß dem Verfahren des Artikels 11 einen
Beschluß fassen, mit dem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nach Maßgabe
des Artikels 6 Absatz 1 Buchstaben d) bis h) geeignete vorläufige Vorkehrungen
zu treffen.
Artikel 10
(1) Die Kommission wird von einem Ausschuß für Produktsicherheitsnotfälle
(nachstehend "Ausschuß" genannt) unterstützt, dem Vertreter aller
Mitgliedstaaten angehören und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz
führt.
(2) Unbeschadet des Artikels 9 Buchstabe c) arbeiten der in Absatz 1 genannte
Ausschuß und die sonstigen Ausschüsse, die im Rahmen einer spezifischen
Gemeinschaftsvorschrift eingesetzt worden sind und die Kommission bei der
Behandlung von Gesundheits- und Sicherheitsaspekten des betreffenden Produkts
unterstützen, eng zusammen.
Artikel 11
(1) Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem Ausschuß einen Entwurf der zu
treffenden Maßnahmen. Der Ausschuß gibt nach vorheriger Prüfung des
Vorliegens der Bedingungen nach Artikel 9 seine Stellungnahme zu diesem Entwurf
innerhalb einer Frist ab, die der Vorsitzende unter Berücksichtigung der
Dringlichkeit der betreffenden Frage festsetzen kann, die aber keinesfalls einen
Monat überschreiten darf. Die Stellungnahme wird mit der Mehrheit abgegeben,
die in Artikel 148 Absatz 2 des Vertrages für die Annahme der vom Rat auf
Vorschlag der Kommission zu fassenden Beschlüsse vorgesehen ist. Bei der
Abstimmung im Ausschuß werden die Stimmen der Vertreter der Mitgliedstaaten
gemäß dem vorgenannten Artikel gewogen. Der Vorsitzende nimmt an der
Abstimmung nicht teil.
Die Kommission erlässt die beabsichtigten Maßnahmen, wenn sie mit der
Stellungnahme des Ausschusses übereinstimmen. Stimmen die beabsichtigten
Maßnahmen mit der Stellungnahme des Ausschusses nicht überein oder liegt keine
Stellungnahme vor, so unterbreitet die Kommission dem Rat unverzueglich einen
Vorschlag für die zu treffenden Maßnahmen. Der Rat beschließt mit
qualifizierter Mehrheit.
Hat der Rat nach Ablauf einer Frist von 15 Tagen nach seiner Befassung keinen
Beschluß gefasst, so werden die vorgeschlagenen Maßnahmen von der Kommission
erlassen, es sei denn, der Rat hat sich mit einfacher Mehrheit gegen die
genannten Maßnahmen ausgesprochen.
(2) Maßnahmen, die nach diesem Verfahren erlassen worden sind, gelten für die
Dauer von höchstens drei Monaten. Sie können nach dem gleichen Verfahren
verlängert werden.
(3) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um die nach
diesem Verfahren erlassenen Entscheidungen innerhalb einer Frist von weniger als
zehn Tagen durchzuführen.
(4) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die die nach diesem
Verfahren getroffenen Maßnahmen durchführen, geben den betroffenen Parteien
innerhalb einer Frist von einem Monat Gelegenheit zur Äusserung und
unterrichten hiervon die Kommission.
Artikel 12
Die Mitgliedstaaten und die Kommission treffen die erforderlichen Maßnahmen,
damit ihre Beamten und Bediensteten verpflichtet werden, die aufgrund dieser
Richtlinie gesammelten Informationen, die ihrem Wesen nach dem
Geschäftsgeheimnis unterliegen, geheimzuhalten, es sei denn, bestimmte
Informationen über sicherheitsrelevante Eigenschaften eines Produkts müssen
unter Berücksichtigung der Gesamtumstände veröffentlicht werden, um den
Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Personen zu gewährleisten.
TITEL VI Sonstige und Schlußbestimmungen
Artikel 13
Diese Richtlinie lässt die Richtlinie 85/374/EWG unberührt.
Artikel 14
(1) Jede aufgrund dieser Richtlinie getroffene Entscheidung, durch die das
Inverkehrbringen eines Produkts beschränkt oder seine Rücknahme vom Markt
angeordnet wird, ist angemessen zu begründen. Die Entscheidung ist der
betroffenen Partei umgehend zuzustellen; diese ist gleichzeitig über die
Rechtsbehelfe, die sie nach den Rechtsvorschriften des betreffenden
Mitgliedstaats einlegen kann, und über die für diese Rechtsbehelfe geltenden
Fristen zu unterrichten.
Den Adressaten ist möglichst vor dem Erlaß der Entscheidung Gelegenheit zur
Äusserung zu geben. Hat eine Konsultation, insbesondere wegen der Dringlichkeit
der zu treffenden Maßnahmen, vorher nicht stattgefunden, ist ihnen nach dem
Erlaß dieser Entscheidung zu gegebener Zeit Gelegenheit zur Äusserung zu
geben.
Bei den Maßnahmen, durch die die Rücknahme des Produkts vom Markt angeordnet
wird, ist dem Bestreben Rechnung zu tragen, Händler, Benutzer und Verbraucher
zur Mitwirkung bei der Durchführung dieser Maßnahmen zu veranlassen.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß Entscheidungen der zuständigen
Behörden, durch die das Inverkehrbringen eines Produkts beschränkt oder seine
Rücknahme vom Markt angeordnet wird, von den zuständigen Gerichten überprüft
werden können.
(3) Keine Entscheidung aufgrund dieser Richtlinie, durch die das
Inverkehrbringen eines Produkts beschränkt oder seine Rücknahme vom Markt
angeordnet wird, berührt in irgendeiner Weise eine eventülle strafrechtliche
Prüfung der Haftung der Partei, an die sie gerichtet ist.
Artikel 15
Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat alle zwei
Jahre, gerechnet ab Erlaß dieser Richtlinie, einen Bericht über deren
Anwendung.
Artikel 16
Vier Jahre nach dem in Artikel 17 Absatz 1 genannten Zeitpunkt befindet der Rat
anhang eines Berichts der Kommission über die zwischenzeitlichen Erfahrungen,
der entsprechende Vorschläge enthält, über die etwaige Anpassung dieser
Richtlinie, und zwar insbesondere hinsichtlich der Erweiterung des in Artikel 1
Absatz 1 und Artikel 2 Buchstabe a) festgelegten Anwendungsbereichs sowie über
eine etwaige Änderung der Vorschriften des Titels V.
Artikel 17
(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens am 29. Juni 1994
nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzueglich davon in Kenntnis. Die
erlassenen Vorschriften sind ab dem 29. Juni 1994 anwendbar.
(2) Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in
den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen
Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die
Einzelheiten der Bezugnahme.
(3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen
Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet
erlassen.
Artikel 18
Die Entscheidung 89/45/EWG wird zu dem in Artikel 17 Absatz 1 genannten
Zeitpunkt aufgehoben.
Artikel 19
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Luxemburg am 29. Juni 1992.
Im Namen des Rates Der Präsident Carlos BORREGO
(1) ABl. Nr. C 156 vom 27. 6. 1990, S. 8.
(2) ABl. Nr. C 96 vom 17. 4. 1990, S. 283, und Beschluß vom 11. Juni 1992 (noch
nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(3) ABl. Nr. C 75 vom 26. 3. 1990, S. 1.
(4) ABl. Nr. L 109 vom 26. 4. 1983, S. 8.
(5) ABl. Nr. L 183 vom 14. 7. 1988, S. 34.
(6) ABl. Nr. L 17 vom 21. 1. 1989, S. 51.
(7) ABl. Nr. L 147 vom 9. 6. 1975, S. 13.
(8) ABl. Nr. L 317 vom 6. 11. 1981, S. 1.
(9) ABl. Nr. L 378 vom 31. 12. 1982, S. 58.
(10) ABl. Nr. L 395 vom 30. 12. 1989, S. 13.
(11) ABl. Nr. L 371 vom 30. 12. 1987, S. 76.
(12) ABl. Nr. L 197 vom 18. 7. 1987, S. 3.
(13) ABl. Nr. L 210 vom 7. 8. 1985, S. 29.
ANHANG
DETAILLIERTE VERFAHRENSREGELN ZUR DURCHFÜHRUNG DES GEMEINSCHAFTLICHEN SYSTEMS
ZUM RASCHEN AUSTAUSCH VON INFORMATIONEN GEMÄSS ARTIKEL 8
1. Das System bezieht sich auf in Verkehr gebrachte Produkte im Sinne des
Artikels 2 Buchstabe a) dieser Richtlinie.
Arzneimittel im Geltungsbereich der Richtlinie 75/319/EWG und 81/851/EWG, Tiere
im Geltungsbereich der Richtlinie 82/894/EWG, Erzeugnisse tierischen Ursprungs,
soweit sie in den Geltungsbereich der Richtlinie 89/662/EWG fallen, sowie das
System für radiologische Notfälle, welches die weitreichende Verseuchung von
Produkten abdeckt (Entscheidung 87/600/Euratom), sind von dieser Regelung
ausgenommen, da hierfür äquivalente Meldeverfahren gelten.
2. Das System zielt grundsätzlich auf einen raschen Informationsaustausch bei
ernsten unmittelbaren Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit der
Verbraucher ab. Genaue Kriterien für den ernsten und unmittelbaren Charakter
von Gefahren können nicht festgelegt werden; daher müssen die
einzelstaatlichen Behörden jeden Fall individüll prüfen. Zu beachten ist,
daß Artikel 8 dieser Richtlinie unmittelbare Gefahren bei der Verwendung eines
Erzeugnisses durch den Verbraucher betrifft und deshalb Erzeugnisse mit
langfristigen Risiken, die eine Prüfung etwaiger technischer Änderungen durch
Richtlinien oder Normen erfordern, ausschließt.
3. Sobald der Verdacht auf eine ernste und unmittelbare Gefahr besteht, setzt
sich die einzelstaatliche Behörde - soweit möglich und angebracht - mit dem
Hersteller oder Händler des betreffenden Erzeugnisses in Verbindung. Ihr
Standpunkt und die Einzelheiten, die sie mitteilen, können sowohl den
Verwaltungen der Mitgliedstaaten als auch der Kommission als Anhaltspunkt
dienen, um zu entscheiden, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um den
Verbraucherschutz bei minimalem Eingriff in die Geschäftstätigkeiten
sicherzustellen. Hierzu sollten sich die Mitgliedstaaten bemühen, möglichst
vollständige Informationen über die Erzeugnisse und die Art der Gefahr zu
erhalten, ohne dabei die notwendige zuegige Bearbeitung zu gefährden.
4. Sobald ein Mitgliedstaat eine ernste und unmittelbare Gefahr erkennt, deren
Auswirkungen sich über sein Hoheitsgebiet hinaus ausdehnen bzw. ausdehnen
können, und Maßnahmen ergriffen oder beschlossen worden sind, benachrichtigt
er hiervon unverzueglich die Kommission. In der entsprechenden Mitteilung gibt
der Mitgliedstaat an, daß die Kommission gemäß Artikel 8 dieser Richtlinie
benachrichtigt wird. Ferner sind die vorliegenden Informationen mitzuteilen,
insbesondere
a) Angaben zur Identifizierung des Erzeugnisses;
b) die damit verbundene Gefahr sowie Ergebnisse etwaiger Tests bzw. Analysen,
die für die Bestimmung des Risikograds relevant sind;
c) Art der getroffenen oder beschlossenen Maßnahmen;
d) wenn möglich, Informationen über die Absatzkette.
Diese Informationen sind schriftlich, vorzugsweise per Telex oder Telefax,
mitzuteilen; die Kommission kann jedoch zuvor telefonisch benachrichtigt werden.
Dabei ist stets zu bedenken, daß die schnelle Übermittlung der Informationen
eine entscheidende Rolle spielt.
5. Unbeschadet von Nummer 4 können die Mitgliedstaaten gegebenenfalls vor der
Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen Informationen an die Kommission
weiterleiten. Eine sofortige Kontaktaufnahme, sobald die Gefahr entdeckt oder
vermutet wird, kann Vorbeugungsmaßnahmen erleichtern.
6. Betrachtet ein Mitgliedstaat bestimmte Informationen als vertraulich, so hat
er darauf hinzuweisen und die Bitte um vertrauliche Behandlung zu begründen.
Dabei ist zu bedenken, daß die Notwendigkeit wirksamer Maßnahmen zum Schutz
des Verbrauchers in der Regel Vorrang vor Vertraulichkeitserwägungen hat.
Ferner ist daran zu erinnern, daß sowohl von der Kommission als auch von den
verantwortlichen Mitgliedern des Netzes in den einzelnen Mitgliedstaaten
Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um jede unnötige Verbreitung von
Informationen zu vermeiden, die den Ruf eines Produkts oder einer Produktreihe
schädigen könnten.
7. Die Kommission prüft die Übereinstimmung der erhaltenen Informationen mit
Artikel 8 dieser Richtlinie, nimmt gegebenenfalls Fühlung mit dem mitteilenden
Land auf und übermittelt die Informationen unverzueglich per Telex oder Telefax
an die zuständigen Behörden der übrigen Mitgliedstaaten mit einer Kopie an
die ständigen Vertretungen; diese Behörden können gleichzeitig mit der
Übermittlung des Fernschreibens über Telefon benachrichtigt werden. Die
Kommission kann ferner mit dem vermutlichen Ursprungsland des Erzeugnisses
Fühlung aufnehmen, um die erforderlichen Prüfungen vorzunehmen.
8. Gleichzeitig kann die Kommission, wenn sie dies für notwendig hält, zur
Ergänzung der erhaltenen Informationen unter aussergewöhnlichen Umständen
selbständig eine Untersuchung durchführen und/oder den in Artikel 10 Absatz 1
dieser Richtlinie vorgesehenen Ausschuß für Produktsicherheitsnotfälle
einberufen.
Im Fall einer solchen Untersuchung haben die Mitgliedstaaten der Kommission die
angeforderten Informationen soweit wie möglich zu übermitteln.
9. Die übrigen Mitgliedstaaten werden sodann gebeten, der Kommission nach
Möglichkeit unverzueglich mitzuteilen,
a) ob das Erzeugnis in ihrem Hoheitsgebiet in Verkehr gebracht wurde;
b) welche Zusatzinformationen sie über die betreffende Gefahr besitzen, unter
anderem die Ergebnisse etwaiger Tests oder Analysen, die zur Bewertung des
Risikograds durchgeführt wurden;
sie übermitteln der Kommission auf jeden Fall so rasch wie möglich
Informationen über
c) die ergriffenen oder beschlossenen Maßnahmen gemäß Artikel 8 Absatz 1
dieser Richtlinie;
d) den Zeitpunkt, zu dem das in der Information erwähnte Erzeugnis in ihrem
Hoheitsgebiet vorgefunden worden ist, ohne daß Maßnahmen ergriffen oder
beschlossen wurden, und die Gründe, aus denen keinerlei Maßnahmen getroffen
werden.
10. Die Kommission kann je nach Verlauf der Angelegenheit und den Informationen,
die ihr die Mitgliedstaaten gemäß Nummer 9 übermitteln, den Ausschuß für
Produktsicherheitsnotfälle einberufen, um zu den Ergebnissen Stellung zu nehmen
und die getroffenen Maßnahmen zu bewerten. Der Ausschuß für
Produktsicherheitsnotfälle kann auch auf Ersuchen eines Vertreters eines
Mitgliedstaats einberufen werden.
11. Die Kommission setzt sich über ihre internen Koordinierungsverfahren dafür
ein, daß
a) Doppelarbeit bei der Bearbeitung der Mitteilungen vermieden wird;
b) die der Kommission zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Erfahrungen
voll ausgeschöpft werden;
c) die betreffenden Dienststellen vollständig informiert werden;
d) die Beratungen in den einzelnen Ausschüssen gemäß Artikel 10 dieser
Richtlinie durchgeführt werden.
12. Beabsichtigt ein Mitgliedstaat, abgesehen von Sofortmaßnahmen, gegen ernste
und unmittelbare Gefahren eine Änderung seiner Rechtsvorschriften durch
Verabschiedung technischer Spezifikationen, so müssen diese der Kommission
gemäß der Richtlinie 83/189/EWG bereits im Stadium des Entwurfs mitgeteilt
werden, gegebenenfalls unter Angabe der dringenden Gründe nach Artikel 9 Absatz
3 der Richtlinie.
13. Um dem Ausschuß für Produktsicherheitsnotfälle einen Überblick über die
Lage zu vermitteln, wird er in regelmässigen Zeitabständen über alle
eingegangen Mitteilungen und die entsprechenden Folgemaßnahmen unterrichtet.
Hinsichtlich der Nummern 8 und 10 und in den Fällen, die den Geltungsbereich
der in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über spezifische Produkte oder
Produktzweige festgelegten Verfahren und/oder Ausschüsse fallen, sind diese
Ausschüsse zu befassen. Wird der Ausschuß für Produktsicherheitsnotfälle
nicht befasst und werden keine Maßnahmen nach Nummer 11 Buchstabe d) ergriffen,
so werden die Kontaktstellen über jeden Meinungsaustausch in anderen
Ausschüssen unterrichtet.
14. Zur Zeit gibt es zwei Netze von Kontaktstellen: das Netz für Nahrungsmittel
und das Netz für andere Erzeugnisse als Nahrungsmittel. Das Verzeichnis der
Kontaktstellen und für die Netze zuständigen Beamten mit Ruf-, Fernschreiber-
und Telefaxnummer und Anschriften wird vertraulich behandelt und nur an die
Mitglieder des Netzes verteilt. Dieses Verzeichnis ermöglicht die
Kontaktaufnahme mit der Kommission und zwischen den Mitgliedstaaten, um die
Klärung von Einzelheiten zu erleichtern. Treten bei den Kontakten zwischen den
Mitgliedstaaten neue Informationen von allgemeinem Interesse zutage, so
benachrichtigt der Mitgliedstaat, der den zweiseitigen Kontakt aufnimmt, die
Kommission hiervon. Nur bei den von den Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten
erhaltenen oder bestätigten Informationen wird davon ausgegangen, daß sie im
Rahmen des Systems für den raschen Informationsaustausch erhalten wurden.
Die Kommission erstellt alljährlich eine Bilanz über die Effizienz des Netzes,
die erforderlichen Verbesserungen und die erzielten Fortschritte in der
Technologie der Verbindungen zwischen den mit der Durchführung betrauten
Stellen.
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