Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts

BGBl. 2002 Teil I Nr. 49 S.2634, ausgegeben zu Bonn am 23. Juli 2002

Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts

Vom 15. Juli 2002 


Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:


Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010), wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a) In der Angabe zu § 80 werden nach dem Wort "Stiftung" das Semikolon und das Wort "Sitz" gestrichen.

b) Die Angabe zu § 81 wird wie folgt gefasst: "§ 81 Stiftungsgeschäft".

c) In der Angabe zu § 84 wird das Wort "Genehmigung" durch das Wort "Anerkennung" ersetzt.

 

2. Die §§ 80 und 81 werden wie folgt gefasst:

" alte Fassung

§ 80
Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung

(1) Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung sind das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll.

(2) Die Stiftung ist als rechtsfähig anzuerkennen, wenn das Stiftungsgeschäft den Anforderungen des § 81 Abs. 1 genügt, die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint und der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet.

(3) Vorschriften der Landesgesetze über kirchliche Stiftungen bleiben unberührt. Das gilt entsprechend für Stiftungen, die nach den Landesgesetzen kirchlichen Stiftungen gleichgestellt sind.

 

§ 80 
Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung; Sitz

Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung ist außer dem Stiftungsgeschäfte die Genehmigung des Bundesstaats erforderlich, in dessen Gebiete die Stiftung ihren Sitz haben soll. Soll die Stiftung ihren Sitz nicht in einem Bundesstaate haben, so ist die Genehmigung des Bundesrats erforderlich. Als Sitz der Stiftung gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.

 

§ 81
Stiftungsgeschäft

(1) Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden bedarf der schriftlichen Form. Es muss die verbindliche Erklärung des Stifters enthalten, ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zweckes zu widmen. Durch das Stiftungsgeschäft muss die Stiftung eine Satzung erhalten mit Regelungen über

  1. den Namen der Stiftung,
  2. den Sitz der Stiftung,
  3. den Zweck der Stiftung,
  4. das Vermögen der Stiftung,
  5. die Bildung des Vorstands der Stiftung.

Genügt das Stiftungsgeschäft den Erfordernissen des Satzes 3 nicht und ist der Stifter verstorben, findet § 83 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(2) Bis zur Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig ist der Stifter zum Widerruf des Stiftungsgeschäfts berechtigt. Ist die Anerkennung bei der zuständigen Behörde beantragt, so kann der Widerruf nur dieser gegenüber erklärt werden. Der Erbe des Stifters ist zum Widerruf nicht berechtigt, wenn der Stifter den Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt oder im Falle der notariellen Beurkundung des Stiftungsgeschäfts den Notar bei oder nach der Beurkundung mit der Antragstellung betraut hat.

 

§ 81 
Form und Widerruf des Stiftungsgeschäfts

(1) Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden bedarf der schriftlichen Form.

(2) Bis zur Erteilung der Genehmigung ist der Stifter zum Widerrufe berechtigt. Ist die Genehmigung bei der zuständigen Behörde nachgesucht, so kann der Widerruf nur dieser gegenüber erklärt werden. Der Erbe des Stifters ist zum Widerrufe nicht berechtigt, wenn der Stifter das Gesuch bei der zuständigen Behörde eingereicht oder im Falle der notariellen Beurkundung des Stiftungsgeschäfts den Notar bei oder nach der Beurkundung mit der Einreichung betraut hat.

 

"

3. § 82 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 wird das Wort "genehmigt" durch die Wörter "als rechtsfähig anerkannt" ersetzt.

b) In Satz 2 wird das Wort "Genehmigung" durch das Wort "Anerkennung" ersetzt.

alte Fassung

§ 82 
Übertragungspflicht des Stifters

Wird die Stiftung als rechtsfähig anerkannt, so ist der Stifter verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäfte zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen. Rechte, zu deren Übertragung der Abtretungsvertrag genügt, gehen mit der Anerkennung auf die Stiftung über, sofern nicht aus dem Stiftungsgeschäfte sich ein anderer Wille des Stifters ergibt.

 

§ 82 
Übertragungspflicht des Stifters

Wird die Stiftung genehmigt, so ist der Stifter verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäfte zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen. Rechte, zu deren Übertragung der Abtretungsvertrag genügt, gehen mit der Genehmigung auf die Stiftung über, sofern nicht aus dem Stiftungsgeschäfte sich ein anderer Wille des Stifters ergibt.

 

 

4. § 83 wird wie folgt geändert:

a) Die Wörter "die Genehmigung einzuholen" werden durch die Wörter "dies der zuständigen Behörde zur Anerkennung mitzuteilen" und das Wort "nach gesucht" wird durch das Wort "beantragt" ersetzt. 

b) Folgende Sätze werden angefügt:
"Genügt das Stiftungsgeschäft nicht den Erfordernissen des § 81 Abs. 1 Satz 3, wird der Stiftung durch die zuständige Behörde vor der Anerkennung eine Satzung gegeben oder eine unvollständige Satzung ergänzt; dabei soll der Wille des Stifters berücksichtigt werden. Als Sitz der Stiftung gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird. Im Zweifel gilt der letzte Wohnsitz des Stifters im Inland als Sitz."

alte Fassung

§ 83 
Stiftung von Todes wegen

Besteht das Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von Todes wegen, so hat das Nachlassgericht dies der zuständigen Behörde zur Anerkennung mitzuteilen, sofern sie nicht von dem Erben oder dem Testamentsvollstrecker beantragt wird. Genügt das Stiftungsgeschäft nicht den Erfordernissen des § 81 Abs. 1 Satz 3, wird der Stiftung durch die zuständige Behörde vor der Anerkennung eine Satzung gegeben oder eine unvollständige Satzung ergänzt; dabei soll der Wille des Stifters berücksichtigt werden. Als Sitz der Stiftung gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird. Im Zweifel gilt der letzte Wohnsitz des Stifters im Inland als Sitz.

 

§ 83 
Stiftung von Todes wegen

Besteht das Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von Todes wegen, so hat das Nachlassgericht die Genehmigung einzuholen, sofern sie nicht von dem Erben oder dem Testamentsvollstrecker nach gesucht wird.

 

 

5. § 84 wird wie folgt geändert:

a) In der Überschrift wird das Wort "Genehmigung" durch das Wort "Anerkennung" ersetzt.

b) Das Wort "genehmigt" wird durch die Wörter "als rechtsfähig anerkannt" ersetzt.

alte Fassung

§ 84 
Anerkennung nach Tod des Stifters

Wird die Stiftung erst nach dem Tode des Stifters als rechtsfähig anerkannt, so gilt sie für die Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tode entstanden.

 

§ 84 
Genehmigung nach Tod des Stifters

Wird die Stiftung erst nach dem Tode des Stifters genehmigt, so gilt sie für die Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tode entstanden.

 

 

6. In § 85 wird das Wort "Reichs-" durch das Wort "Bundes-" ersetzt.

alte Fassung

§ 85 
Stiftungsverfassung

Die Verfassung einer Stiftung wird, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt.

 

§ 85 
Stiftungsverfassung

Die Verfassung einer Stiftung wird, soweit sie nicht auf Reichs- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt.

 

 

7. In § 86 Satz 1 wird die Angabe "des § 26" durch die Angabe "der §§ 23 und 26" ersetzt.

alte Fassung

§ 86 
Anwendung des Vereinsrechts

Die Vorschriften der §§ 23 und 26, des § 27 Abs. 3 und der §§ 28 bis 31, 42 finden auf Stiftungen entsprechende Anwendung, die Vorschriften des § 27 Abs. 3 und des § 28 Abs. 1 jedoch nur insoweit, als sich nicht aus der Verfassung, insbesondere daraus, dass die Verwaltung der Stiftung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, ein anderes ergibt. Die Vorschriften des § 28 Abs. 2 und des § 29 finden auf Stiftungen, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, keine Anwendung.

 

§ 86 
Anwendung des Vereinsrechts

Die Vorschriften des § 26, des § 27 Abs. 3 und der §§ 28 bis 31, 42 finden auf Stiftungen entsprechende Anwendung, die Vorschriften des § 27 Abs. 3 und des § 28 Abs. 1 jedoch nur insoweit, als sich nicht aus der Verfassung, insbesondere daraus, dass die Verwaltung der Stiftung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, ein anderes ergibt. Die Vorschriften des § 28 Abs. 2 und des § 29 finden auf Stiftungen, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, keine Anwendung.

 

 

8. § 87 Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Bei der Umwandlung des Zweckes soll der Wille des Stifters berücksichtigt werden, insbesondere soll dafür gesorgt werden, dass die Erträge des Stiftungsvermögens dem Personenkreis, dem sie zustatten kommen sollten, im Sinne des Stifters erhalten bleiben."

alte Fassung

§ 87 
Zweckänderung; Aufhebung

(1) Ist die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden oder gefährdet sie das Gemeinwohl, so kann die zuständige Behörde der Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie aufheben.

(2) Bei der Umwandlung des Zweckes soll der Wille des Stifters berücksichtigt werden, insbesondere soll dafür gesorgt werden, dass die Erträge des Stiftungsvermögens dem Personenkreis, dem sie zustatten kommen sollten, im Sinne des Stifters erhalten bleiben. Die Behörde kann die Verfassung der Stiftung ändern, soweit die Umwandlung des Zweckes es erfordert.

(3) Vor der Umwandlung des Zweckes und der Änderung der Verfassung soll der Vorstand der Stiftung gehört werden.

 

§ 87 
Zweckänderung; Aufhebung

(1) Ist die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden oder gefährdet sie das Gemeinwohl, so kann die zuständige Behörde der Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie aufheben.

(2) Bei der Umwandlung des Zweckes ist die Absicht des Stifters tunlichst zu berücksichtigen, insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Erträge des Stiftungsvermögens dem Personenkreise, dem sie zustatten kommen sollten, im Sinne des Stifters tunlichst erhalten bleiben. Die Behörde kann die Verfassung der Stiftung ändern, soweit die Umwandlung des Zweckes es erfordert.

(3) Vor der Umwandlung des Zweckes und der Änderung der Verfassung soll der Vorstand der Stiftung gehört werden.

 

 

9. Nach § 88 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

"Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallberechtigten, so fällt das Vermögen an den Fiskus des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz hatte, oder an einen anderen nach dem Recht dieses Landes bestimmten Anfallberechtigten."

alte Fassung

§ 88 
Vermögensanfall

Mit dem Erlöschen der Stiftung fällt das Vermögen an die in der Verfassung bestimmten Personen. Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallberechtigten, so fällt das Vermögen an den Fiskus des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz hatte, oder an einen anderen nach dem Recht dieses Landes bestimmten Anfallberechtigten. Die Vorschriften der §§ 46 bis 53 finden entsprechende Anwendung.

 

§ 88 
Vermögensanfall

Mit dem Erlöschen der Stiftung fällt das Vermögen an die in der Verfassung bestimmten Personen. Die Vorschriften der §§ 46 bis 53 finden entsprechende Anwendung.

 

 

10. In § 2043 Abs. 2 wird das Wort "Genehmigung" durch das Wort "Anerkennung" ersetzt und werden nach dem Wort "Stiftung" die Wörter "als rechtsfähig" eingefügt.

alte Fassung

§ 2043
Aufschub der Auseinandersetzung

(1) Soweit die Erbteile wegen der zu erwartenden Geburt eines Miterben noch unbestimmt sind, ist die Auseinandersetzung bis zur Hebung der Unbestimmtheit ausgeschlossen.

(2) Das Gleiche gilt, soweit die Erbteile deshalb noch unbestimmt sind, weil die Entscheidung über einen Antrag auf Annahme als Kind, über die Aufhebung des Annahmeverhältnisses oder über die Anerkennung einer vom Erblasser errichteten Stiftung als rechtsfähig noch aussteht.

 

§ 2043
Aufschub der Auseinandersetzung

(1) Soweit die Erbteile wegen der zu erwartenden Geburt eines Miterben noch unbestimmt sind, ist die Auseinandersetzung bis zur Hebung der Unbestimmtheit ausgeschlossen.

(2) Das Gleiche gilt, soweit die Erbteile deshalb noch unbestimmt sind, weil die Entscheidung über einen Antrag auf Annahme als Kind, über die Aufhebung des Annahmeverhältnisses oder über die Genehmigung einer vom Erblasser errichteten Stiftung noch aussteht.

 

 

Artikel 2
Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes

In § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl. I S. 378), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3794) geändert worden ist, wird das Wort "Genehmigung" durch das Wort "Anerkennung" ersetzt und werden nach dem Wort "Stiftung" die Wörter "als rechtsfähig" eingefügt.

Artikel 3
Änderung der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung

§ 10 der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung vom B. September 1998 (BGBl. I S. 2658), die durch Artikel 20 des Gesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S.1790) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In Satz 1 werden nach dem Wort "Stiftungen" das Wort "anerkennen" und vor dem Wort "Genehmigungen" die Wörter "Anerkennungen oder" eingefügt.

2. Satz 3 wird wie folgt geändert:

a) Im einleitenden Satzteil wird das Wort "Genehmigungsfall" durch die Wörter "Anerkennungs- oder Genehmigungsfall" ersetzt.

b) In den Nummern 1 und 6 werden vor dem Wort "Genehmigung" jeweils die Wörter "Anerkennung oder" eingefügt.

c) In Nummer 5 wird das Wort "Genehmigung" durch das Wort "Anerkennung" ersetzt und werden nach den Wörtern "einer Stiftung" die Wörter "als rechtsfähig" eingefügt.

3. In Satz 4 wird das Wort "Genehmigung" durch die Wörter "Anerkennung als rechtsfähig" ersetzt.

Artikel 4
Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang

Die auf Artikel 3 beruhenden Teile der dort geänderten Rechtsverordnung können auf Grund der einschlägigen Ermächtigung durch Rechtsverordnung geändert werden.

Artikel 5
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. September 2002 in Kraft.

 

Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

Berlin, den 15. Juli 2002

Der Bundespräsident Johannes Rau

Der Bundeskanzler Gerhard Schröder

Die Bundesministerin der Justiz Däubler-Gmelin

 

 

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