Zweites Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (2001-07-23)

Bundesgesetzblatt Jahrgang 2001 Teil I Nr. 37 S.1658

Zweites Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften

Vom 23. Juli 2001

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen;


Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 400-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542), wird wie folgt geändert:

1. § 651 a Abs. 5 wird aufgehoben.

 
(5) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durch Rechtsverordnung zum Schutz der Verbraucher bei Reisen Festsetzungen zu treffen, durch die sichergestellt wird, daß die Beschreibungen von Reisen keine irreführenden, sondern klare und genaue Angaben enthalten und daß der Reiseveranstalter dem Verbraucher die notwendigen Informationen ereilt. Zu diesem Zweck kann insbesondere bestimmt werden, welche Angaben in einem vom Veranstalter herausgegebenen Prospekt und in dem Reisevertrag enthalten sein müssen sowie welche Informationen der Reiseveranstalter dem Reisenden vor dem Vertragsabschluß und vor dem Antritt der Reise geben muß.
 

2. In § 651 g Abs. 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt: "§ 174 ist nicht anzuwenden."

3. § 651 k des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird wie folgt geändert:
a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

"  
(2) Der Versicherer oder das Kreditinstitut (Kundengeldabsicherer) kann seine Haftung für die von ihm in einem Jahr insgesamt nach diesem Gesetz zu erstattenden Beträge auf 110 Millionen Euro begrenzen. Übersteigen die in einem Jahr von einem Kundengeldabsicherer insgesamt nach diesem Gesetz zu erstattenden Beträge die in Satz 1 genannten Höchstbeträge, so verringern sich die einzelnen Erstattungsansprüche in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zum Höchstbetrag steht. (2) Der Versicherer oder das Kreditinstitut kann seine Haftung für die von ihm in einem Jahr insgesamt nach diesem Gesetz zu erstattenden Beträge jeweils für das erste Jahr nach dem 31. Oktober 1994 auf 70 Millionen Deutsche Mark, für das zweite Jahr auf 100 Millionen Deutsche Mark, für das dritte Jahr auf 150 Millionen Deutsche Mark, für das vierte, fünfte und sechste Jahr auf 200 Millionen Deutsche Mark und für die darauf folgende Zeit auf 110 Millionen Euro begrenzen. Übersteigen die in einem Jahr von einem Versicherer oder einem Kreditinstitut insgesamt nach diesem Gesetz zu erstattenden Beträge die in Satz 1 genannten Höchstbeträge, so verringern sich die einzelnen Erstattungsansprüche in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zum Höchstbetrag steht. 
"  

 

b) Die Absätze 3 und 4 werden wie folgt gefasst:

"  
(3) Zur Erfüllung seiner Verpflichtung nach Absatz 1 hat der Reiseveranstalter dem Reisenden einen unmittelbaren Anspruch gegen den Kundengeldabsicherer zu verschaffen und durch Übergabe einer von diesem oder auf dessen Veranlassung ausgestellten Bestätigung (Sicherungsschein) nachzuweisen. Der Kundengeldabsicherer kann sich gegenüber einem Reisenden, dem ein Sicherungsschein ausgehändigt worden ist, weder auf Einwendungen aus dem Kundengeldabsicherungsvertrag noch darauf berufen, dass der Sicherungsschein erst nach Beendigung des Kundengeldabsicherungsvertrags ausgestellt worden ist. In den Fällen des Satzes 2 geht der Anspruch des Reisenden gegen den Reiseveranstalter auf den Kundengeldabsicherer über, soweit dieser den Reisenden befriedigt. Ein Reisevermittler ist dem Reisenden gegenüber verpflichtet, den Sicherungsschein auf seine Gültigkeit hin zu überprüfen, wenn er ihn dem Reisenden aushändigt.

(4) Reiseveranstalter und Reisevermittler dürfen Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde. Ein Reisevermittler gilt als vom Reiseveranstalter zur Annahme von Zahlungen auf den Reisepreis ermächtigt, wenn er einen Sicherungsschein übergibt oder sonstige dem Reiseveranstalter zuzurechnende Umstände ergeben, dass er von diesem damit betraut ist, Reiseverträge für ihn zu vermitteln. Dies gilt nicht, wenn die Annahme von Zahlungen durch den Reisevermittler in hervorgehobener Form gegenüber dem Reisenden ausgeschlossen ist.

(3) Zur Erfüllung seiner Verpflichtung nach Absatz 1 hat der Reiseveranstalter dem Reisenden einen unmittelbaren Anspruch gegen den Versicherer oder das Kreditinstitut zu verschaffen und durch Übergabe einer von diesem Unternehmen ausgestellten Bestätigung (Sicherungsschein) nachzuweisen.

(4) Der Reiseveranstalter darf Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis außer einer Anzahlung bis zur Höhe von zehn vom Hundert des Reisepreises, höchstens jedoch fünfhundert Deutsche Mark vor der Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn er dem Reisenden einen Sicherungsschein übergeben hat.

"  

 

c) In Absatz 5 wird nach dem Wort "entspricht" das Semikolon durch einen Punkt ersetzt.

d) In Absatz 6 Nr. 3 wird der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgender Halbsatz angefügt:

"über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren unzulässig ist."  

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht, wenn

  1. der Reiseveranstalter nur gelegentlich und außerhalb seiner gewerblichen Tätigkeit Reisen veranstaltet,
  2. die Reise nicht länger als 24 Stunden dauert, keine Übernachtung einschließt und der Reisepreis 75 Euro nicht übersteigt
  3. der Reiseveranstalter eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.
 

 

4. Nach § 651 k wird folgender § 651 I eingefügt:

"  
§ 651l Gastschulaufenthalte 

(1) Für einen Reisevertrag, der einen mindestens drei Monate andauernden und mit dem geregelten Besuch einer Schule verbundenen Aufenthalt des Gastschülers bei einer Gastfamilie in einem anderen Staat (Aufnahmeland) zum Gegenstand hat, gelten die nachfolgenden Vorschriften. Für einen Reisevertrag, der einen kürzeren Gastschulaufenthalt (Satz 1) oder einen mit der geregelten Durchführung eines Praktikums verbundenen Aufenthalt bei einer Gastfamilie im Aufnahmeland zum Gegenstand hat, gelten sie nur, wenn dies vereinbart ist.

(2) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet,
1. für eine bei Mitwirkung des Gastschülers und nach den Verhältnissen des Aufnahmelandes angemessene Unterbringung, Beaufsichtigung und Betreuung des Gastschülers in einer Gastfamilie zu sorgen und
2. die Voraussetzungen für einen geregelten Schulbesuch des Gastschülers im Aufnahmeland zu schaffen.

(3) Tritt der Reisende vor Reisebeginn zurück, findet § 651 i Abs. 2 Satz 2 und 3 und Abs. 3 keine Anwendung, wenn der Reiseveranstalter ihn nicht spätestens zwei Wochen vor Antritt der Reise jedenfalls über
1. Namen und Anschrift der für den Gastschüler nach Ankunft bestimmten Gastfamilie und
2. Namen und Erreichbarkeit eines Ansprechpartners im Aufnahmeland, bei dem auch Abhilfe verlangt werden kann,
informiert und auf den Aufenthalt angemessen vorbereitet hat.

(4) Der Reisende kann den Vertrag bis zur Beendigung der Reise jederzeit kündigen. Kündigt der Reisende, so ist der Reiseveranstalter berechtigt, den vereinbarten Reisepreis abzüglich der ersparten Aufwendungen zu verlangen. Er ist verpflichtet, die infolge der Kündigung notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere, falls der Vertrag die Rückbeförderung umfasste, den Gastschüler zurückzubefördern. Die Mehrkosten fallen dem Reisenden zur Last. Die vorstehenden Sätze gelten nicht, wenn der Reisende nach § 651 e oder § 651 j kündigen kann.

 
"  

 

5. Der bisherige § 651l wird § 651 m, in ihm wird die Angabe "§§ 651 a bis 651 k" durch die Angabe "§§ 651 a bis 651l" ersetzt.

 

§ 651m.

Von den Vorschriften der §§ 651a bis 651l kann nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden.

 

 

Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche

Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494, 1997 I S. 1061), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S.1149), wird wie folgt geändert:

1. Dem Artikel 229 wird folgende Vorschrift angefügt:
"§ 4
Übergangsvorschrift zum Zweiten Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften
(1) Die §§ 651 k und 6511 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind in ihrer seit dem 1. September 2001 geltenden Fassung nur auf Verträge anzuwenden, die nach diesem Tag geschlossen werden.
(2) Abweichend von § 651 k Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten für die nachfolgenden Zeiträume folgende Haftungshöchstsummen:
1. vom 1. November 1994 bis zum 31. Oktober 1995 70 Millionen Deutsche Mark,
2. vom 1. November 1995 bis zum 31. Oktober 1996 100 Millionen Deutsche Mark,
3. vom 1. November 1996 bis zum 31. Oktober 1997 150 Millionen Deutsche Mark,
4. vom 1. November 1997 bis zum 31. Oktober 2000 200 Millionen Deutsche Mark und
5. vom 1. November 2000 bis zum 1. September 2001 110 Millionen Euro."

2. Dem Gesetz wird folgender Teil angefügt:
"Siebter Teil
Durchführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Verordnungsermächtigungen
Artikel 238 Reiserechtliche Vorschriften
(1) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates,
1. soweit es zum Schutz des Verbrauchers bei Reisen erforderlich ist, Vorschriften zu erlassen, durch die sichergestellt wird,
a) dass die Beschreibungen von Reisen keine irreführenden, sondern klare und genaue Angaben enthalten und
b) dass der Reiseveranstalter dem Verbraucher die notwendigen Informationen erteilt und
2. soweit es zum Schutz des Verbrauchers vor Zahlungen oder Reisen ohne die vorgeschriebene Sicherung erforderlich ist, den Inhalt und die Gestaltung der Sicherungsscheine nach § 651 k Abs. 3 und der Nachweise nach § 651 k Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs festzulegen und zu bestimmen, wie der Reisende über das Bestehen der Absicherung informiert wird.
Zu dem in Satz 1 Nr. 1 genannten Zweck kann insbesondere bestimmt werden, welche Angaben in einem vom Veranstalter herausgegebenen Prospekt und in dem Reisevertrag enthalten sein müssen sowie welche Informationen der Reiseveranstalter dem Reisenden vor dem Vertragsabschluss und vor dem Antritt der Reise geben muss.
(2) Der Kundengeldabsicherer (§ 651 k Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ist verpflichtet, die Beendigung des Kundengeldabsicherungsvertrags der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen."

 

Artikel 3
Änderung der Verordnung über die Informationspflichten von Reiseveranstaltern

Die Verordnung über die Informationspflichten von Reiseveranstaltern vom 14. November 1994 (BGBl. I S. 3436) wird wie folgt geändert:
1. Nach § 3 wird folgende Vorschrift eingefügt:
"§ 4 Verträge über Gastschulaufenthalte (§ 6511 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
Über die in § 3 bestimmten Angaben hinaus hat der Reiseveranstalter dem Reisenden, dem Gastschüler und, wenn der Reisende nicht der gesetzliche Vertreter des Gastschülers ist, auch diesem folgende Informationen zu erteilen:
1. Namen und Anschrift der Gastfamilie, in welcher der Gastschüler untergebracht ist, einschließlich von Veränderungen,
2. Namen und Erreichbarkeit eines Ansprechpartners im Aufnahmeland, bei dem auch Abhilfe verlangt werden kann, einschließlich von Veränderungen und
3. Abhilfeverlangen des Gastschülers und die vom Reiseveranstalter ergriffenen Maßnahmen."

2. Die bisherigen §§ 4 bis 6 werden §§ 5 bis 7.

 

Artikel 4
Änderung der Gewerbeordnung 

§ 147b der Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), die zuletzt durch Artikel 26 des Gesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1983) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

"  
§ 147b Verbotene Annahme von Entgelten für Pauschalreisen

(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 651k Abs. 4 Satz 1, auch in Verbindung mit Absatz 5 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, ohne Übergabe eines Sicherungsscheins oder ohne Nachweis einer Sicherheitsleistung eine Zahlung des Reisenden auf den Reisepreis fordert oder annimmt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 5 000 Euro geahndet werden.

§ 147b Verbotene Annahme von Entgelten für Pauschalreisen

Ordnungswidrig handelt, wer

  1. entgegen § 651k Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ohne Übergabe eines Sicherungsscheins oder
  2. entgegen § 651k Abs. 5 in Verbindung mit § 651k Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ohne Nachweis einer Sicherheitsleistung

eine Zahlung des Reisenden auf den Reisepreis fordert oder annimmt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Deutsche Mark geahndet werden.

"

 

Artikel 5
Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang

Die auf Artikel 3 beruhenden Teile der Verordnung über Informationspflichten von Reiseveranstaltern können auf Grund von Artikel 238 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche durch Rechtsverordnung geändert werden.

 

Artikel 6
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 am 1. September 2001 in Kraft. Vorschriften, die zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen, treten am Tage nach der Verkündung in Kraft. Artikel 4 tritt am 1. Januar 2002 in Kraft.

 


Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet.

Berlin, den 23. Juli 2001
Der Bundespräsident Johannes Rau
Der Bundeskanzler Gerhard Schröder
Die Bundesministerin der Justiz Däubler-Gmelin
Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Müller

 

Beginn