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Arbeitsschutz | Bundesarbeitsblatt 11/2000 S.34 |
Appell zur Verbesserung der Qualität der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung
Qualität muss sein
Unsere moderne Gesellschaft ist geprägt durch Umbruch, Innovation, Technisierung und Globalisierung. Damit wird der Wandlungsprozess beschrieben, in dem wir uns befinden. Bezeichnend ist, dass in nahezu allen Lebensbereichen die Qualität das Maß aller Dinge ist. Das Motto "Qualität muss sein" steht für dieses Wertebewusstsein. Dies gilt auch im Arbeitsschutz. Der Qualitätsgedanke gehört zum Selbstverständnis aller seriösen Arbeitsschutzakteure. Ein Schwerpunkt hierbei ist die Qualitätssicherung der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung nach dem Arbeitssicherheitsgesetz. Dies fordert alle und muss ein gemeinsames Anliegen aller sein.
Die Gesellschaft für Qualität im Arbeitsschutz (GQA) und die Gesellschaft für Qualitätssicherung in der betriebsärztlichen Betreuung (GQB) treten als freiwillige Gütegemeinschaften hierfür ein. Angesichts eines immer stärker umkämpften Marktes der Anbieter von betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuungsleistungen haben sie eine wichtige Aufgabe zu bewältigen. Damit dies erfolgreich gelingt, brauchen die beiden Gesellschaften breite Akzeptanz und Unterstützung. Besonderes Gewicht erhält hierbei auch die Verantwortung der durch die GQA oder GQB geprüften Dienstleister: Sie müssen stets die Gewähr für eine qualifizierte Betreuung nach dem Arbeitssicherheitsgesetz bieten. Selbstverständlich müssen dabei die bei ihnen geprüften Voraussetzungen zur Erlangung des Gütesiegels Basis ihres Handelns sein.
Es liegt im Interesse des Arbeitsschutzes, die Qualität in der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung auf der Grundlage eines freiwilligen Systems dauerhaft sicherzustellen. Deshalb unterstützt das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung als Mitglied der Beiräte beider Gesellschaften, der GQA und der GQB, nachhaltig die folgende "Gemeinsame Erklärung".
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung
Im Auftrag Heller
Gemeinsame Erklärung
der Beiräte der Gesellschaft für Qualität im Arbeitsschutz mbH (GQA) und der
Gesellschaft für Qualitätssicherung in der betriebsärztlichen Betreuung mbH (GQB) zur
Qualität der Betreuung der Betriebe nach dem Arbeitssicherheitsgesetz vom 25. September
2000
Die moderne Arbeitswelt steht vor neuen Herausforderungen. Der Charakter der Arbeit wird offener, beweglicher und multifunktioneller. Dabei sind es vor allem die Menschen selbst, die durch ihr Wissen und ihre Handlungskompetenz o die innovative Kraft eines Unternehmens o die Qualität von Produkt und Dienstleistungen
bestimmen. Menschen entwickeln Ideen, sie stehen für den Fortschritt, der das Unternehmen im Wettbewerb nach vorn bringt. Dafür sind Sicherheit Lind Gesundheit der arbeitenden Menschen Grundvoraussetzung.
Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Staat, Unfallversicherungsträgern und Sozialpartnern, für die Verhütung von Arbeitsunfällen Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und für die menschengerechte Gestaltung der Arbeit Sorge zu tragen und sie zu fördern. Diesem Ziel dient auch eine bedarfsgerechte betriebsärztliche Lind sicherheitstechnische Betreuung der Betriebe'). Es liegt gleichermaßen im Interesse der Unternehmer und der Arbeitnehmer, sowohl der gewerblichen Wirtschaft als auch des öffentlichen Dienstes, dass nachvollziehbare Qualitätsstandards und Qualitätskriterien Grundlage der Beauftragung und Maßstab für die Beurteilung der erbrachten Leistungen sind.
Ein darauf ausgerichtetes Qualitätssicherungssystem o trägt zur Entwicklung des notwendigen Niveaus im Arbeitsschutz bei o fördert ein Klima des gegenseitigen Vertrauens zwischen Dienstleister- Betrieben, Arbeitsschutzinstitutionen und Öffentlichkeit, o stärkt die Position des Unternehmens Lind des Dienstleisters im Markt.
Entsprechend dem, europäischen Recht wurde die Pflicht zur betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung inzwischen auf alle Betriebe und die dort Beschäftigten ausgeweitet. Um die Qualität der Betreuung, auch nach Einbeziehung aller Klein- und Kleinstbetriebe, zu fördern und zu sichern, haben der Verband der Deutschen Sicherheitsingenieure (VDSI) und der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, den Ländern, den Sozialpartnern, den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung sowie den entsprechenden Berufsvertretungen jeweils spezifische Qualitätssicherungssysteme entwickelt. Dies erfolgte entsprechend den Rahmenempfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung 2), in denen einer freiwilligen Gütegemeinschaft der Vorrang vor einer staatlichen Regelung eingeräumt wird.
Als Träger der Qualitätssicherung haben der VDSI die GQA -Gesellschaft für Qualität im Arbeitsschutz mbH - und der VDBW die GQB - Gesellschaft zur Qualitätssicherung in der betriebsärztlichen Betreuung mbH - gegründet. Ihre Aufgabe ist es, Anbieter betriebsärztlicher und sicherheitstechnischer Dienstleistungen einer freiwilligen und unabhängigen Güteprüfung zu unterziehen. Nach erfolgreicher Prüfung wird das Recht verliehen, das Gütesiegel der GQA bzw. GQB zu führen. Dienstleister mit Gütesiegel werden in eine Liste geprüfter Anbieter aufgenommen. Zertifikat und Gütesiegel signalisieren eine qualifizierte Beratung und Betreuung der Betriebe.
Es liegt im humanitären und wirtschaftlichen Interesse der Unternehmen, die nicht über eigene Fachkräfte für Arbeitssicherheit und/oder Betriebsärzte verfügen, für die gesetzlich vorgeschriebenen betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Dienstleistungen solche Dienstleister zu beauftragen, die das Prüfsiegel der GQA bzw. GQB führen dürfen und damit nachgewiesen haben, dass sie die notwendigen Leistungen auf dem erforderlich hohen Niveau erbringen können. Auch Betrieben mit eigenen Fachkräften für Arbeitssicherheit bzw. eigenen Betriebsärzten wird empfohlen, diesen eine Güteprüfung durch die GQA bzw. GQB zu ermöglichen. Eine erfolgreiche Güteprüfung versteht sich innerbetrieblich als Leistungsnachweis und führt zu einer Erhöhung der Rechtssicherheit für den Betrieb.
Die unterzeichnenden Institutionen in den Fachbeiräten der GQA und der GQB appellieren an alle Unternehmer, Qualität im Arbeitsschutz o als integralen Bestandteil in die Unternehmensziele aufzunehmen, o den gleichen Stellenwert einzuräumen, wie der Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen und deshalb mit der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung ihres Betriebes möglichst solche Dienste zu beauftragen, die über ein Gütesiegel der GQA bzw. GQB verfügen.
Fachbeirat der GQA:
Beirat der GQB
Dr. Helmut Deden
Der Vorsitzende des Fachbeirats der GQA
Wilfried Coenen
Der Vorsitzende des Beirats der GQB
1) Es wird der Begriff "Betrieb" im Sinne des § 2 Abs. 5 des
Arbeitschutzgesetzes verwendet
2) Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 30. Juni 1995,
Bundesarbeitsblatt 7/8-1995, S. 71
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Bundesarbeitsblatt 11/2000 S.35 |
Gerätesicherheitsgesetz / 9. GSGV
Interpretationspapier des BMA und der Länder zum Thema "Wesentliche Veränderung von Maschinen"
Bek. des BMA vom 7. September 2000 - 111c 3-39607-3 -
Das Gerätesicherheitsgesetz (GSG) regelt u.a. das Inverkehrbringen von technischen Arbeitsmitteln. Zu diesen technischen Arbeitsmitteln zählen auch Maschinen. Nach § 2 Absatz 3 GSG ist "lnverkehrbringen" im Sinne dieses Gesetzes jedes Überlassen an andere. Dies gilt grundsätzlich zunächst für neue Produkte. Gebrauchte Produkte werden nur insoweit mit erfasst, wenn diese aufgearbeitet oder wesentlich verändert wurden. Der unbestimmte Begriff "Wesentlich verändert" wird im Gesetz nicht weiter erläutert und muss deshalb ausgelegt werden. Seit mehreren Jahren gibt es dazu eine gemeinsame Interpretation von Bund und Ländern, die die Auslegung des Begriffes "wesentliche Veränderung" auf eine Gefahrenanalyse abstützt. Mit der Überarbeitung des europäischen "Leitfadens für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien" im Jahre 1999 wurde diese Interpretation europäisch übernommen. Mit dem nachfolgenden Papier des BMA und der Länder wird diese Interpretation für Maschinen konkretisiert:
Interpretation des BMA und der Länder für den im GSG benutzten Begriff
"wesentliche Veränderung" in Bezug auf Maschinen vom 7. September 2000 jede
Veränderung an einer gebrauchten Maschine, die den Schutz der Rechtsgüter des
Gerätesicherheitsgesetzes (GSG) beeinträchtigen
dann, z.B. durch Leistungserhöhungen, Funktionsänderungen oder Änderungen der
Sicherheitstechnik, ist zunächst - analog zur DIN EN 292-1 bzw. 1050 - systematisch zu
untersuchen. Ziel der Untersuchung ist es zu ermitteln, ob sich durch die Veränderung
neue Gefährdungen') ergeben haben oder ob sich ein bereits vorhandenes Risiko erhöht
hat. Hier kann man zunächst von drei Fallgestaltungen ausgehen:
=> Es liegt keine neue Gefährdung bzw. keine Risikoerhöhung vor, so dass die Maschine
nach wie vor als sicher angesehen werden kann.
=> Es liegt zwar eine neue Gefährdung bzw. eine Risikoerhöhung vor, die vorhandenen
sicherheitstechnischen Maßnahmen sind aber hierfür ausreichend, so dass die Maschine
nach wie vor als sicher angesehen werden kann.
=> Es liegt eine neue Gefährdung bzw. eine Risikoerhöhurig vor und die vorhandenen
sicherheitstechnischen Maßnahmen sind hierfür nicht ausreichend.
Bei veränderten Maschinen, die unter die Fallgestaltung 1 oder 2 fallen, sind zusätzliche sicherheitstechnische Maßnahmen nicht erforderlich. Veränderte Maschinen, die unter die Fallgestaltung 3 fallen, sind dagegen hinsichtlich der Feststellung ob eine wesentliche Veränderung im Sinne des GSG vorliegt, weiter zu untersuchen.
Dabei ist zunächst festzustellen ob es möglich ist, die Maschine mit einfachen trennenden Schutzeinrichtungen wieder in einen sicheren
Zustand - d.h. das Risiko wird -gegenüber dem ursprünglich sicheren Zustand nicht
erhöht - zu bringen. Ist dies der Fall, kann die Veränderung im Allgemeinen als nicht
wesentlich im Sinne des GSG angesehen werden.
Andernfalls ist eine weitergehende Einschätzung des Risikos vorzunehmen - s. hierzu DIN
EN 1050 -. Im ersten Schritt der Risikoeinschätzung ist das Ausmaß des möglichen
Schadens, der durch die betrachtete Gefährdung verursacht wer-den kann, zu untersuchen.
Dabei kann es sich sowohl um einen Personenschaden wie auch um einen Sachschaden handeln.
Es sind wiederum zwei Fallgestaltungen möglich:
1 . Der mögliche Personenschaden ist reversibel bzw. es ist ggf. nicht mit einem hohen
Sachschaden zu rechnen.
2. Der mögliche Personenschaden ist irreversibel bzw. es ist ggf. mit einem hohen
Sachschaden zu rechnen.
Im ersten Fall ist die Veränderung nicht als wesentlich im Sinne des GSG anzusehen. Im zweiten Fall ist in einem nächsten Schritt die Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieses Schadens zu untersuchen, wobei wiederum zwei Fallgestaltungen möglich sind:
1 . Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts ist nicht hoch.
2. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts ist hoch.
Im ersten Fall ist die Veränderung nicht als wesentlich im Sinne des GSG anzusehen. Im zweiten Fall liegt eine wesentliche Veränderung im Sinne des GSG vor.
Schlussfolgerung: Veränderungen an Maschinen/-Anlagen können folgende Auswirkungen haben:
Verwendete Begriffe:
Bezeichnung | Definition | Quelle |
Gefährdung | Quelle einer möglichen Verletzung oder Gesundheitsschädigung. | DIN EN 292-1 |
Schaden | Physische Verletzung und/oder Schädigung von Gesundheit oder Sachen. | DIN EN 1050 |
Risiko | Kombination der Wahrscheinlichkeit und des Ausmaßes eines möglichen Schadens bezogen auf die mögliche Gefährdungssituation. | sinngemäß nach DIN EN 292-1 + DIN EN 1050 |
Risikoeinschätzung | Bestimmung der Risikoelemente Schadenseintritt und Schadensausmaß nebst der Wahrscheinlichkeiten | DIN EN 1050 Abschnitt 7 |
Sicherheit einer Maschine | Die Fähigkeit einer Maschine, ihre Funktion(en) durchzuführen und transportiert, aufgebaut, eingerichtet, instand gehalten, abgebaut und entsorgt zu werden unter den Bedingungen der bestimmungsgemäßen Verwendung wie sie vom Hersteller in der Betriebsanleitung festgelegt ist, ohne dass dadurch Verletzungen oder Gesundheitsschädigungen verursacht werden. | DIN EN 292-1 |
Maschine ist "unsicher" | Eine Maschine ist unsicher, wenn eine Risikobewertung ergibt, dass Schutzmaßnahmen notwendig sind, um das Risiko weiter zu vermindern. | DIN EN 1050 analog Nr. 8.1 |
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung
Im Auftrag
Hans-J. Ostermann
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