Wirksam unterweisen als Arbeitgeber!
Die Unterweisung der Beschäftigten zu den Themen des Arbeits- und Gesundheitsschutz ist eines der präsentesten Themen. Doch gibt es in diesem Zusammenhang immer wieder Unklarheiten und offene Fragestellungen. Dieser Arbeitsschutzreport greift die wichtigsten Fragestellungen auf und zeigt praktische Werkzeuge und Lösungsansätze auf, damit Sie als Arbeitgeber oder Führungskraft in der Zukunft wirksam Ihre Beschäftigten unterweisen können.
Wer trägt die Pflicht zur Unterweisung?
Eine der wichtigsten und häufigsten Fragestellungen ist: „Wer unterweist meine Beschäftigten?“ Die Rechtspflicht zur Unterweisung trägt der Arbeitgeber (z.B. §12 ArbSchG oder §12 BetrSichV). Im Regelbetrieb ist ausschließlich der Arbeitgeber seinen Beschäftigten gegenüber weisungsbefugt und kann somit die Unterweisung durchführen. Je nach Größe und Arbeitsaufgabe des Unternehmens ist es durchaus sinnvoll Pflichten im Arbeits- und Gesundheitsschutz auf mehrere Schultern zu verteilen. Das passende Organisationswerkzeug hierfür nennt sich Arbeitgeberpflichtenübertragung (APÜ). Im Rahmen der APÜ überträgt der Arbeitgeber ausgewählte Pflichten im Arbeits- und Gesundheitsschutz an die Führungskräfte. Pflichten im Arbeits- und Gesundheitsschutz können z.B. sein:
Durchführung der Gefährdungsbeurteilung,
Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen,
Durchführung der Unterweisung,
Organisation der Beauftragten im eigenen Verantwortungsbereich usw.
Nach rechtskonformer Pflichtenübertragung führen die Führungskräfte vor Ort (Meister, Schichtleiter o.ä.) die Unterweisung der Beschäftigten durch. WICHTIG: Die Pflichten, die der Arbeitgeber nicht überträgt, verbleiben bei Ihm.

Was sind die Ziele einer Unterweisung?
Die Unterweisung wird oftmals als „notwendiges Übel“ oder als „Absicherung“ nach Arbeitsunfällen verstanden. Jedoch stecken in der Unterweisung weitaus mehr Potenziale:
Die Unterweisung ist wichtiger Bestandteil der systematischen Prävention im Unternehmen.
Die Unterweisung trägt Sorge dafür, dass die Beschäftigten über das notwendige Wissen für die sichere und gesunde Ausführung der Arbeiten verfügen.
Die Unterweisung schafft reibungsarme Arbeitsprozesse.
Die Unterweisung ermöglicht die Beteiligung von Beschäftigten an betrieblichen Prozessen (Mitarbeiterbeteiligung) und bringt den Beschäftigten Wertschätzung gegenüber. Sicherheit und Gesundheit werden als integraler Bestandteil der Arbeit wahrgenommen und sorgen für ein positives Betriebsklima.
Richtig praktizierte Unterweisungen reduzieren die Arbeitsunfälle und Ausfallzeiten im Unternehmen.
Was ist die Unterweisung? Was sind Bestandteile der Unterweisung?
Grundlage für die Unterweisung der Beschäftigten ist die Gefährdungsbeurteilung. In der Gefährdungsbeurteilung finden Sie alle wesentlichen Informationen für die Unterweisung Ihrer Beschäftigten. Inhaltlich bestehen Unterweisungen immer aus drei Teilen:
Gefährdungen (siehe Gefährdungsbeurteilung)
Schutzmaßnahmen (siehe Gefährdungsbeurteilung)
Verhalten im Notfall (siehe Notfalldokumentation z. B. Brandschutzordnung, Unfallmeldung etc.)
Der Verweis auf die Gefährdungsbeurteilung spiegelt die zentrale Rolle der Gefährdungsbeurteilung im Arbeits- und Gesundheitsschutz wieder.
WICHTIG: Es können nur dokumentierte Weisungen (oder auch Regeln) auch im Weiteren unterwiesen werden. Die Weisungen müssen in verständlicher Form und Sprache, für den Beschäftigten, dokumentiert sein. Mündliche Weisungen, also nicht dokumentierte Weisungen, gibt es im Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht.
Schaffen Sie im Vorfeld der Unterweisung die erforderlichen Rahmenbedingungen für die sichere und gesunde Ausführung der Arbeit. Für die Beschäftigten ist es demotivierend, wenn Sie in der Unterweisung Schutzmaßnahmen verbindlich anweisen, welche real gar nicht vorhanden sind.
Wann ist die Unterweisung durchzuführen?
Bei dieser Fragestellung sind drei Anwendungsfälle denkbar:
Unterweisung vor erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit,
Unterweisung aus besonderem Anlass (z.B. ein Arbeitsunfall oder unsichere Handhabung von Arbeitsmitteln),
Wiederholende Unterweisung, mindestens jährlich.
Wie oft ist die Unterweisung durchzuführen?
In diesem Zusammenhang wird oftmals auf „Jährlich“ als „Allerheilmittel“ zurückgegriffen. Ja – jährlich ist die Mindestanforderung, welche sich z.B. aus dem Arbeitsschutzgesetz ergibt. Doch, an wie viel können Sie sich noch von Ihrer letzten Schulung von vor 12 Monaten erinnern? Oftmals bleiben hier nur Fragmente übrig. Bei Unterweisungen geht es um die Organisation von Sicherer und Gesunder Arbeit, in manchen Arbeitsbereichen sogar um das Verhindern von Schweren Arbeitsunfällen und Schweren Berufskrankheiten, welche im schlimmsten Fall tödlich enden. Wie viel Zeit ist Ihnen die Gesundheit Ihrer Beschäftigten wert? Unterweisen Sie lieber häufiger, dafür kürzer und Zielgruppengerecht.
Wie kann ich als Arbeitgeber Unterweisungen Zielgruppengerecht aufbauen?
Zielgruppengerecht bedeutet: Welche „Stärken und Schwächen“ haben Ihre Beschäftigten? Welche Bedürfnisse haben Ihre Beschäftigten? Was zeichnet Ihre Beschäftigten aus? Entsprechend dieser Fragestellungen sollten Sie Ihre Unterweisung vorbereiten.
Gehen Sie die Fragestellungen einmal für Ihre Beschäftigten im Verwaltungsbereich und im Anschluss für Ihre Beschäftigten im Gewerblichen Bereich (Instandhaltung, Logistik, Dienstleistungen o.ä.) durch. Sie werden teilweise große Unterschiede finden z.B. in Aufmerksamkeit / Konzentration oder Praktischer Veranlagung. Um Unterweisungen wirksam zu gestalten sollten Sie auf diese Belange eingehen. Orientieren Sie sich an folgenden Punkten:
Begrenzen Sie den Teilnehmerkreis einer Unterweisung auf 10 – 15 Beschäftigte, damit Sie jeden auch noch individuell abholen können und auf Fragen eingehen können.
Führen Sie Unterweisungen durch, wenn die Aufmerksamkeit am höchsten ist. In der Regel ist dies vormittags. Kurz vor Feierabend ist die Aufmerksamkeit in der Regel am geringsten.
Beziehen Sie die Beschäftigten aktiv in die Unterweisung mit ein und beteiligen diese z.B. durch Fragen und animieren Sie damit zum Mitmachen. Gleichzeitig können Sie sich dadurch vergewissern, dass die Beschäftigten den Inhalten folgen und verstanden haben.
Berücksichtigen Sie bei Unterweisungen unterschiedliche Wissensstände (Berufseinsteiger und Berufserfahrene).
Unterweisen Sie lieber häufiger, dafür kürzer. Als Menschen können wir oftmals nur 30 Minuten konzentriert, ohne Ablenkung, zu hören. Planen Sie entsprechend Ihre Unterweisungen.
Berücksichtigen Sie die Bedürfnisse Ihrer Beschäftigten. Beschäftigte, welche den überwiegenden Teil des Tages aktiv körperlich arbeiten, empfinden Unterweisungen, bei denen Sie passiv zu hören, eher anstrengend und schalten innerhalb weniger Minuten ab. Passen Sie die Unterweisung an den Arbeitsprozess an und gestalten Sie die Unterweisung aktiv z.B. vor Ort an der Maschine.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Wirksamkeit der Unterweisung spielt auch die Art der Lernform.
Wie setze ich Unterweisungen als Arbeitgeber in der Praxis um?
Ermitteln Sie den Unterweisungsbedarf Ihrer Beschäftigten, entsprechend der Fragestellung „Was müssen die Beschäftigten wissen?“
Schauen Sie hierzu in die zugehörigen Gefährdungsbeurteilungen, dort finden Sie die Gefährdungen und Schutzmaßnahmen.
Planen Sie die Unterweisungen. Nutzen Sie hierfür einen Schulungs-/ Unterweisungsplan.
Bereiten Sie die entsprechenden Unterweisungen vor. Legen Sie ein Ziel für die Unterweisung fest und prüfen Sie, ob Sie ggf. noch weitere Informationen beschaffen müssen.
Setzen Sie die Unterweisung um, beachten Sie dabei die vorangestellten Punkte und Fragestellungen. WICHTIG: Dokumentieren Sie die Durchführung der Unterweisung. Nutzen Sie hierfür einen Unterweisungsnachweis.
Prüfen Sie die Wirksamkeit der Unterweisung. Eine Prüfung der Wirksamkeit kann ganz klassisch durch Lernerfolgskontrollen / Fragen erfolgen oder durch Ihre Beobachtung als Arbeitgeber durch die Führungskraft.
Wer kann mich bei der Planung und Umsetzung von Unterweisungen unterstützen?
Eines sei vorangestellt: Modelle bei denen eine Person allein Unterweisungen plant und organisiert, sind oftmals zum Scheitern verurteilt. Diese Modelle sind in der Praxis kaum wirksam und tragen nicht zur Reduzierung von Arbeitsunfällen bei.
Als Arbeitgeber sollten Sie die Durchführung von Unterweisungen auf mehrere Schultern verteilen, wie z.B. auf Ihre Führungskräfte. Diese sind in der Regel tiefer in die Prozesse vor Ort involviert und können auf entsprechende Rückfragen reagieren. Noch viel wichtiger ist, die Führungskräfte vor Ort wissen, bei welchen Abläufen und Prozessen es noch Verbesserungspotentiale gibt.
Neben den Führungskräften sind die Beschäftigten ebenfalls essentiell. Diese können zusätzlichen Input und Fragen liefern.
Neben Ihren Führungskräften und Beschäftigten sollten Sie auch Ihre Fachkraft für Arbeitssicherheit einbeziehen. Ihre Fachkraft für Arbeitssicherheit kann Sie bei der Planung, dem Aufbau und der Umsetzung von Unterweisungen unterstützen.
Trotz des umfangreichen Arbeitsschutzreports, ist das Thema „Unterweisung der Beschäftigten“ kein allzu kompliziertes Thema. Jedoch sollten bestehende Prozesse hinterfragt werden, immer mit dem Ziel die Unterweisungen noch wirksamer in der Praxis zu machen.
Bei Fragen zum Thema Unterweisungen wenden Sie sich an Ihren Berater:in aus dem Bereich Arbeitsmedizin oder Arbeitssicherheit.